55. Jahrgang Nr. 3 / Juni 2025
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1. ÜBER DIE VEREHRUNG DES KREUZES
2. DIE RÖMISCH-KATHOLISCHE DIASPORA-KIRCHE - FIKTION ODER WIRKLICHKEIT? -
3. ... UND NICHT BIST DU ...
4. Papa haereticus deponi potest - Ein häretischer Papst kann abgesetzt werden
5. LESERBRIEF
6. DER MODERNE HOMINISMUS UND SEINE ABARTIGE RELIGIOSITÄT
7. ZUM ENDE HIN...
8. NÖTIGE KLARSTELLUNGEN
9. DER HL. PAPST LEO IX.
10. NACHRICHTEN, NACHRICHTEN, NACHRICHTEN...
11. MITTEILUNGEN DER REDAKTION
ÜBER DIE VEREHRUNG DES KREUZES
 
ÜBER DIE VEREHRUNG DES KREUZES

vom
hl. Cyrillus von Jerusalem


Der katholischen Kirche ist zwar jede Tat Christi Gegenstand des Ruhmes. Gegenstand höchsten Ruhmes aber ist das Kreuz. In dieser Erkenntnis sagt Paulus: "Ferne sei es von mir, mich zu rühmen, es sei denn im Kreuze Christi !" (Gal. 6,14.) Etwas Wunderbares war es, daß einer, der von Geburt aus blind war, im Teiche Siloa das Augenlicht erhielt (Joh. 9.7.). Doch was ist der Eine gegen die Blinden der ganzen Welt? Etwas Großes, Übernatürliches war es, daß Lazarus, der schon den vierten Tag tot war, von den Toten auferstand (Joh. 11,39 ff.). Doch nur an ihm hatte sich die Gnade geoffenbart. Was aber ist der eine Lazarus gegenüber denen, die auf dem Erdkreis durch ihre Sünden gestorben sind? Es war ein Wunder, daß fünf Brote zur Ernährung von fünftausend Mann hinreichten (Matth. 14,21.). Doch was sind diese fünftausend gegenüber denen, welche auf dem ganzen Erdkreis Hunger leiden, weil sie in Unwissenheit leben? Wunderbar war die Befreiung des Weibes, welches achtzehn Jahre vom Satan gefesselt war (Luk. 13,11. 13.). Aber was ist dieses eine Weib gegenüber uns allen, welche wir von den Ketten unserer Sünden gefesselt sind? Der Siegeskranz des Kreuzes hat den geistig Blinden Licht gebracht, hat alle, die unter der Sünde darniederlagen, befreit und die ganze Menschenwelt erlöst.

Wundere dich nicht, daß die ganze Welt erlöst wurde! Denn der, welcher für sie starb, war kein gewöhnlicher Mensch, sondern der eingeborene Sohn Gottes. Die Sünde eines einzigen Mannes, des Adam, vermochte der Welt den Tod zu bringen. Wenn aber durch den Fall des einen der Tod zur Herrschaft in der Welt kam, soll dann nicht noch mehr das Leben zur Herrschaft gelangen durch die gerechte Tat des Einen? (Vgl. Rom. 5,12 ff.) Wenn seinerzeit die Stammeltern aus dem Paradiese vertrieben wurden wegen des Holzes, von dem sie gegessen hatten, sollten nicht die Gläubigen jetzt leicht in das Paradies eintreten wegen des Holzes Jesu? Wenn der, welcher zuerst aus Erde gebildet worden war, allen den Tod gebracht hat, sollte dann nicht der, welcher ihn aus Erde gebildet hatte, ewiges Leben bringen, da er selbst das Leben ist? Wenn Phinees, welcher in seinem Eifer den Schandbuben getötet hatte, den Zorn Gottes besänftigte (Num. 25,6 ff.), sollte Jesus, der nicht einem Fremden das Leben nahm, sondern sich selbst als Lösepreis hingab nicht den Zorn gegen die Menschen beseitigen?

Wir wollen uns also nicht des Kreuzes des Erlösers schämen, sondern uns vielmehr desselben rühmen! Die Kreuzeslehre ist zwar den Juden ein Ärgernis und den Heiden Torheit, uns jedoch Erlösung; sie ist denen, die verloren gehen, Torheit, uns aber, die wir erlöst werden, Kraft Gottes (Vgl. 1. Kor. 1,18. 23.). Denn der für uns gestorben ist, war - wie gesagt - nicht ein gewöhnlicher Mensch, sondern Gottes Sohn, der Mensch gewordene Gott. Wenn das Lamm, welches im Auftrage des Moses geschlachtet wurde, den Verderber fernhielt (Vgl. Exod. 12,23.), sollte dann nicht vielmehr das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt auf sich nahm, von Sünden befreien? Wenn das Blut des unvernünftigen Lammes Heil wirkte, soll dann nicht vielmehr das Blut des Eingeborenen Heil bringen? Wer nicht an die Macht des Gekreuzigten glauben will, möge bei den Dämonen anfragen! Wer den Worten nicht glauben will, glaube den offenkundigen Tatsachen! Auf der weiten Welt sind schon viele gekreuzigt worden, doch vor keinem zittern die Dämonen. Da aber Christus für uns gekreuzigt worden ist, erschrecken die Dämonen, wenn sie nur schon das Zeichen des Kreuzes sehen. Während nämlich die einen sterben mußten wegen ihrer eigenen Sünden, ist er für fremde Sünden gestorben. "Denn keine Sünde hat er getan, und kein Betrug ist gefunden worden in seinem Munde" (Is. 53,9; 1 Petr. 2,22.). Nicht Petrus war es, der diese Worte gesprochen hatte; von ihm könnte man vermuten, daß er sie aus Schmeichelei gegen seinen Meister gesprochen habe. Isaias hat sie gesprochen; dem Fleische nach hatte er zwar nicht mit ihm verkehrt, doch im Geiste hatte er seine Ankunft im Fleische vorhergeschaut. Doch soll ich jetzt nur einen Propheten als Zeugen zitieren? Auch an Pilatus hast du einen Zeugen; bei der Verurteilung Jesu hatte er erklärt: "Ich finde keine Schuld an diesem Menschen" (Luk. 23,14.) - Als er ihn auslieferte, wusch er seine Hände und sprach: "ich bin unschuldig an dem Blute dieses Gerechten" (Matth. 27,24.). Noch einer ist Zeuge für die Sündelosigkeit Jesu, nämlich der Räuber, welcher als erster in das Paradies einging. Er macht seinem Genossen Vorhalt mit den Worten: "Wir empfangen, das, was wir für unsere Taten verdienen. Dieser aber hat nichts Böses getan (Luk. 23,41.); denn wir, ich und du, waren bei der Gerichtsverhandlung zugegen."

Jesus hat also in Wahrheit für alle Menschen gelitten. Das Kreuz war kein Wahn, sonst wäre ja auch die Erlösung Wahn. Nicht war der Tod Einbildung; denn sonst wäre unser Heil Einbildung; dann hätten jene Recht, die sagten: "Wir erinnerten uns, daß jener Verführer, da er noch lebte, erklärte: Nach drei Tagen werde ich auferstehen" (Matth. 27,63.). Er hat wahrhaft gelitten, er ist wahrhaft gekreuzigt worden, und nicht leugne ich es. Vielmehr bin ich stolz darauf, davon zu sprechen. Wollte ich es jetzt leugnen, so würde mich der Golgatha hier, in dessen Nähe wir alle weilen, zurechtweisen, zurechtweisen würde mich das Kreuzesholz, dessen Partikel bereits in der ganzen Welt von hier aus verbreitet worden sind. Ich bekenne das Kreuz, da ich von der Auferstehung weiß. Wäre Jesus ein Gekreuzigter geblieben, so hätte ich mich gewiß nicht zu dem Kreuze bekannt, dann hätte ich es wohl zugleich mit meinem Lehrmeister verheimlicht. Da aber dem Kreuze die Auferstehung folgte, so schäme ich mich nicht, von dem Kreuze zu predigen.

Da Jesus Fleisch geworden und allen Menschen ähnlich ist, ist er gekreuzigt worden. Nicht jedoch ist er gekreuzigt worden ähnlicher Sünden wegen. Nicht ist er wegen Habsucht zum Tode geführt worden; war er ja doch der Lehrer der Armut. Auch wurde er nicht wegen Sinnlichkeit verurteilt; erklärt er doch ausdrücklich: "Wer eine Frau ansieht, ihrer zu begehren, hat bereits die Ehe mit ihr gebrochen" (Matth. 5,28.). Nicht wurde er verurteilt, weil er aus Mutwille jemanden geschlagen oder verwundet hat; hat er doch die andere Wange dem hingeboten, der ihn geschlagen hatte. Nicht wegen Gesetzesverachtung; denn er hatte das Gesetz erfüllt. Nicht als ob er einen Propheten gelästert hätte; denn er war es, der von den Propheten verkündet worden war. Nicht als ob er sich unrechtmäßigerweise Lohn angeeignet hätte; denn unentgeltlich, umsonst, hat er die Heilungen vorgenommen. Nicht wurde er verurteilt, weil er in Wort oder Tat oder durch Begierde gesündigt hätte; "er hat keine Sünde begangen, und in seinem Munde ist kein Betrug gefunden worden; als er geschmäht wurde, hat er nicht wiedergeschmäht; als er zu leiden hatte, hat er nicht gedroht" (1 Petr. 2,22.23.). Nicht wider seinen Willen, sondern freiwillig ist er in sein Leiden gegangen. Wenn auch jetzt noch jemand abweisend zu ihm sagen würde: "Herr, ferne sei es von dir, (daß du leidest)" (Matth. 16,22.), würde er wiederum (wie dem Petrus) entgegnen: "Weiche von mir, Satan!" (Matth. 16, 23.)

Soll ich dich davon überzeugen, daß Jesus freiwillig in sein Leiden gegangen ist? Die übrigen Menschen, welche unfreiwillig sterben, wissen ihren Tod nicht voraus. Jesus aber hat sein Leiden vorausgesagt mit den Worten: "Siehe, des Menschen Sohn wird ausgeliefert zur Kreuzigung" (Matth. 26,2.). Weißt du, warum der Freund der Menschen vor dem Tode nicht geflohen ist? Es sollte die Welt durch ihre Sünden nicht vollständig zugrunde gehen. "Siehe, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und des Menschen Sohn wird ausgeliefert gekreuzigt werden" (Matth. 2o,18.). Und an anderer Stelle heißt es: "Er richtete sein Angesicht, um nach Jerusalem zu gehen" (Luk. 9,51.). Willst du es genau wissen, ob für Jesus das Kreuz eine Ehre ist? Höre auf seine eigenen, nicht auf meine Worte! Judas wurde undankbar gegen seinen Hausvater und verriet ihn. Kaum hatte er den Tisch verlassen und den Kelch des Heiles getrunken, entschloß er sich, für den Trank des Heiles gerechtes Blut zu vergießen. "Gegen den, dessen Brot er gegessen hatte, erhob er die Ferse" (Ps. 40,10.). Kaum hatten seine Hände das Abendmahl erhalten, da bereitete er ihm schon um des Verräterlohnes willen den Tod. Als er zurechtgewiesen wurde und das Wort hörte: "Du hast es gesagt" (Matth. 26,25.), verließ er den Saal. Da nun sprach Jesus: "Es ist die Stunde gekommen, daß des Menschen Sohn verherrlicht werde" (Joh. 12,23.). Wie du sieht, erkannte er im Kreuze seine Herrlichkeit. Wenn Isaias keine Schande darin sah, daß er zersägt wurde, hätte sich dann Christus schämen sollen, für die Welt zu sterben? "Jetzt ist des Menschen Sohn verherrlicht" (Joh. 13,31.). Nicht als ob er zuvor nicht auch schon die Herrlichkeit gehabt hätte. War er doch verherrlicht durch die Herrlichkeit, welche er vor Gründung der Welt hatte (Vgl. Joh. 17,5,-24.).

 
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