55. Jahrgang Nr. 3 / Juni 2025
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1. ÜBER DIE VEREHRUNG DES KREUZES
2. DIE RÖMISCH-KATHOLISCHE DIASPORA-KIRCHE - FIKTION ODER WIRKLICHKEIT? -
3. ... UND NICHT BIST DU ...
4. Papa haereticus deponi potest - Ein häretischer Papst kann abgesetzt werden
5. LESERBRIEF
6. DER MODERNE HOMINISMUS UND SEINE ABARTIGE RELIGIOSITÄT
7. ZUM ENDE HIN...
8. NÖTIGE KLARSTELLUNGEN
9. DER HL. PAPST LEO IX.
10. NACHRICHTEN, NACHRICHTEN, NACHRICHTEN...
11. MITTEILUNGEN DER REDAKTION
DER HL. PAPST LEO IX.
 
DER HL. PAPST LEO IX.

von
Eugen Golla


Bruno, der Sohn eines elsässischen Grafen, ist der bedeutendste in der kurzen Reihe der Päpste, die aus Deutschland kamen. 1002 geboren, besuchte er ab seinem 5. Lebensjahr die bischöfliche Schule in Toul, während er seine Ferienzeit auf den Stammschlössern seines Geschlechtes verbrachte, die mitten in den Wäldern der Vogesen gelegen waren, d.s. die Schlösser Dagsburg und Egisheim. Nach seiner Studienzeit verspürte er die Berufung zum Priestertum und wurde Mitglied des Klerus von Toul, eines Bistums, welches trotz seiner Zugehörigkeit zum französischen Kulturkreis Bestandteil des Deutschen Reiches war.

Der mit Bruno verwandte erste Kaiser aus dem fränkischen Geschlecht, Konrad der Salier, verschaffte ihm eine Hofcharge, die Aussicht auf ein deutsches Bistum bot, wobei sein Verlangen auf das ärmste zielte. Als Io26 der Bischof seiner Heimatdiözese starb, verlangten Klerus und Volk der Stadt den erst 24jährigen Bruno als Nachfolger. Er nahm diese Würde an, zumal er sich bewußt war, daß Toul nicht zu den wohlhabenden Bistümern gehörte.

Sein religiöser Eifer und seine Demut, die mit einem stattlichen vornehmen Äußeren kontrastierte, erwarben dem jungen Kirchenfürsten die Sympathie aller Gutgesinnten. Schon damals war seine Amtsführung durch das Abhalten zahlreicher Synoden und Visitationen gekennzeichnet.

Bruno vernachlässigte aber auch sein religiöses Leben nicht: oft verharrte er bis tief in die Nacht im Gebete. Auch widmete er einen besonderen Kult dem Apostelfürsten Petrus und in jedem Jahr unternahm er eine Pilgerfahrt nach Rom.

Seit etwa 200 Jahren war zur damaligen Zeit die Cathedra Petri mit Schmutz und auch Schande bedeckt. Wenn auch manche Geschichtsschreiber die Übel und die Mißstände übertrieben haben, so steht doch fest, daß eine große Anzahl der Päpste dieser Zeit unwürdig war und das höchste Amt der Christenheit zum Zankapfel der sich befehdenden römischen Adelsgeschlechter herabgesunken war. Ja, es kam soweit, daß sogar Frauen mit dem entsprechenden Ruf es verstanden, einen so großen Einfluß auf die Papstwahl zu gewinnen, daß bisweilen ihre Geliebten und ihre Söhne mit der Tiara gekrönt wurden.

Dies änderte sich, als Heinrich III., Konrads Sohn, die Reichsregierung übernahm. Dieser Kaiser, der eine an Karl d.Gr. erinnernde Machtfülle errang, erhielt von den Römern auch die Würde eines "Patritius Romanus", d.h. eines Schutzherrn Roms, womit das Designationsrecht für die Papsterhebung verbunden war. Zweimal hatte Kaiser Heinrich bereits von diesem Recht Gebrauch gemacht und der Kirche zwei gute deutsche Päpste geschenkt, die allerdings binnen kurzer Zeit starben. Im Jahre 1048 herrschte wieder Sedisvakanz.

Auf dem zum Ende dieses Jahres nach Worms einberufenen Reichstag wurde Bischof Bruno einstimmig als der Fähigste zur Übernahme des Papstamtes bezeichnet. Seit über 20 Jahren hatte er nun schon sein Bistum Toul verwaltet. Im besten Mannesalter, mit dem Wissen seiner Zeit ausgestattet, reich an praktischer Erfahrung, dazu durch ein asketisches Leben und eine überstandene schwere Krankheit das Irdische geringschätzend, schien er auch allen Erfordernissen zu entsprechen.

Drei Tage erbat sich Bischof Bruno Bedenkzeit. Während dieser Zeit legte er unter Tränen ein öffentliches Sündenbekenntnis ab. Schließlich erklärte er sich zur Annahme des Petrusamtes bereit, wenn sich Klerus und Volk von Rom einhellig für ihn entscheiden würden. Am 2. Februar Io49 stellte Eberhard, der Erzbischof von Trier, den Kandidaten des Reichstages im Petersdom vor: widerstrebend ließ es Bruno geschehen. Als aber die versammelte Menge ihm zujubelte, sah er darin die Stimme Gottes und gab seinen Widerstand auf. Zu seinem Wahlspruch nahm er das Psalmwort: "Von der Güte des Herrn ist der Erdkreis voll." Zu Ehren seines großen Vorgängers Leo I. legte er sich dessen Namen bei und trat als Leo IX. sein Pontifikat an.

Der neue Papst setzte sich sogleich mit aller Energie dafür ein, nicht nur die in der Ewigen Stadt herrschende Verderbnis zu bekämpfen, sondern die gesamte Kirche zu erneuern. Nur wenige Wochen nach seiner Erwählung berief er daher schon eine Synode in den Lateran, auf der er sein Hauptprogramm verkündete: den Kampf gegen die zwei großen Gebrechen, an denen die Kirche litt: die Simonie und die Unenthaltsamkeit des Klerus. In seiner Strenge hatte Leo ursprünglich vor, das Problem der von Simonisten erteilten Weihen radikal zu lösen, d.h. diese in ihrer Gesamtheit für illegitim zuerklären. Infolge des Einwandes, daß dann die meisten Kirchen ihrer Priester beraubt sein würden, ließ er es bei den unverschuldet simonistisch Geweihten mit der Auflage einer Kirchenstrafe bewenden. Hinsichtlich der zahlreichen Kleriker-Konkubinen bestimmte er, daß sie als Hörige dem Lateran zugesprochen werden sollten.

Einer totalen Reform unterzog Papst Leo auch das Kardinalskollegium, dem bisher fast nur die Aufgabe zugekommen war, dem Papst beim Gottesdienst zu assistieren. Er bildete nun aus den Kardinalen den obersten Senat der Kirche, der ihm bei der Regierung der Weltkirche zu helfen und ihn zu beraten hatte. Da im stadtrömischen Klerus kaum bedeutende Persönlichkeiten vorhanden waren, berief er hervorragende Männer aus allen Ländern nach Rom. Dieser Führungsstil zwang ihn auch, selbst viel auf Reisen zu sein. So war er auf den in Italien, Frankreich und Deutschland abgehaltenen Synoden persönlich anwesend, so daß er während seines fünfjährigen Pontifikates insgesamt nur wenige Monate in Rom selbst weilte.

Während seiner Aufenthalte in den verschiedenen Städten betätigte sich der Papst auch als Prediger, er konsekrierte Altäre und weihte neu errichtete Klöster wie z.B. St. Emmeran zu Regensburg ein, wo er auch den Bischof Wolfgang heiligsprach. Die 1050 in der Ewigen Stadt abgehaltene Ostersynode mußte sich auch mit den ersten großen Abendmahlstreitigkeiten - die zweiten haben ihre Ursache in der Lehre der Reformation des 16. Jahrhunderts - befassen. Der französische Theologe Berengar von Tours leugnete nicht allein die Transsubstantion, sondern er bezeichnete die Eucharistie lediglich als Symbol des Leibes und Blutes Christi. Berengar wurde zwar verurteilt, aber die Kirche mußte sich noch jahrzehntelang mit dieser Häresie weiter auseinandersetzen.

Zwar nahm Leo Hildebrand in seine Dienste, der ein Vierteljahrhundert später als Papst Gregor VII. die Machtfülle des Kaisers über die Kirche als unvereinbar mit der universellen Stellung des Papsttums bekämpfte. Auch betonte Papst Leo immer wieder die Vorrangstellung und die Rechte der Kirche. Dennoch stellte er sich prinzipiell nicht gegen die Rechte der Laien innerhalb der Kirchenorganisation, so daß Papst und Kaiser grundsätzlich in Harmonie zusammenwirken konnten.

Im Jahre 1053 ließ er sich in einen Krieg mit dem innerhalb weniger Jahrzehnte mächtig gewordenen Normannenstaat ein, der die südlichen Teile des Kirchenstaates bedrohte. Möglicherweise versagte der Kaiser als Protektor Ecclesiae ihm die erbetene Unterstützung, weil er kurz zuvor die Normannen mit ihren Gebieten belehnt hatte, vielleicht mißfiel ihm aber auch die durch Leos Tatkraft rasch erfolgte Machtentfaltung des Kirchenstaates. Nach der Niederlage des päpstlichen Heeres geriet Papst Leo in milde Gefangenschaft. Schwer krank, auf einer Sänfte getragen, durfte er im März 1054 nach Rom zurückkehren. Aber es war ihm nur noch wenige Tage zu leben vergönnt. Am 19. April starb er, gerade 52 Jahre alt. Es ist überliefert, daß er sein letztes Gebet auf deutsch verrichtete.

Gemäß seinem Wunsch wurde er neben dem Altar des hl. Gregor d.Gr., am Eingang der Peterskirche bestattet. Wunderheilungen an seinem Grabe beschleunigten die Heiligsprechung, die 1087 Papst Viktor III. vornahm. Nach dem Bau der neuen Basilika wurden die Reliquien in eine Urne unter dem Altar der Heiligen Martial und Valeria übertragen. Der Name Leos IX. ist auch verknüpft mit der Tragödie des großen morgenländischen Schismas, dessen eigentlicher Urheber der Patriarch von Konstantinopel, Michael Kerularios war. Als der intelligente, aber auch schroffe päpstliche Legat Kard. Humbert die Bannbulle Kerularios und seiner Anhänger am 16. Juli 1054 auf den Altar der Hagia Sophia niederlegte, weilte zwar Leo nicht mehr unter den Lebenden, aber die Exkommunikation war von ihm für den Fall der Weigerung bereits ausgesprochen gewesen. Die Kirche feiert das Fest des hl. Papstes Leos IX. am 19. April.

Literatur:

Rogier u.a.: "Geschichte der Kirche" Bd.II, Einsiedeln 1971.
Seppelt, F.X.: "Geschichte der Päpste" Bd. 3, München 1956.
"Vies des Saints" Bd. 4, Artikel "Leo IX", Paris 1946.
 
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