GEBOREN AUS MARIA, DER JUNGFRAU
- EINE WEIHNACHTSBOTSCHAFT -
von
H.H. Pater Alfons Mallach
Dieses Geheimnis des Glaubens, um das zunächst nur Maria, die Jungfrau
und ihr jungfräulicher Gemahl Joseph wußten, feiert die Christenheit am
25. Dezember als die Geburt des göttlichen Menschensohnes. Dieses
Geheimnis wurde den beiden heiligen Personen eindeutig durch Engel
zunächst in Nazarethverkündet. In jenen Tagen geschah es, daß vom
römischen Kaiser Augustus der Befehl erging, eine Volkszählung
stattfinden zu lassen. Dazu sollte sich ein jeder dorthin begeben,
woher seine Familie stammte. Deshalb mußten sich Maria und Joseph, die
aus dem Geschlechte David stammten, nach Bethlehem in Judäa begeben.
Dort erfüllten sich die Tage, daß Maria gebären sollte. Da sie keinen
Platz in der Herberge fanden, mußten sie sich in einer Stallhöhle am
Stadtrand eine Unterkunft suchen. Dort wurde aus ihr das Kind geboren,
ohne daß ihre Jungfräulichkeit verletzt wurde, also ohne die sonst
üblichen Umstände. Durch den kaiserlichen Befehl wurden zugleich die
Worte des Propheten Micheas erfüllt: "Und du Bethlehem im Lande Juda,
bist keineswegs die geringste unter den Fürstenstädten Judas, denn aus
dir wird hervorgehen ein Führer, der leiten wird mein Volk Israel."
(Mich.5,1) Damit wurde die Menschwerdung des göttlichen Wortes
offenbar.
Dieses Geheimnis sollte aber keineswegs auf das Wissen der beiden hl.
Personen beschränkt bleiben. Denn Gott hatte inzwischen einen Engel zu
den Hirten gesandt, die in der Gegend bei ihren Herden Nachtwache
hielten, der ihnen die frohe Botschaft von der Geburt des göttlichen
Kindes verkündete. Ihm gesellte sich eine große himmlische Heerschar
bei, die das bekannte "Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden den
Menschen guten Willens" sang. Sofort machten sich die Hirten auf und
eilten nach Bethlehem und fanden alles so, wie es ihnen der Engel
gesagt hatte. Damit ist zugleich klar und eindeutig aufgezeigt, daß
keine der beteiligten Personen ohne persönliche Zustimmung und
Mitwirkung bei diesem heiligen Geschehen geheiligt und der Gnade Gottes
teilhaftig wurde. Alle Beteiligten lobten und priesen Gott für diese
große Gnade und für all das, was sie gehört und gesehen hatten und was
ihnen gesagt worden war.
Seit dem 14. Jahrhundert ist es üblich geworden, für dieses
Gnadengeschenk Gottes, nämlich der Menschwerdung des ewigen Wortes,
dadurch zu danken, auf ein Glockenzeichen hin morgens, mittags und
abends den "Engel des Herrn" zu beten. Dieses Glockenzeichen ist sogar
ohne besondere Anordnung der Modernisten verstummt und damit auch
sicher weithin dieses Dankgebet. Dies geschah nicht einmal bei der
Einführung der Reformation in Deutsohland; denn im protestantischen
Pommern wurde es bis zur Vertreibung in den Jahren 1944 und 1945
beibehalten. Ob es die dort eingedrungenen Polen noch beten, ist eine
andere Frage. An uns ist es, den "Engel des Herrn" um so gewissenhafter
zur Danksagung für die Menschwerdung des göttlichen Wortes zu beten.
Wir müssen noch die äußeren Bedingungen dieses erhabenen Geschehens
"geboren aus Maria, der Jungfrau" betrachten, das ja von den Propheten
bis in gewisse Einzelheiten vorhergesagt worden war, und die Umstände
ansehen, die heute herrschen. Das junge Ehepaar, Maria und Joseph, das
ihr erstes Kind erwartete, wurde von der
alttestamentlich-"christlichen" Umgebung in Bethlehem radikal
abgelehnt, so daß es gleichsam bei den Tieren Schutz suchen mußte. "Er
kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf" mußte
später der Evangelist Johannes feststellen. Warum wurde dieses junge
Paar mit der werdenden Mutter nicht aufgenommen? Es war ja nur wegen
der womöglich verhaßten Volkszählung gekommen, wodurch ja der
kaiserliche Schutzherr Augustus sich das sichern wollte, was ihm
gebührte, und dieses ärmliche Paar, das wohl sehr vornehm aussah,
gehörte ja nicht mehr zu den nächsten Verwandten einer Familie. Diese
"Gläubigen" hatten eben kein Verständnis für diese doch auch gläubige
Familie. Hier wird schon ein geradezu fürchterlich falsches Messiasbild
offenbar, dessen Kommen man sich in fürstlicher Pracht und Herrlichkeit
vorgestellt hatte. Damit fehlte auch das Verständnis und die
Hilfsbereitschaft für einfache Menschen.
Liebe Leser der EINSICHT, in der schrecklichsten Diaspora! Brauchen Sie
sich heute zu wundern über die Verständnislosigkeit gegenüber Ihrer
Glaubenstreue seitens Ihrer Umgebung? Keineswegs! Unsere Umgebung ist
doch geradezu von einem Allerweltsreligions-Einheitsbild besessen, das
mit dem Glauben der einst katholischen Christenheit absolut nichts mehr
zu tun hat.
Wir sollten uns deshalb den Lehrsatz des hl. Vinzenz von Lerin in
Erinnerung rufen, um zu wissen, an was wir festhalten müssen, nämlich
an dem, was überall, was immer und was von allen geglaubt wurde. Der
'Glaube' unserer Umgebung ist aber kaum zwanzig Jahre alt! Dieses alles
wollen wir am 25. Dezember 1987 wohl bedenken und uns zu Herzen nehmen.
Es wünscht Ihnen in der verlassensten Diaspora ein frohes und
gnadenreiches Fest der Geburt des göttlichen Erlösers und segnet Sie
(gez.:) Ihr P. Alfons Mallach
Losheim, am Feste des hl. Märtyrers und Papstes Martinus, am 12. November 1987
* * *
AUS EINER WEIHNACHTSPREDIGT LEOS D.GR. (PAPST VON 440-461)
Laßt uns frohlocken, denn heute ist uns der Heiland geboren! Darf doch
dort keine Trauer aufkommen, wo das Leben selbst zur Welt kommt, das
die Furcht vor dem Tode nimmt und uns durch die Verheißung ewigen
Lebens mit Freude erfüllt. Niemand wird von der Teilnahme an dieser
Jubelfeier ausgeschlossen, alle haben den gleichen Grund, in festlicher
Stimmung zu sein. Denn da unser Herr, der die Sünde und den Tod
vernichtet hat, niemand findet, der ohne Schuld ist, so kommt er, um
alle zu befreien. Es jauchze der Heilige, weil er sich der Siegespalme
naht; es frohlocke der Sünder, weil ihm Verzeihung winkt, und neuer Mut
belebe den Heiden, weil ihn das Leben ruft! Denn nachdem sich die Zeit
erfüllt, welche die unerforschliche Tiefe des göttlichen Ratschlusses
dazu bestimmt, nahm der Sohn Gottes die Natur des Menschengeschlechtes
an, das wieder mit seinem Schöpfer versöhnt werden sollte, damit der
Teufel, der den Tod in die Welt brachte, gerade durch die menschliche
Natur, die er bezwungen hatte, wieder bezwungen würde. In diesem für
uns unternommenen Kampf wurd= der Streit nach dem erhabenen und
bewunderungswürdigen Grundsatz der Gleichheit geführt, indem sich der
allmächtige Herr mit dem so wütenden Feinde nicht in seiner Majestät,
sondern in unserer Niedrigkeit mißt. Er stellt ihm den gleichen Leib
entgegen und die gleiche Natur, die zwar wie die unsrige sterblich,
aber frei von jeder Sünde ist. Gilt doch von seiner Geburt nicht, was
von der aller zu lesen steht: "Niemand ist rein vom Schmutz der Sünde,
nicht einmal das Kind, dessen Lebenshauch nur einen Tag auf Erden
währt." (Hiob 14,4) Keinerlei Makel ist auf diese Geburt, die nicht
ihresgleichen hat, von der Begierlichkeit des Fleisches übergegangen,
keinerlei Sduld vom Gesetz der Sünde auf sie entfallen. Eine königliche
Jungfrau aus dem Stamme Davids wird dazu auserwählt, die heilige Frucht
in sich aufzunehmen und Gottes und der Menschen Sohn zunächst im Geiste
und dann in ihrem Schöße zu empfangen. So ist also das Wort Gottes,
Gott, Gottes Sohn, der im Anfang bei Gott war, durch den alles gemacht
worden ist und ohne den nichts gemacht wurde, Mensch geworden, um den
Menschen vom ewigen Tode zu befreien. Dabei hat er sich ohne Minderung
seiner Majestät in der Weise zur Annahme unserer Niedrigkeit
herabgelassen, daß er die wahre Knechtsgestalt mit jener verband, worin
er Gott dem Vater gleich ist. Er blieb, was er war, und nahm an, was er
nicht war. In der Weise hat er sich herabgelassen, daß er beide Naturen
so miteinander vereinte, daß weder die Erhebung der niedrigen Natur
diese aufgehen ließ, noch ihre Annahme der höheren Abbruch tat. Indem
also die Eigenart beider Wesenheiten gewahrt bleibt und sich zu ein und
derselben Person verbindet, bekleidet sich die Majestät mit
Niedrigkeit, die Stärke mit Schwachheit, die Ewigkeit mit
Sterblichkeit. Und um die Schuld unseres Sündenzustandes zu tilgen, hat
sich die unversehrbare Natur mit der leidensfähigen vereint, sind
wahrer Gott und wahrer Mensch zur Einheit des Herrn verbunden.
(aus Sermo XXI)
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