ZUM TODE VON H.H. PFR. JOSEPH LEUTENEGGER
von
Dr. Eberhard Heller
Wir alle hier in München hatten uns schon auf ein seltenes Jubiläum und
auf einen Festgottesdienst eingestellt, in dem er die Predigt hätte
halten sollen - wie immer in den letzten Jahren -; Gott hat es anders
gewollt: H.H. Pfarrer Joseph Leutenegger starb kurz vor Vollendung
seines 9o. Lebensjahres am 27. Juni dieses Jahres.
Neben unserem unvergessenen priesterlichen Freund, H.H. Pfarrer Alois
Aßmayr, der vor 1 1/2 Jahren von dieser Erde abberufen wurde, war
Pfarrer Leutenegger einer der aktivsten, tapfersten Priester in der
Verkündigung von Gottes Wort, einer der begeistertsten Sänger des Lobes
Mariens und der unerschrockenste Vorkämpfer zur Bewahrung des hl.
Meßopfers, des lebendigen Glaubens an die reale Gegenwart Gottes im
allerheiligsten Sakrament. Und dieses tiefe Vertrauen hat Gott in
seltener Weise belohnt: Er gewährte ihm in einer Zeit, in der die Hohen
Priester IHN wiederum verleugnen und kreuzigen, ein Zeichen Seiner
Treue, das Unterpfand der Blutwunder von Maria Rain im Allgäu am 9.
Juni und 14. Juli 197o - genau 4oo Jahre nach der Einführung des vom
hl. Papst Pius V. kodifizierten Meßritus.
Als ich die Redaktion der EINSICHT im Frühjahr 1975 übernahm, fand ich
in den Unterlagen ein unveröffentlichtes Manuskript aus der Feder von
Pfr. Leutenegger vor, eine Stellungnahme zum 'Verbot' der
tridentinischen Messe durch die abgefallenen Schweizer Bischöfe aus dem
Jahre 1973. Die Ausführungen gefielen mir: vehementes Engagement in der
Sache, inneres Tempo der Gedanken, apologetische Sorge, verständliche
Diktion. Also, nichts wie veröffentlichen! Pfarrer Leuteneggers
Stellungnahme, sein erster Artikel für die EINSICHT, erschien in der 3.
Nummer des 5. Jahrganges, und dann folgte Beitrag auf Beitrag. Der
erfahrene Priester hatte es sich zur Aufgabe gemacht, pastoral in
diesen Kirchenkampf einzugreifen. Seine erläuternden Beispiele,
meistens auf historischem Hintergrund, waren anschaulich und
eindringlich. Sie wurden verstanden! Wenn einmal in ein, zwei Heften
kein Artikel von ihm abgedruckt war, kamen gleich Anfragen: Ja, was ist
mit Pfr. Leutenegger? schreibt er nicht mehr? - Und dann half eine
freundschaftliche 'Erpressung' diesem Mißstand bald wieder ab: "Herr
Pfarrer, wenn Sie nichts schreiben, glauben die Leute, Sie seien nicht
mehr katholisch!" Der Herr Pfarrer lachte... und schrieb.
Ein gutes Jahr nach Erscheinen seines ersten Beitrages in unserer
Zeitschrift erschien H.H. Pfarrer Joseph Leutenegger auch persönlich in
unserem Meßzentrum St. Michael in München (und ab da kam er regelmäßig,
bis zuletzt): zur Unterstützung und Entlastung unseres Pfarrers von St.
Michael, der als erster deutscher Priester nach dem sog. Verbot vom
7.3.1976 öffentlich die hl. Messe außerhalb der 'Kirche' weiterlas.
Pfarrer Leutenegger verdanken wir eine ganze Reihe wertvoller Hinweise
für unseren Kirchenkampf. Als Spätberufener war er nicht einfach von
der Schulbank ins Seminar gerutscht, sondern hatte seinen Weg zum
Priestertum reell durchkämpfen müssen. Er wußte, was in der Welt
geschah und hat sein offenes Ohr für die wirklichen Probleme der Leute,
auch für scheinbar reine Alltagsprobleme nie verloren. Er hat sich nie
damit aufgehalten, aus klerikalem Dünkel heraus seine 'Soutanenknöpfe
auf Hochglanz zu polieren'. Er war ein Realist und half, wenn er
øprüfen wurde. Eine seiner größten Charakterstärken war seine
Gerechtigkeit, die auch denen galt, die von klerikaler Seite
unterdrückt und mißhandelt wurden. Verständnisvoll hörte er sich auch
unsere kritischen Bemerkungen zu seinen amtsbrüderlichen
Mit(nicht)Streitern an, und wenn in diesn Klagen die Bitterkeit
durchzublicken begann, kam sein versöhnlich humorvoller Ausruf: "Ja,
sind wir ein Verein!"
Pfarrer Joseph Leutenegger hat als Priester sein Leben lang - und es
war lang! - Zeugnis für seinen Glauben, für seine von Gott verliehene
priesterliche Vollmacht abgelegt. Jeder kennt seine Meßfeiern - bis zu
dreimal am Sonntag, und das in seinem hohen Alter! -, seine
eindringlichen Predigten, die immer genauestens vorbereitet waren,
seine wunderbaren Heilungen, seine unermüdlichen Segnungen (er segnete
mit einer Selbstverständlichkeit und Kraft wie andere Holz hackten); er
war auch als Exorzist tätig.
Es gibt aber auch - und so habe ich es gleich bezeichnet - ein
geistliches Testament, das bereits im Oktoberheft der EINSICHT von 198o
abgedruckt wurde, aus seiner Feder. Jetzt, wo Gott seinen Mund hier auf
Erden für immer verschlossen hat, sollen seine gedruckten Worte in uns
weiterhallen:
"Wir stehen heute mitten in der Zersetzung und Auflösung von Glauben
und Moral. Vor allem die Abschaffung des liturgischen Opfers offenbart
den wahren Hintergrund der konziliaren Reformen: Die katholische Kirche
und ihr Glaube sollen vernichtet werden! Darum galt der Kampf der
Irrlehrer durch alle Jahrhunderte immer dem Herzstück der Kirche, der
Zerstörung des heiligen Meßopfers! Jetzt bewahrheitet sich die
schicksalsschwere Prophezeiung: "Am Ende der Zeiten wird das
immerwährende Opfer abgeschafft sein, die Sünde setzt sich an die
Stelle, sein Heiligtum wird gestürzt und die Wahrheit zu Boden
geworfen". (Daniel VIII,11) Heute ist es jedem Einsichtigen klar, daß
es bei den sog. Neuerungen in der Kirche sich weder ums Latein noch um
Soutanen handelt, sondern vielmehr um die weltweite Zerstörung der
Römisch-katholischen Kirche, also des Glaubens, der Sitten, des
Meßopfers, der Sakramente, der Priesterseminare, der katholischen
Bildungsstätten, der Klöster, der Mission, der katholischen Presse und
der Familien. Und all das geschieht durch die sogenannte Konzilskirche,
die sich des Namens und der Institution der katholischen Kirche
bedient, um diese - die Römisch-katholische Kirche - von innen heraus
zu zerstören. Mit dem II. Vatikanischen Konzil wurde eine neue Kirche
gegründet, die sogenannte Konzilskirche. Die Konzilskirche will nicht
mehr die Kirche Christi sein und fühlt sich deshalb auch nicht mehr an
die Dogmen und die ganze Überlieferung der Römisch-katholischen Kirche
gebunden. Heute lehrt die Konzilskirche, man solle zuerst das Reich des
Menschen suchen und seine Gerechtigkeit, die himmlische werde dann
automatisch hinzugegeben. Der Mensch wird so Maß, Mittelpunkt, Anfang
und Ende aller Dinge. Statt der Ehre Gottes redet man von der Würde des
Menschen, statt von Gottes Rechten von den Menschenrechten, statt von
den 10 Geboten von der UNO-Charta! Das Paradies wird in diese Welt
verlegt. Das ist nicht mehr die Kirche Christi, nicht mehr das
Evangelium Jesu Christi, nicht mehr die Lehre der Apostel, der
Römischkatholischen Kirche und der Heiligen. Das ist die Konzilskirche,
die sich von der katholischen Kirche völlig getrennt hat und die daher
s c h i s m a t i s c h ist. Die Konzilskirche trägt somit zu Unrecht
noch den Namen "Römisch-katholische Kirche"! In La Salette hat die
Gottesmutter das schicksalsschwere Wort gesprochen: "Rom wird den
Glauben verlieren und der Sitz des Antichrists werden."
R.i.P.
(Foto:) Kapelle von Maria Rain / Allgäu, im Stich, in der sich die Blutwunder vom 9.6. und 14.7.197o ereigneten. |