"EINE BESONDERE LIEBLOSIGKEIT"
In einer Zuschrift auf einen Beitrag von Prof. Dr. Emil J. Lengeling,
einem dezidierten Reformer, vom 16.9.1981 in der FAZ schreibt Prof.
Siebel u.a.: "Diese Meßordnung, von Pius V. neu geordnet, ist durch
eine völlig umgestaltete Eucharistiefeier ersetzt worden, wobei an die
Stelle des bisher verpflichtenden Kanons eine größere Auswahl von neu
gestalteten 'Hochgebeten' gerückt wurde. Grundtendenz der gesamten
Änderungen ist die Unterdrückung der Opferhandlung, wie sie für die
katholische Messe wesensnotwendig ist, zugunsten der Mahlidee aus
ökumenischen Gründen. Wenn der alte Kanon (mit schwerwiegenden
Änderungen) dabei als Fremdkörper in der Neugestaltung 'erlaubt' ist,
so besagt das wenig, zumal er in der Praxis kaum benutzt wird. Da die
katholische Kirche immer eine Vielzahl von Riten anerkannt hatte (unter
ihnen der byzantinische, der syrische und so weiter), hätte man den
überlieferten römischen Ritus ('tridentinische Messe') durchaus
bestehen lassen können. Das Verbot der deutschen Bischöfe ist um so
unverständlicher, als viele Bischofskonferenzen (unter anderem Polen
und Brasilien) sich bisher nicht zu einem solchen Schritt verstanden
haben. Die Frage ist gestellt worden, ob in einem solchen Verbot nicht
eine besondere Lieblosigkeit der zur Fürsorge gegenüber den Gläubigen
verpflichteten Hirten liegt. Nach einer Umfrage des Instituts von
Aliensbach aus diesem Frühjahr wünschen 48 Prozent der deutschen
Katholiken (57 Prozent der praktizierenden Katholiken - Anm.d.Red.:
d.h. der Reform-'Katholiken'!) die Wiedereinführung der überlieferten
'tridentinischen' Messe. Man hat noch nicht gehört, daß die Bischöfe
sich überhaupt mit diesem überaus berechtigten Wunsch befaßt hätten."
Soweit Univ.-Prof. Wigand Siebel, Vorsitzender der Kulturgemeinschaft
St. Pius X.e.V., Trägerin des Lefebvre-Zentrums in Saarbrücken. Dazu
ist festzustellen:
1. Die Einführung und Promulgation des
sog. N.O.M. war primär keine Sache der bloßen Disziplin und Pastoral,
sondern erwies sich als vorrangiges Problem der Dogmatik und des
Rechts. Es wurde eindeutig gelöst, auch von Prof. Siebel, und zwar
dahingehend, daß er den N.O.M. für ungültig erklärte.
2. Die Sache der Liturgie ist keine Angelegenheit der Statistik.
3. Die Argumentation von Prof. Siebel impliziert die Anerkennung einer
Autorität, die auch nach Prof. Siebeis eigener Voraussetzung keine
Legitimität mehr hat. Prof. Siebel kann leicht selber entscheiden (und
auch die Leser!), wie dieser 'Dienst' von seiner Seite, den er der
guten Sache mit seiner FAZ-Erklärung in der Diktion von M. Lefbvre und
F. Schmidberger geleistet hat, zu bewerten ist.
Eberhard Heller
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