EINE STIMME DER GEGENSEITE: DER FALL LEFEBVRE
von
René Laurentin
aus: "Le Figaro" vom 27.4.1979; übers: Elisabeth Weiler
Im Fall Lefebvre ergibt sich folgende Analyse, unabhängig von der
Achtung und Sympathie, die man für einen aufrichtigen Angeklagten haben
kann: Die am wenigsten bekannten Punkte der Debatte scheinen mir
folgende zu sein:
1.) Das Positivum: In seinen Eröffnungsansprachen hat der neue Papst
Mgr. Lefebvre eine goldene Brücke gebaut, indem er sagte daß das Konzil
entsprechend der Tradition zu interpretieren sei. Dies ist eine Formel,
die von Mgr. Lefebvre selbst seit langem ins Gespräch gebracht worden
ist. So konnte er aufrichtig antworten: "Ich bin bereit eine Erklärung
zu unterschreiben, die eine Anerkennung des 2. Vatikanischen Konzils,
interpretiert gemäß der Tradition, enthält". Positiv ist, daß er die
Autorität des Papstes für Glauben und Disziplin anerkennt und daß er
endlich die Gültigkeit der neuen Firmungsformel anerkennt. Positiv ist
an den Initiativen von Mgr. Lefebvre, daß sie gezeigt haben, daß auch
in unseren Landen gewisse Berufungen, entsprechend der vielfachen Zahl
in Polen, nicht heimisch werden in Seminaren neuen Stils und eine
Schulung näher an der großen spirituellen Tradition suchen: Diesem
Bedürfnis entsprach Mgr. Le Bourgeois mit der Gründung des Seminars von
Paray-le Monial.
2.) Das Negativum, welches dem Papst und allen welche die Versöhnung
wünschen zu schaffen macht, ist folgendes: Das schwerwiegendste Problem
ist die Behauptung, die in der Umgebung von Mgr. Lefebvre verbreitet
wird, daß die "nachkonziliare" Messe ungültig sei, daß Christus in
dieser Messe nicht gegenwärtig werde. Dies ist der Grund, weshalb der
Fall Lefebvre über rein disziplinarische Probleme hinausgeht und den
Glauben selbst betrifft. Deshalb wird der Fall vor der
Glaubenskongregation verhandelt. Das Wesentlichste also, das von Mgr.
Lefebvre verlangt wird, besteht darin, offen anzuerkennen, daß die
Messe, welche für die ganze lateinische Kirche promulgiert wurde, dem
Glauben entspreche und gültig sei. Die Sicherheit, der Gültigkeit der
Eucharistie ist wesentlicher für den Glauben, als selbst die Normen
dieses Glaubens, denn es handelt sich -hier um die Wirklichkeit des
lebendigen Kontaktes der Kirche mit Christus. In diesem Punkt hat Mgr.
Lefebvre jede klare Aussage vermieden. Er sagt nur: "Was meine Lehre
über die Messe betrifft, so kann diese nur dem traditionellen Lehramt
entsprechen". Rom kann sich mit dieser Doppeldeutigkeit nicht zufrieden
geben. Eines der Probleme für Mgr. Lefebvre besteht jedoch darin, daß
er von einem großen Teil seiner Anhängerschaft verlassen würde, wenn er
deren Propaganda in diesem Punkt widerspräche.
(aus: "Mitteilungsblatt der Priesterbruderschaft St. Pius X. für den deutschen Sprachraum" Nr. 7, S.3; von Franz Schmidberger)
Was die Kritiker unserer Bemühungen, unser Verhältnis zu Rom zu
normalisieren, betrifft, so haben wir bisweilen den Eindruck, daß es
wenigstens einem Teil von diesen ganz schlicht und einfach um die
Propagierung ihrer Privatideen geht, um das Durchsetzen ihres Kopfes -
ohne jegliche Rücksicht auf das Wohl der Kirche und das Heil der
unsterblichen Seelen. Wo ist Erzbischof Lefebvre auch nur ein Jota vom
katholischen Glauben abgewichen? Wo hat er eine einzige Position
aufgegeben? Wo wären jemals Irrtum und Wahrheit auf die gleiche Stufe
gestellt worden? Wenn wir in unserem Urteil über Personen uns
Zurückhaltung auferlegen: Entspricht das nicht dem altbewährten
Grundsatz "fortiter in re, suaviter in modo", und obendrein dem
christlichen Gebot der Nächstenliebe? Einen Mann, der nur für die
Kirche gearbeitet, sein ganzes Leben für sie geopfert hat und als
einziger Bischof Öffentlich den philosophischen und theologischen
Irrtümern die Stim geboten hat, der unerschrocken die Rettung des
Glaubens in die Hand genommen und durch die Gründung seines Werkes
Entscheidendes für die Reform der Herzen und Gesinnungen, die Reform im
Heiligen Geiste geleistet hat - einen solchen Mann gegen besseres
Wissen in bubenhafter Weise herunterzumachen ist mehr als nur
schlechter Stil! Wir fordern eine geistige Auseinandersetzung an Stelle
von Propaganda! Aus einfältiger Besserwisserei ist noch selten Gutes
entstanden!
(ohne Kommentar!)
|