54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
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1. Mitteilungen der Redaktion
2. Meine Begegnung mit S.E. Erzbischof Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
3. My Time with His Excellency, Archbishop Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
4. Ma rencontre avec S.E. Mgr. Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
5. Mi encuentro con Su Excelentísimo y Reverendísimo Arzobispo Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
6. Il mio incontro con S.E. l´Arcivescovo Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
7. DECLARATIO
Wie feiern wir Weihnachten 2018
 
Wie feiern wir Weihnachten 2018

von
Eberhard Heller


Als Christus den Petrus beauftragte, seine von ihm gegründete Heilsinstitution Kirche mit den Worten „Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen“ (Matth. 16,18) zu leiten, hatte Christus sein göttliches Erbe der Bewahrung und der Verwaltung einem Menschen übertragen. Und damit brach das Zeitalter des Heiles, der positiven Bewirkung des Seelenheiles an. Jedem, der zum Glauben gekommen war, „stand der Himmel offen“. Alle Gläubigen waren aufgefordert, durch die Erfüllung des göttlichen Willes ihr Seelenheil zu bewirken. In der Kirche begann die Geschichte des Heiles, die Heilsgeschichte. Nicht daß es vorher nicht um Heil oder Unheil ging – denken wir nur an die Nichtbeachtung von Gottes Wille, die bei Adam und Eva einsetzte und dann beim jüdischen Volk, dem auserwählten Volk Gottes, weiterging, denken wir an Noah, der wegen seiner Glaubenstreue und durch seine Gerechtigkeit mit den Seinen die Sintflut, d.h. den Untergang der ansonsten sündigen Menschen überlebte. Schon hier zeichnen sich die beiden Geschichtsstränge ab: Heils- und Unheilsgeschichte.

Die Heilsgeschichte ist also verbunden mit der Geschichte des Unheils, weil Entscheidungen getroffen wurden, die sich diesem Heil, dieser Heilsentwicklung versagten, sich gegen sie richteten. Dieser Geschichtsstrang beinhaltet die Aufzeichnung des Ungehorsams gegen den Willen Gottes, denn der Mensch ist frei. Er kann dem göttlichen Willen entsprechen oder nicht.

Als nach dem Sündenfall von Adam und Eva die Tür zum Paradies verschlossen war, sehnte sich die Menschheit nach Erlösung, die dem „auserwählten Volk“ der Juden verheißen war. Doch als er erschien, der Gottessohn in der Gestalt eines kleinen, unmündigen Kindes, er, der aus der Unendlichkeit eintrat in die Endlichkeit, in die menschliche Begrenzung, heißt es von dem Volk, das sich Gott auserwählt hatte, lapidar: „Er kam in sein Eigentum, doch die Seinen nahmen ihn nicht auf“ (Joh.  1,11). Die „Seinen“ waren die Juden, die ihn nicht nur nicht aufnahmen, sondern ihn schließlich als Gotteslästerer hinrichten ließen. Auch von da wurde die Geschichte des Unheils geschrieben.

Doch von eben dem Kreuz, an das Christus geheftet wurde, floß auch das „Blut“, die Gnade der Entsühnung, wodurch uns der Himmel wieder offen steht.

Aber wie schaut es mit dem Zugang dazu heute aus? Die Wege zum ewigen Heil werden gerade heute von jenen Personen verschlossen, die vorgeben, Christi Erbe zu verwalten. Doch deren Schläue, die sich an der Sophistik der Schlange, die schon Adam und Eva zu Fall brachte, geschult hat, ist schwierig zu durchschauen und viele lassen sich in den Strudel des Unheils mit hinabziehen. Das bedeutet, daß wir in einer Periode des Unheils leben, in der die sog. Amtskirche versunken ist.

Doch auch in dieser Nacht der Gottesferne zünden wir, die wir behaupten, den wahren Glauben in uns zu tragen und zu vermitteln, ein Licht an, das allen leuchten soll, die Gott suchen. Doch denken auch wir daran, daß wir schwach werden können. Seinen Jüngern prophezeit Christus: „Würden jene Tage [der Drangsal] nicht abgekürzt, würde kein Mensch gerettet werden“. (Matth. 24,22) Doch „wer ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden“. (Matth. 24,13) Also Gott Barmherzigkeit ist stärker als die Fesseln der Resignation, die uns zu strangulieren suchen. Es wird, es kann ein „Morgen“ geben. Aber nur dann, wenn wir uns eine feste Glaubensüberzeugung erarbeiten, denn alle Stützen, auch der Besuch der hl. Messe tragen, halten nur, wenn sie auf dem Fundament des Glaubens aufbauen. Woran hat es wohl gelegen, daß alle Priester bis zum II. Vatikanum die tridentinische, die „alte“ Messe gelesen haben, um dann zu resignieren oder den Glauben, den sie bis dahin (nach außen?) vertreten hatten, von einem auf den andern Tag zu „vergessen“, um sich dem Modernismus anzuschließen? (N.b. viele waren doch froh, etwas „Neues“ zu vertreten, das nicht nach dem Staub der Tradition muffelte. Also, auch die hl. Messe trägt uns nur dann, wenn ihr Besuch, ihre Mitfeier getragen wird durch ein sicheres Glaubensfundament. Und worin zu allererst besteht dieses Fundament? In der Überzeugung, daß Christus Gottes Sohn ist, dessen Herrlichkeit wir gesehen haben (Joh. 1, 14), nicht wir persönlich, aber er hat sich der Menschheit offenbart in seiner Herrlichkeit, die bis uns weiterstrahlte durch all die Jahrhunderte hindurch. Von dieser Gottesgewißheit aus leitet sich alles andere, leitet sich unsere gesamte Lebensgestaltung ab.

Aber wie sollen wir dieses Fundament gewinnen, es aufbauen, wenn alle Quellen versiegen bzw. schon versiegt bzw. gesperrt oder verfälscht sind? Wie gewinne ich in einer gottlosen oder gottfernen Zeit Gottesgewißheit, auch wenn ich konzediere, daß bei vielen kein oder nur geringes Interesse besteht? Hier öffnet sich ein Dilemma, ein Dilemma der Vermittlung, denn der Glaube ist uns nicht angeboren, er ist nicht wie Regen, der vom Himmel kommt und uns naß macht, sondern er ist auf Vermittlung angewiesen. Heißt es nicht bei Lukas (10, 16) „Wer euch hört, hört mich“? Wie erfahre ich aber die authentische Lehre, wenn gerade diejenigen, die vorgeben, ihn zu vermitteln, selbst schon lange Zeit von ihm abgefallen sind? Welche Glaubensquellen kann dann noch ein Gottsucher anzapfen, wenn die „Kirche“ den Glauben nicht mehr authentisch lehrt?

Es bleiben die schriftliche Überlieferung, die Bibel, aus der Gottes Authentizität aufleuchten kann. Aus dem Studium dieser Schrift muß/kann die Gewißheit der Gottessohnschaft unmittelbar aufleuchten, d.h. es muß/kann die Erkenntnis einsetzen, daß der Christus, von dem die Bibel berichtet, Gottes Sohn ist.

Als Glaubensquelle bleibt weiterhin ein gläubiges Elternhaus, die an der religiösen Erziehung ihrer Kinder Interesse haben und die Liebe als zentrales Moment jedes religiösen Lebens vermitteln. Und wir müssen darauf vertrauen, daß sich Gott denen zeigt, die ihn mit ganzer Kraft suchen.

Wenn uns diese Zuversicht und Überzeugung geschenkt wird, daß Gott Mensch geworden ist, um uns zu erlösen, d.h. uns die Möglichkeit eröffnet, uns in den Bund mit ihm wieder einzugliedern, dann haben wir allen Grund, das Fest seine Geburt zu feiern. Die unheiligen Geschehnisse um uns herum belasten uns weiterhin, aber mit der Freude im Herzen über das Weihnachtsgeschehen erdrücken sie uns nicht. In dem bekannten sardischen Volkslied „Non potho reposare“ („Ich finde keine Ruhe“) heißt es am Schluß: „Ob sie jemals soviel Liebe in der Welt sahen. Denn soviel Liebe ist auch soviel Schmerz.“ In der Tat, auch unsere weihnachtliche Freude ist nicht ungetrübt, denn neben dem Empfang der göttlichen Liebe machen wir auch die schmerzliche Erfahrung, daß diese Liebe von vielen verschmäht wird.
 
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