54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
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1. Mitteilungen der Redaktion
2. Meine Begegnung mit S.E. Erzbischof Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
3. My Time with His Excellency, Archbishop Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
4. Ma rencontre avec S.E. Mgr. Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
5. Mi encuentro con Su Excelentísimo y Reverendísimo Arzobispo Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
6. Il mio incontro con S.E. l´Arcivescovo Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
7. DECLARATIO
Justitia Germaniae - quo vadis?
 
Justitia Germaniae - quo vadis?

von
Magdalena S. Gmehling

Ausgerechnet am Aschermittwoch, dem 26. Februar 2020 kippte das Bundesverfassungsgericht der BRD den § 217 StGB und erklärte das „Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ als verfassungswidrig. Damit ist eine gewerbliche Beihilfe zum Suizid gestattet. Die Tätigkeit sogenannter Sterbehelfer und einschlägiger Vereine wird gesetzlich erlaubt.

Das Lebensende zwischen Autonomie und Fremdbestimmung ist zugegebener Maßen ein heikles Thema. Die Hospizbewegung bietet kompetente Hilfestellung. Palliative Sedierung, die heutzutage möglich, erwünscht und auch erlaubt ist, gehört zu den unabdingbaren Leistungen eines guten Arztes. Liebevolle Begleitung wäre Aufgabe der Familie und Freunde, seelsorgerischer Beistand strenge Berufspflicht der Geistlichen. Es ist kein Geheimnis, dass es um diese körperlichen und mentalen Hilfen teilweise sehr schlecht bestellt ist. Letztlich gelten der Wunsch nach einem Sterben in Würde und die Angst vor dem Verlassen sein, als eigentliche Ursachen, des Befürwortens eines assistierten Selbstmordes.

Doch wenden wir uns zunächst der Gerichtsentscheidung zu. Selbstbestimmtes Sterben gilt nunmehr nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes als (letzter) Ausdruck der Menschenwürde. Würde, so lehrt Viktor E. Frankl ist verwirklichter Wert. Der bedingungslose Wert einer Person liegt in ihrer Vergangenheit und ist scharf zu unterscheiden vom Nutzwert. Auch einem Geisteskranken kommt Würde zu, personale Würde, die nicht durch Autonomie definiert ist. „Es gibt keine Lebenssituation, die wirklich sinnlos wäre. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die scheinbar negativen Seiten der menschlichen Existenz, insbesondere jene tragische Trias, zu der sich Leid, Schuld und Tod zusammenfügen, auch in etwas Positives, in eine Leistung gestaltet werden können, wenn ihnen nur mit der rechten Haltung und Einstellung begegnet wird. Nun liegt viel unvermeidliches Leiden im Wesen der menschlichen Verfassung, und der Arzt sollte sich davor hüten, angesichts solcher existentieller Fakten der Fluchttendenz des Patienten womöglich noch in die Hände zu arbeiten.“ (1)

Die Handlungsfreiheit selbstbestimmt aus dem Leben zu scheiden, ist jedenfalls– wie jüngst der Bonner Staatsrechtler und Rechtsphilosoph, Christian Hillgruber, feststellte – so frei nicht, denn sie tangiert schließlich auch das Verhalten Dritter, mit fachkundig Hilfe, Tötung auf Verlangen, bzw. Beihilfe zur Selbsttötung (§216 STGB), zu leisten. Das Gewissen des „Sterbehelfers“ wird zumindest schwer belastet. Wenn es leider auch kein einheitliches ärztliches Standesethos mehr gibt, so ist doch auf den Hippokratischen Eid zu verweisen, in dem es heißt :„ich werde niemandem, auch nicht auf seine Bitte hin, ein tödliches Gift verabreichen oder auch nur dazu raten...“. Ferner kann sehr schnell aus dem Recht, die Pflicht zum Suizid werden. In Belgien sind 18 Jahre nach der Legalisierung der Euthanasie, die Euthanasiegründe ebenso schnell gewachsen, wie die Zahl der Euthanasiefälle. Drucksituationen – seien sie nun finanzieller oder psychologischer Art - begünstigen den Missbrauch der Entscheidungsfreiheit. Eine Freiverantwortlichkeit ist bei Selbstmördern in den seltensten Fällen gegeben. Dies wird auch von den Kirchen eingeräumt, jedenfalls dann, wenn es um die Frage der Beerdigung geht.

Leider haben sich sowohl die [sog.] katholische als auch die evangelische Kirche in ihrer gemeinsamen Stellungnahme zu dem am 26. 2. 2020 ergangenen Urteil hinter einer vagen Stellungnahme versteckt. Sie ließen verlauten das Urteil stelle „einen Einschnitt in unsere auf Bejahung und Förderung des Lebens ausgerichtete Kultur“ dar. Damit wird verkannt, dass die liberalen Gesetze am Lebensanfang und am Lebensende längst eine sogenannte „Kultur des Todes“ begünstigen, ja ermöglichen. Nachdem nun der Tod auf Nachfrage gesetzlich erlaubt ist (und dies gilt auch für Minderjährige, die zu einer autonomen Entscheidung fähig sind) wird es nur eine Frage der Zeit sein, wann diesem haarsträubenden Urteil weitere folgen.

Ziel der Religion ist das Seelenheil und die Aufgabe guter Priester wäre es, dem Menschen Geborgenheit und Verankerung in der Transzendenz aufzuzeigen. Das Sterben eines Christen soll das vollenden, was ihm in der Taufe geschenkt wurde. Es soll ein Heimgehen sein, eine Ganzhingabe an Gott.
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(1) (Victor E. Frankl: Der Mensch auf der Suche nach Sinn. Herder Bücherei Bd. 430 S. 120f)

 
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