54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
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DAS ANGLIKANISCHE DRAMA ODER: ANMERKUNGEN ZU DEN NEUEN WEIHERITEN
 
DAS ANGLIKANISCHE DRAMA
ODER: ANMERKUNGEN ZU DEN NEUEN WEIHERITEN


von
Dr. Rama P. Coomaraswamy, MD
übers, von Eugen Golla

EINLEITUNG

Es war ein echtes Gewissensdrama, das die anglikanischen 'Priester' der Hochkirche, die noch das Gefühl für das Priestertum besaßen und sich für wahre Priester hielten, erleben mußten, als Papst Leo XIII. seine Bulle "Apostolicae curae" veröffentlichte, die in feierlicher Form die Ungültigkeit der im reformierten Ritus Cranmers erteilten Weihen verkündete. Die katholischen (?) Priester der postkonziliaren 'Kirche' müssen gewärtigt sein, ein ähnliches Drama an dem Tage zu erleben, an welchem sich die schließlich wiederhergestellte katholische Hierarchie über den von Paul VI. reformierten Ritus äußern wird. (Diese Restitution der Hierarchie ist zwar Aufgabe für jeden wirklich gläubigen Christen; ob sie aber tatsächlich erreicht wird, ist eine ganz andere Frage; bei dem momentanen Desaster innerhalb des sog. kath. Widerstandes spricht eher alles dafür, daß wir in diesem Chaos dahindriften, in einem Zustand der Anarchie, der nicht von außen verursacht wurde, sondern von uns selbst produziert wurde!!! - Anm.d.Red.)

Nach dem II. Vatikanischen Konzil änderte Paul VI. alle Sakramentsriten. Eine derart allgemeine Reform wäre für sich betrachtet schon in jedem Falle riskant gewesen. Wenn aber zusätzlich noch wichtige Momente geändert worden wären, (die für die Gültigkeit ausschlaggebend sind; Anm.d.Red.) dann hätten die neuen Riten keine (sakramentale) Wirkung mehr, sie würden nicht mehr die entsprechenden Gnaden hervorbringen, weil sie nicht mehr den von Christus eingesetzten Sakramenten entsprächen. Trifft dies z.B. auf die neuen Riten der Priester- und Bischofsweihe zu? Diese Frage ist von größter Bedeutung, denn würde sich dieser Verdacht bestätigen, wäre die Übertragung des Priestertums nicht mehr gesichert. Die Folgen wären unabsehbar: das Erlöschen des katholischen Priestertums würde auch das Ende der Eucharistie bedeuten (denn nur ein gültig geweihter Priester kann die hl. Messe zelebrieren); kein Priestertum mehr, d.h. auch kein Bußsakrament mehr zur Nachlassung der Sünden; keine letzte Ölung mehr als Hilfe für die Sterbenden (...).

Infolge der Zerstörung nur dieses einen Sakramentes wäre die Konzilskirche nicht mehr die Kirche Christi, sie wäre eine Sekte unter vielen anderen. In dieser Studie geht es mir darum, die Folgen darzulegen, welche diese Reformen für die Gültigkeit des Weihesakramentes haben (...).

I. DAS WEIHESAKRAMENT ALS SOLCHES

Obwohl es nur ein Sakrament ist, wird es stufenweise gespendet, was die erste Schwierigkeit bedeutet. Man unterscheidet allgemein sieben Stufen (...) Diese Stufen werden in niedere und höhere Weihegrade eingeteilt. In der Kirche des Westens zählt man vier niedere Weihegrade: Ostiariat, Lektorat, Exorzistat, Akolythat; sowie drei höhere Weihegrade: Subdiakonat, Diakonat und das Presbyterat (...).

Es ist festzuhalten, daß in sämtlichen Kirchen, die das Weihesakrament anerkennen, (...) der Episkopat oder der Rang des Bischofs unter der Rubrik "Priester" erscheint. Er wird als das oberste Priestertum oder die "Fülle des Priestertums" bezeichnet, weil durch den Bischof die apostolische Sukzession übertragen wird. (Die anderen Ränge der kirchlichen Hierarchie - die eines Erzbischofs, eines Kardinals oder Papstes, gehören nicht zum WeiheSakrament, sie werden als rein rechtliche und nicht als sakramentale Rangstufen angesehen. (...)

II. KÜRZE GESCHICHTE DER ENTWICKLUNG DES RITUS FÜR DIE PRIESTERWEIHE

(...) Den unter dem Namen des hl. Papstes Leo bekannt gewordenen Ordinationsritus dürfte man wahrscheinlich nicht diesem Papst zuschreiben. Dieser kodifizierte nur die Praxis der Kirche so wie er sie bei seinem Regierungsantritt vorfand. Man kann behaupten, daß seit dem Tode dieses Papstes im Jahre 461 bis zur Reform Pauls VI. in der Kirche des Abendlandes keine gravierende Änderung in den Ordinationsriten vorgenommen worden ist.

Wesentliche Gesichtspunkte dieser Riten:

Ohne sich in Einzelheiten zu verlieren, kann man sagen, daß sich bis zum 12. Jahrhundert die Theologen nicht damit befaßten zu eruieren, in welchem Augenblick des Vollzuges des Ritus präzise die Weihegewalt übertragen wurde noch welches die genauen und notwendigen Worte für die Gültigkeit der Riten waren. (Anm.d.Red.: Seit apostolischer Zeit war die Handauflegung die Form der Ordination.) Das sie leitende Prinzip war, alles unversehrt zu bewahren, was ihnen von den Alten weitergegeben wurde, ohne jedoch zu zögern, diese Erbschaft mittels passender Ergänzungen sorgfältiger auszugestalten und zu verdeutlichen. *)

Alle unterschieden aber das Wesentliche des Ritus von dem, was rein zeremonielle Zutat war. Alle stimmten darin überein zu sagen, daß die Gesamtheit des richtig vollzogenen Ritus die Priesterwürde übertrage. Aber es genügt schon, die Erläuterungen über den Symbolismus der verschiedenen Teile zu lesen, um zu der Überzeugung zu gelangen, daß sie hinsichtlich des wesentlichen Teils des Ritus verschiedener Meinung waren. Während also manche das Sakrament mittels Handauflegung übertragen wurde, war es für andere der Augenblick, in dem der Bischof dem Weihekandidaten die Hände salbte, für andere wiederum der Moment der Darreichung der Geräte, d.h. jener Moment, in dem der Bischof dem Kandidaten Kelch und Patene übergab. **)

Es war der hl. Albertus Magnus, der in seinem Kommentar über die Sentenzen des Petrus Lombardus die Termini Materie und Form einführte, um über diese Frage zu diskutieren. Ihm folgten der hl. Thomas v. Aquin und der hl. Bonaventura sowie sämtliche Autoren, die über dieses Thema geschrieben haben. Obwohl von allen angenommen, unterdrückte diese Terminologie nicht die verschiedenen Abweichungen (...).

Aus all dem folgt, daß die Spendung des Weihesakramentes in ihrem wesentlichen Teil, den man hinfort mit Materie und Form bezeichnet, seit den Zeiten der Apostel, welche die ersten Diakone und Priester geweiht haben, unverändert geblieben ist. Die von der Tradition hinzugefügten Ergänzungen, die die Bedeutung der eigentlichen Sakramentenspendung immer stärker verdeutlichen sollten, konnten seine Gültigkeit nicht tangieren, wie es jedoch die Unterdrückung ganz bestimmter Partien vermag.

Das Wesen (la "substance") einer sakramentalen Form:

(Anm.d.Red.: vgl. dazu auch Papst Pius XII.: "Sacramentum ordinis" bezüglich der Substanz der Sakramente.) (...) Nur der Menschensohn selbst konnte die Sakramente einsetzen, denn Er allein ist imstande, dem wahrnehmbaren Sakramentsritus die innere Kraft zu verleihen, eine übernatürliche Gnade hervorzubringen. In jedem Sakrament muß unterschieden werden die Bezeichnung, d.h. die ihm eigene Gnade, die der Herr durch das sichtbare Zeichen vermitteln will, und dieses Zeichen selbst, welches aus Materie und Form besteht, d.h. aus Gegenständen und Worten, die die Gnade ausdrücken, die das Sakrament hervorbringt (...).
 
Sämtliche Sakramente des Neuen Bundes sind von Christus eingesetzt worden. "Einige von ihnen wurden von Ihm nicht nur hinsichtlich der Bezeichnung bestimmt, sondern auch bezüglich des Zeichens, das aus Materie und Form besteht, z.B. die Taufe. Für andere Sakramente setzte er nur die Bezeichnung fest, indem Er Seiner Kirche und deren Jurisdiktion mittels unfehlbarem Beistand die Vollmacht gab, den zeitlichen und örtlichen Umständen entsprechend Materie und Form zu bestimmen." (Journet, Kardinal: "L'Eglise du Verbe incarne", Tom. I, S.150.) Daraus folgt, daß die Kirche, welche die Gewalt hat, Materie und Form für gewisse Sakramente festzusetzen, d.h. ihre Zeichen, auch die Vollmacht besitzt, sie wieder zu ändern. Aber sie kann dies nur unter der formellen Bedingung, daß die Änderung in nichts die Bedeutung des Ritus verfälscht, von der die Form als der Ausdruck angesehen wird. (...) ***)

Der hl. Thomas von Aquin gibt hierfür den Grund an: "Wenn ein wesentlicher Teil der sakramentalen Form unterdrückt wird, ist der eigentliche Sinn der Worte zerstört, was zur Folge hat, daß das Sakrament ungültig wird." (Vgl. III, q.60, a.8) Diese Folgerung gilt unbedingt. Wir müssen sie geistig präsent halten, um die Gültigkeit der in den reformierten Riten Pauls VI. administrierten Sakramente zu beurteilen.

Was während der Reformation geschah:

Luther und seine Epigonen leugneten unzweideutig, daß die hl. Messe ein Sühnopfer sei, welches für Lebende und Tote dargebracht werden könne. Deshalb erforderte ihre Liturgie keinen wahren Priester mehr. Folglich verneinten die Protestanten, daß die Priesterweihe ein Sakrament sei. Dies brachte sie jedoch in ernsthafte Schwierigkeiten: die Gläubigen wollten im religiösen Bereich keine Personen als Hirten haben, die nicht irgendeine Weihe empfangen hätten und an denen sie nicht charakteristische Merkmale eines Priesters erkennen könnten, die ihnen bis dahin vertraut gewesen seien. Um aus diesem Grund die ahnungslosen Gläubigen besser täuschen zu können, fabrizierten die reformatorischen Theologen neue Riten, denen sie - soweit wie möglich - den Anschein der früheren zu geben versuchten, wobei sie aber ihre neue häretische Theologie zugrunde legten, die den übernatürlichen Charakter des Priestertums leugnete. Um also an ihr Ziel zu gelangen, entfernten sie alles aus dem (katholischen) Ritus, was die Gnade und die Vollmachten des katholischen Priestertums hätte bezeichnen können, und änderten so auch seine Bedeutung. In dieser Weise reformiert, brachte dieser neue Ritus keine übernatürliche Wirkung mehr hervor.

In England war es dann Cranmer - unter dem starken Einfluß von Luther und Calvin -, der unter der Regierung Heinrichs VIII. und Eduards VI. die Riten änderte. So entstand das anglikanische Ordinale. Zahllose Kirchenälteste und Bischöfe wurden nach diesen Riten 'geweiht', die jedoch das katholische Verständnis der Aufgaben des Priesters vermissen ließen. Unter der Regierung Maria Tudors, der "Katholischen", wurde dann der wahre Glaube im Königreich England wieder-hergestellt. Dabei entstand das Problem bezüglich der Gültigkeit der nach den Riten Cranmers 'geweihten' Personen, weshalb Rom befragt wurde.

Um diese Frage zu klären, sandte Papst Julius III. dorthin als Legaten a latere den englischen Kardinal Reginald Pole. In seinem Schreiben vom 8. März 1554 an diesen Legaten machte Julius III. formell einen Unterschied zwischen Personen, welche den Satzungen gemäß und dem Ritus entsprechend geweiht wurden und deshalb ihre Weihegrade beibehalten dürfen, und solchen, die keine heiligen Weihen empfangen haben, aber geweiht werden können, falls sie würdig und geeignet sind. (...)
 
Im Februar 1555 sandten König Philipp und Königin Maria von neuem Botschafter nach Rom mit dem Auftrag, den Papst ausführlich über die religiöse Situation in England zu unterrichten. Paul IV. veröffentlichte am 2o. Juni desselben Jahres seine Bulle "Praeclara carissimi". In ihr liest man folgende Vorschriften hinsichtlich der Weihen: "Jene, die zu kirchlichen Weihen zugelassen worden sind durch Personen, die nicht gültig und rechtmäßig zu Bischöfen geweiht worden waren, müssen die Weihen nochmals empfangen."

Wer waren nun jene Bischöfe, die "nicht gültig und rechtmäßig" geweiht worden waren? Das waren jene, die zum Bischofsamt erhoben worden waren, ohne daß man die überlieferte Weiheform beachtet hatte, welche die Intention der Kirche ausdrückt. (...)

Von nun an war die Absicht des Papstes klar dargestellt: um gültig und rechtmäßig eine Weihe zu empfangen, war es nötig und hinreichend, wenn dies ' in der Form der Kirche" erfolgte. Die Tatsache, daß das Sakrament von Häretikern gespendet wurde, hatte keinen Einfluß auf die Gültigkeit des Ritus, sofern es sich um den traditionellen Ritus der Kirche handelte. Nur im Falle eines Zweifels hinsichtlich des angewandten Ritus vollzog man gemäß der traditionellen Praxis der Kirche die Weihe "sub conditione" noch einmal.

Wenn auch der Papst klar die Notwendigkeit der katholischen Form für die Gültigkeit des Weihesakramentes in Erinnerung brachte, regelte er damit aber noch nicht die uns interessierende Frage: "Welches sind die korrekte Form und die Materie dieses Sakramentes?" - Damals vermehrte sich die Anzahl protestantischer Sekten sprunghaft. Mit ihnen kamen eine Menge Riten in Gebrauch, die alle Arten von Abänderungen (gegenüber dem katholischen Ritus) aufwiesen. (...)

Um die Verwirrung noch zu steigern, wurde die Anglikanische Kirche im Laufe der Zeiten wieder konservativer (in ihrer Einstellung). Nach der Regierung der Königin Elisabeth verstärkten die Puritaner, die radikal gegen die Sakramente eingestellt waren, ihre Beaufsichtigung. Im Jahre 1662 erfolgte eine Reaktion, die die Errichtung der Hochkirche zur Folge hatte. Obwohl diese hartnäckig die reformatorischen Prinzipien der anglikanischen Kirche bewahrte, "romanisierte" sie dennoch stark ihre Liturgie. Gewisse Worte wurden den Konsekrationsformen der Weihe beigefügt, um sich der katholischen Praxis zu nähern. So wurden die Begriffe "Priester" und "Bischof" in den Weiheformeln wieder eingefügt, und man gab vor, daß die anglikanische Richtung genauso wie die griechische Kirche getrennt, aber "orthodox" sei. Die Theorie der "Zweig- und Schwester-Kirchen" war geboren.

Unabhängig von dem eventuellen Sinn der wieder eingefügten Begriffe erinnern wir uns daran, daß der Beitritt der Anglikaner zu den sog. "39 Artikeln", in welchen der Opfercharakter der hl. Messe geleugnet wird, in der Folge daraus auch der wahre Charakter des katholischen Priestertums negiert wird, wodurch diese Riten mit einem Fehler hinsichtlich der Intention belastet sind. (...)

Entsprechend der Definition soll ein Sakrament "das wahrnehmbare Zeichen einer innewohnenden Gnade sein, das Christus unserer Heiligung wegen eingesetzt hat." (Katechismus des Konzils von Trient). Wie es Leo XIII. in "Apostolicae curae" formulierte, "sollen die Sakramente des Neuen Bundes, sichtbare und wirksame Zeichen einer unsichtbaren Gnade, die Gnade bezeichnen, die sie bewirken und die Gnade bewirken, die sie bezeichnen. Wenngleich sich diese Bestimmung im gesamten wesentlichen Teil, nämlich in der Materie und der Form finden soll, so gehört sie doch hauptsächlich zur Form, denn die Materie ist jener Teil, der in sich selbst nicht bestimmt ist, sondern durch die Form bestimmt wird." Dies soll am Beispiel der Taufe aufgezeigt werden: ihre Materie ist das ausgegossene Wasser, die Form: "Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes." Die Form ist somit von einer ursprünglichen Wichtigkeit. Mit ihr werden wir uns besonders beschäftigen (müssen). (...)

Die Definition Pius XII.:

(...) Die Diskussionen über die Frage der Form wurden bis zum 3o. November 1947 fortgesetzt. An diesem Tage publizierte Pius XII. die Apostolische Konstitution "Sacramentum ordinis", die definitiv die Frage von Materie und Form des Weihesakramentes in seinen drei Stufen verbindlich festlegte (...)

Die Bezeichnung des Weihesakramentes, die unveränderlich ist, wurde in der Kirche auch beibehalten. Immer meint sie die Übertragung kultischer (und anderer) Vollmachten. Dagegen ändert sich im Abendland das Zeichen, durch welches sie zum Ausdruck gebracht wurde: die ursprüngliche Auflegung der Hände wurde ersetzt durch die Übergabe der Geräte. Nichts konnte aber die Kirche daran hindern, den Ritus der Handauflegung wieder aufzuwerten. Das geschah am 3o. November 1947 durch die Veröffentlichung der besagten Konstitution Pius XII. (...) Der Papst hatte dabei die Absicht, in Bezug auf die Vergangenheit, ein für allemal jede Diskussion über Materie und Form der heiligen Diakonats-, Priester- und Bischofsweihe zu beenden, und für die Zukunft jeden Disput oder jede Kontroverse darüber zu unterdrücken. Der besondere Charakter, die Gnade sowie die Vollmachten zum Priestertum werden gleichzeitig mit der ersten Handauflegung und den entscheidenden Worten des Gebetes "Da, quaesumus..." übertragen. Die anderen Zeremonien, das Anlegen des Priestergewandes, die Salbung der Hände, die Übergabe der Geräte und die zweite Handauflegung übertragen (keine Vollmachten mehr), sondern sie bezeichnen im einzelnen, was bereits mittels Materie und Form erfolgte.

Halten wir fest und betonen es, daß Pius XII. nichts an den Weiheriten änderte, sondern vielmehr befahl, sie zu vollziehen wie bisher: "Wir befehlen, daß sämtliche Vorschriften des Pontificale Romanum gottesfürchtig eingehalten und beobachtet werden."

Welches sind der Form nach die wesentlichen Worte für die Priesterweihe?

Für die Priesterweihe besteht die Form in den Worten der "Vorrede", von denen die folgenden wesentlich, d.h. notwendig sind für die gültige Spendung: "Da, quaesumus, omnipotens Pater, in hunc famulum tuum presbyterii dignitatem; innova in visceribus eius spiritum sanctitatis, ut acceptum a Te, Deus, secundi meriti minus obtineat censuramque morum exemplo suae conversationis insinuet." ("Gib, allmächtiger Vater, wir bitten Dich, diesem Deinem Diener die Würde des Priestertums; erneuere in seinem Innersten den Geist der Heiligkeit, damit er das von Dir erhaltene Amt des zweiten Ranges auf sich nehme und durch seinen vorbildlichen Wandel eindringlich christliche Zucht und Sitte nahelegen.")

Das Problem der "significatio ex adjunctis"

Die Gültigkeit oder Wirksamkeit der Sakramente garantiert Christus, nicht die Kirche, und Christus wollte, daß sie nach Art natürlicher Amtsträger wirken: "ex opere operato" (d.i. aus ihrem objektiven Vollzug) - wie die Theologen sagen. (Anm.d.Red.: das "ex opere operato" bringt die Wirkungsweise der Sakramente zum Ausdruck: die Sakramente bringen ihre Wirkung durch sich selbst hervor. Der Terminus wurde in der Frühscholastik geprägt.) Daher spendet ein unwürdiger Priester oder ein Angehöriger einer häretischen Sekte, vorausgesetzt, daß er selbst ordnungsgemäß geweiht wurde, sofern er sich ernsthaft der entsprechenden Materie und Form bedient, mit der Intention, das zu tun, was die Kirche tut, gültig ein Sakrament. Das ist die allgemeine Ansicht der Theologen. Es könnte daher scheinen, als ob die übrigen Teile des Weiheritus, diejenigen, welche nicht zu seinem wesentlichen Teil gehören, für die Gültigkeit der Spendung unerheblich seien. Dies trifft jedoch nicht zu. Papst Leo XIII. weist nach, daß die revidierte Form der anglikanischen Weihen von 1662 ungültig ist, weil unter anderem die von den Anglikanern verwendeten Termini "Priester" und "Bischof" für sie etwas ganz anderes bedeuteten, als was sie für Katholiken gelten. (...)

Hier spielt Leo XIII. auf das an, was man bei der Spendung des Weihesakramentes die "significatio ex adjunctis" (die Bedeutung aus den Nebenumständen) nennt, d.h.: die Bedeutung der Zeichen wird verständlich gemacht durch die Zeremonien, die zu diesem Zwecke eingefügt worden sind in den Ritus. Um die Wichtigkeit dieser "significatio ex adjunctis" zu verstehen, müssen wir uns an Entstehungsgrund der katholischen Riten erinnern.

In ihrem Libellum "Kurze kritische Prüfung des Novus Ordo missae" schrieben die Kardinale Ottaviani und Bacci an Paul VI.: "(Das Konzil von Trient) hat bei der definitiven Festsetzung des Kanons des Meßritus eine unübersteigbare Barriere gegen jede Häresie, die die Unversehrtheit des Mysteriums erreichen könnte, errichtet."

Im Weiheritus ist diese unübersteigbare Barriere durch die "significatio ex adjunctis" errichtet.
 Das sind:

- die Salbung der Hände,
- die Darreichung der Geräte,
- die Entfaltung des Meßgewandes.

Sämtliche dieser Zeremonien sowie jede einzelne sind eingefügt, um die Funktionen (und den Charakter) des Priesters zu kennzeichnen, wobei sie hervorheben, daß seine wichtigste Funktion die Darbringung des Meßopfers ist.

Aus alledem geht klar hervor, daß zwar keiner dieser Akte "ex adjunctis" eigentlich wesentlich für die Gültigkeit des Sakramentes ist, daß aber die beabsichtigte Unterdrückung des einen oder anderen, a fortiori mehrerer von ihnen, die Bedeutung des Ritus abzuschwächen vermag, wodurch seine Form zweideutig und das Sakrament letztlich ungültig gemacht wird.

III. DER NACH-KONZILIARE RITUS DES WEIHESAKRAMENTES

Sobald man anfängt, den reformierten Ritus Pauls VI. zu studieren, kann man nicht umhin, die Ähnlichkeit festzustellen, welche zwischen dieser Reform und der von Cranmer im 16. Jahrhundert besteht. In beiden Fällen taten die Reformer alles, um genau das im katholischen Ritus zu unterdrücken, was

1.) eindeutig die Würde und die Aufgaben des Priesters hervortreten läßt,
2.) im traditionellen Ritus die sog. 'getrennten Brüder' verletzen könnte.

So enthält zwar der neue Ritus Pauls VI. in seiner lateinischen Form den Terminus "Priester", aber der Charakter des Priesters als Opferpriester wird in ihm nicht deutlicher definiert wie in dem anglikanischen Prototyp.

In seiner Studie ("The Order of Melchisedech") bewertet Michael Davis diesen Ritus wie folgt: "Der traditionelle Weiheritus wurde in radikalster Form umgearbeitet, und nach dem Beispiel Cranmers wurde dies vor allem durch die Unterdrückung der Gebete und Zeremonien erreicht, die vorher in Gebrauch waren (...). Zwar erklärt dieses Rituale , daß die Weihekandidaten zum "Priestertum" (?) erhoben werden sollen, aber dies tut auch das anglikanische Rituale. Während es aber im Kontext des traditionellen Pontificale Romanum nicht die geringste Zweideutigkeit gab, ist diese im neuen Ritus Pauls VI. sicherlich vorhanden. Ohne Zweifel behauptet zwar der neue Ritus nirgends, daß nicht die Absicht besteht, Opferpriester zu weihen, aber wo man das Meßopfer erwähnt, geschieht dies zurückhaltend. (...) Schließlich ist nicht allein das neue Ordinale Pauls VI. beinahe jeder Beziehung auf das Meßopfer beraubt worden, sondern wie bei Cranmer wurde der Terminus "sacrificium missae" sowohl aus der lateinischen Version Pauls VI. als auch aus der englischen Übersetzung von 1968 verbannt." (Anm.d.Red.: der Autor Davis ist zu dem Personenkreis zu rechnen, denen es wie den Econern nicht um eine klare Trennung zur 'Konzils-Kirche' geht, sondern nur darum, um in ihr eine traditionalistische Fraktion zu bilden.)

Wenn einerseits die Form "unbestimmt" ist und andererseits der restliche Ritus nicht die Intention, Opferpriester zu weihen, eigens definiert, leidet der neue Ritus Pauls VI. genau an den gleichen Fehlern wie sein anglikanischer Vorläufer. Da nun aus diesem Grunde der anglikanische Ritus von Leo XIII. verurteilt worden ist, sind wir im Recht, die Gültigkeit des von Paul VI. promulgierten Ritus zu bezweifeln. (...)

Die Zweideutigkeit ist noch größer in der Übertragung in die Volkssprachen, deren Gebrauch in der nach-konziliaren Praxis allgemein ist. (...) Obwohl dies schon genügt, an der Gültigkeit der Weihen im postkonziliaren Ritus zu zweifeln, müssen wir sagen, daß es noch schlimmer ist. Zur Gültigkeit einer Priesterweihe ist es erforderlich, daß sie von einem gültig geweihten Bischof vollzogen wird. Im gegenteiligen Fall: wie gültig auch der vollzogene Ritus in sich sein mag, diese Zeremonien wären nichts anderes als ein Trugbild einer Priesterweihe, d.h. wenn der Ritus nicht von einem gültig konsekrierten Bischof gespendet würde. Wir müssen uns nunmehr der Reform des Ritus für die Bischofsweihe zuwenden.

(Fortsetzung folgt)

Anmerkungen der Redaktion:

*) In der orientalischen Kirche blieb die Handauflegung die Form der Ordination. Nur die Armenier fügten seit dem 12. Jahrhundert in Anlehnung an die Lateiner die Darreichung der Instrumente hinzu. In der abendländischen Kirche trat im gallikanischen Ritus (Aquitanien) seit dem 8. Jahrhundert als Bestandteil der Priesterweihe die Salbung der Hände auf, dann auch für die Bischofsweihe (zeitweise auch für die Weihe der Diakone). Für die Bischofskonsekration wurde dann auch die Salbung des Hauptes eingeführt. Der Ritus der Salbung bei den Weiheriten breitete sich im 8. und 9. Jahrhundert über Frankreich, England und Deutschland nach Rom aus (in der 1. Hälfte des 10. Jahrhunderts) und von dort in der gesamten lateinischen Kirche.
**) Bei der Vermischung von gallikanischen und römischen Weiheriten kam noch die Darreichung der Instrumente (die "porrectio instrumentorum") in Übung: dem Diakon
wurde das Evangelienbuch übergeben, dem Priester der Kelch mit Wein und der Patene mit Hostie, dem Bischof die entsprechenden Insignien, dazu die Formel: "Accipe
potestatem...". So wurden durch die Übergabe der Geräte die sachlichen Inhalte der jeweiligen Weihe bezeichnet.
***) Vgl. dazu auch Katzer, Otto: "Darf ein Papst den Ritus ändern?" in EINSICHT 111(7) 1-6 vom Oktober 1973.
 
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