54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
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1. ZUM MAI-MONAT
2. HYMNUS AUF DIE GOTTESMUTTER
3. MGR. LEFEBVRES BRIEF AN MGR. WOJTYLA MIT EINER STELLUNGNAHME DES H.H. GUÉRARD DES LAURIERS
4. DER BUMERANG
5. BRIEF AN EINE ZEITSCHRIFT
6. WENN ICH NICHT AN SEINEN HÄNDEN DAS MAL DER NÄGEL SEHE...
7. INSTAURARE OMNIA IN CHRISTO!
8. QUELLEN DER KIRCHENMUSIK
9. ÜBER DAS WESEN DER EHE
10. DIE KATHOLISCHE JUGENDARBEIT
11. HOLLÄNDISCHE KLÖSTER ALS SEX-KOMMUNEN
12. EINGESTÄNDNISSE DER REFORMER
13. ÜBER DIE 'MESSE' JOH. PAULS II. IN MEXIKO
14. 'BR0T'
15. PARADIES UND SÜNDENFALL
16. DIE LIBERALE NÄCHSTENLIEBE
17. ZUM FERNSEHINTERVIEW DES 'BISCHOFS' ERNST
18. MITTEILUNGEN DER REDAKTION
19. PAS DE FRANC-MAÇONNERIE DANS NOTRE EGLISE!
DIE LIBERALE NÄCHSTENLIEBE
 
DIE LIBERALE NÄCHSTENLIEBE -
DIE SCHARFE WAFFE DES INDIFFERENTISMUS


von
Bruno Francois
(übers. von Dr. Ambros Kocher)


Der liberale Katholizismus ist nicht tot. Nicht bloß Modernismus und Progressismus sind seine normalen Entwicklungsstadien. Aber es wäre naiv anzunehmen, daß die sog. traditionalistischen Milieus, die der Messe des hl. Pius V. treu gebliebenen Gruppen, keine liberalen Katholiken aufwiesen, daß sie nicht beeinflußt würden zugunsten von Kompromissen mit der postkonziliaren Revolution, daß sie sich nicht dazu gedrängt fühlten, die Antiliberalen zu neutralisieren. Auf der einen Seite lassen sich die Gegner nur selten die Gelegenheit zur Infiltration entgehen, anderseits gibt es immer genug Katholiken, die dem Kampfe aus dem Wege gehen, die stets dazu geneigt sind, ihr Ohr den Predigern einer falschen Einheit zu leihen, welch letztere sie in ihrer Schwachheit ermuntern.

Wenn wir nicht auf der Hut sind, wird die liberale Verführungskunst auch uns mißbrauchen. Denn der Irrtum der liberalen Katholiken ist hinterlistig. "Sie ist", sagt Pius IX., "viel gefährlicher als offene Feindschaft, weil sie sich unter einem Schleier des Eifers und der Liebe versteckt." (Pius IX., Breve vom 8. Mai 1873)

Im Namen der Nächstenliebe geißelt man die Unnachgiebigkeit, verurteilt man die harten Angriffe gegen den Irrtum,weist man die Anprangerung jener zurück, die das Schlechte verbreiten und die Lügen. Man sollte um keinen Pries jemanden verletzen oder kränken, man sollte sich jeglichen Tadels und jeglicher Verurteilung enthalten, sich dagegen Mühe geben, jene Leute anzuziehen, die, wie man behauptet, lediglich als Verirrte zu behandeln sind. Das größte aller Vergehen gegen die Nächstenliebe bestünde darin, sie zu schockieren, ihnen Kummer zu bereiten, sie zu bekämpfen. - Eine gewandte List! Sie ist dergestalt, daß sie,obschon alt und seit langem bloßgelegt, noch eine große Zahl von Gläubigen beeindruckt, die immerhin katholisch bleiben wollen.

Die wahre Liebe besteht darin, Gott über alles zu lieben und den Nächsten wie uns selbst - aus Liebe zu Gott. Die Liebe ist nicht etwas Unbestimmtes, mehr oder weniger romantisch, weinerlich und zart. Sie besteht darin, das Gute für jene zu wollen, die man liebt. Und das höchste Gut des Nächsten, das gemäß der Definition der Liebe mit dem unsrigen identisch ist, das ist die ewige Seligkeit, und hier unten die Mittel, um sie zu erlangen. Die Wahrheit ist diese Seligkeit, und das erste Mittel, um es zu erreichen. Das erste Gut, das wir unserm Nächsten geben müssen, ist also die Wahrheit, und wir haben die Pflicht, ihm davon eine sichere Kenntnis zu geben und ihn vor allem zu bewahren, was ihn davon abbringen könnte. - Nun aber stützt sich der Irrtum nicht auf sich selber: um ersolgreich zu sein, bedarf er der Hilfe und der Propaganda seitens scheinbar ehrenhafter, gescheiter und ernsthafter Leute, die an ihrer "Ehrenhaftigkeit" hängen. Man muß also den Mut aufbringen, sie zu kennzeichnen als das, was sie sind, und man darf nicht zögern, sie als die schlimmsten Übeltäter, welche die Welt tragen muß, zu bezeichnen. Unser Herr lehrt uns selber: "Fürchtet nicht jene, die den Leib töten, aber die Seele nicht töten können, fürchtet vielmehr jene, die Seele und Leib in die Hölle stürzen können" (Mt. lo,28) Und weiter: "Hütet euch vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern an euch herantreten und die im Innern reißende Wölfe sind." (Mt. 7,15). (Man muß freilich unterscheiden einerseits zwischen einem mißbrauchten Menschen, der zur Hoffnung auf Bekehrung Anlaß gibt, ohne Ärgernis zu erregen, - und jenem, der Irrtum verbreitet, obschon gewarnt, und andere mit sich reißt. Dieser verdient die Bezeichnung "falscher Prophet" und ist ein "Wolf in Schafskleidern.")

Unser Herr lehrt uns eine klare Praxis. Gegen die Pharisäer: Ärgernis für das Volk "euer Inneres ist voll Laster und Untreue " (Lk. 11,39). "Unglück über euch Pharisäer (Lk. 11,42)! Ihr seid übertünchte Gräber ... innen voll Fäulnis ... Natterngezücht." (Mt. 23,33) Abbé Berto sagt: "Das Evangelium spricht bloß von Liebe. Sicherlich. Aber immerhin enthält es Schmähungen, die an sich der Liebe des Evangeliums nicht widersprechen. Und eine Liebe, die nicht jene des Evangeliums ist, darauf pfeife ich." (La Pensée cathol. 45,46,77)

Die "charitains" (die auf Liebe schwören), wie sie Louis Veuillot nennt, verstoßen gegen den hl. Paulus: "Die Liebe ist geduldig, gefällig ... sie ist nicht eifersüchtig ... nicht ehrgeizig, sie sucht nicht das Ihre, sie kennt keinen Zorn, sie stützt sich nicht auf das Schlechte, sie leidet alles, glaubt alles, hofft alles, erträgt alles . . . (1. Kor. 13,4f.) Aus diesem Lobgesang des hl. Paulus machen sie eine schreckliche Karikatur.

"Siehe da, was die angeblich frommen und geistlichen Seelen daraus machen! Die Liebe läßt alles geschehen, da sie geduldig ist. Sie liebt zutiefst die Schamlosen, die Betrüger und die Kanaillen, sie erleichtert ihnen sogar diskret die Erfüllung ihrer Aufgabe, denn sie ist zuvorkommend. Sie verdammt nicht die ungerechten Erfolge, sie zollt Beifall den usurpierten Emporkömmlingen, denn sie kennt weder Eifersucht noch Neid. Sie gestattet die Entheiligung der hl. Dinge, Dogmen und Riten, welche die hl. Kirche bewahrt hat. Sie läßt solche Profanationen zu, denn sonst hieße es, sie suche das Ihre, und sie würden in Zorn geraten,, Also muß sie sich gleichgültig zeigen gegenüber dem, was ihr zukommt und vor jeder Aufregung hüten." (P. Calmel, Les mystères de la grâce, 11,59). P. Calmel sagt: "Wer wirklich liebt, muß die Werke der Gerechtigkeit tun; er muß in Zorn geraten und selbst, wenn es nötig ist zuschlagen, denn es geht um die Gerechtigkeit. Wer wirklich liebt, darf die Klugheit nicht vergessen; er öffnet die Augen vor der Bosheit der Welt, den Irrtümern der heutigen Zeit, vor den Helfershelfern Satans. Es springt in die Augen, man braucht den Geist nicht umzusormen, um einzusehen, daß die modernistischen Wölfe im Schafspelz niemand anders sind als apostolische Personen, neugierig, im Grunde gut vorbereitet und kaum angreifbar. Kurz gesagt, jener, der liebt, muß gerecht und klug sein, Rächer und Verteichger der Schwachen, Wächter auf dem Turme. Das ist nötig in unserem Tränental und muß solange dauern, solange die streitende Kirche im edlen Kampf um den Glauben steht." (Calmel, 1.c, 58f.)

So verstanden es die Heiligen. Alle wapneten sich gegen Irrtum und seine Stützen. Sie wußten alle, daß die Verteichgung des christlichen Volkes über die irdische Liebe hinausgeht, und daß der Angriff gegen die Häretiker das beste Mittel ist, diese zur Bekehrung zu führen.

Der hl. Paulus beschuldigt in folgenden Ausdrücken die kretischen Schismatiker: "Ewige Lügner, üble Tiere, faule Bäuche", ( t i t . 1,12) Auf Zypern warf Paulus, vom hl. Geist erfüllt, dem Magier Elymas vor: "Sohn des Teufels, voll Falschheit und Bosheit jeder Art, Feind aller Gerechtigkeit, hörst du nicht auf, die geraden Wege des Herrn zu durchkreuzen?" (Acta 13,l0)

Unter Zurückweisung der Gnostiker (Valentin, Marcion, Kerintus) schreibt der hl. Irenäus: sie vermochten nie ein heilsames Wort auszusprechen. Denn ein jeder unter ihnen ist derart tief verdorben-durch Verfälschung der Regel der Wahrheit -, daß er beim Predigen errötet. (Irenäus adv.haer. 111,2,2) So sind die Leute, die wir zu bekämpfen haben: Schleichend wie die Schlangen suchen sie auf allen Seiten zu entweichen; deshalb muß man ihnen überall die Stime bieten, in der Hoffnung, durch diesen Widerstand einige zur Wahrheit zurückzuführen. Denn wenn es auch nicht leicht ist, jemanden zur Sinnesänderung zu bringen, der vom Irrtum besessen ist, so ist es doch nicht ganz unmöglich, daß der Irrtum schwindet, wenn man ihm die Wahrheit gegenüberstellt." - Der hl. Augustinus schrieb ebenso, daß "einige Verirrte bekämpft werden müssen mit einer harten Liebe". Gegen Julian: "Entweder lästerst du vorbedacht, indem du Dinge ersindest, oder, du weißt nicht, was du sagst, weil du Lügnern Glauben schenkst". Er nennt solche Leute auch Betrüger, Lügner, falsche Geister . . . In seinem Tadel gegen Johannden Faster, Patriarch von Konstantinopel wirst ihm Gregor d.Gr. offen vor, er sei von weltlichem und verbrecherischem Stolz besessen, er habe den Stolz Luzifers, spreche dumme Worte, sei eitel und geistig beschränkt.

Der hl. Bernhard zögert nicht, den Manichäer Heinrich als listige Schlange zu bezeichnen, ohne Tugend und Frömmigkeit, "schlechte Dornen auf dem Felde des Herrn". Gegenüber Arnauld von Brescia, der den Einzug der Kirchengüter und den Aufstand gegen die Kleriker predigte: "Sein Mund ist voll Bitterkeit, er kennt den Weg des Friedens nicht, kurz, er ist ein Feind des Kreuzes Christi." (Brief 195) "Er hat bloß Hunger und Durst wie der Teufel nach dem Blute der Seelen, ein Monstrum mit Taubenkopf, das Brescia erbrochen hat, das Rom verabscheut." (Brief 19)

Thomas v. Aquin bezeichnet Wilh. v. S.Amour und seine Anhänger als "Feinde Gottes, Diener des Teufels, Glieder des Antichrists, Feinde des Menschenheils, Verleumder, Gotteslästerer, Verworfene, Perverse, Ignoranten, Nachäffer der Pharaone . . . " (c.impugn.Dei cultum).

Das genügt, man könnte weiteres anführen. Man vergesse die Warnung des hl. Franz v. Sales nicht, berühmt als Ehrenmann, bezüglich der Feinde Gottes und der Kirche: Diese soll man anprangern so viel wie möglich, als Sektierer, Schismatiker . . . Es ist Liebespflicht "Wolf" zu schreien, wenn er unter den Schafen weilt, wo immer es auch sein mag. (Introd. 3,29)

Das sind die Nachahmer unseres Herrn. Ihre Unnachsichtigkeit resultiert aus der Wichtigkeit der Wahrheit. Nur jene verteichgen sie, die sie lieben. Wahrheit ist einzige Quelle des Glückes. Sie kann in einen Gegensatz zur Liebe gestellt werden. Die Heiligen haben stets zur Wahrheit ermuntert. Liberale Katholiken bekämpfen sie durch ihren falschen Liebesbegriff. Die Liberalen haben das Schlechte gut vollbracht und das Gute schlecht. (Veuillot)

Es war ein Übel, aus "Liebe" Falsches und Wahres nebeneinander zu stellen. Die falsche Liebe der liberalen Katholiken hat zur Bildung des Indifferentismus gewaltig beigetragen: in den Pfarreien, Schulen, Familien, in allen Herzen. Wir sagen "falsche Liebe", denn sie liebt den Mitmenschen nicht wirklich, sie ermuntert ihn im Irrtum, den er verbreitet oder anhört.

Man muß sich entschließen, die Wahrheit zu proklamieren, den Irrtum zu bekämpfen, mitsamt den falschen Propheten. So sagt der hl. Hieronymus: "Die Hunde bellen für ihren Herrn, und du, willst du nicht, daß ich belle für Christus?"
 
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