54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
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Die Geißelung
 
Die Geißelung

von
J. Blinzler

"Die römische Geißelung wurde auf barbarische Weise vollzogen. Der Delinquent wurde entkleidet, an einen Pfahl oder eine Säule gebunden, manchmal auch einfach zu Boden geworfen und von mehreren Folterknechten so lange geschlagen, bis diese ermüdeten und das Fleisch des Delinquenten in blutigen Fetzen herabhing. In den Provinzen hatten dieses Geschäft die Soldaten zu besorgen. Sie bedienten sich dabei drei verschiedener Folterwerkzeuge. Freien gegenüber kamen die Ruten in Anwendung; die militärische Prügelstrafe wurde mit Stöcken ausgeführt; bei Sklaven aber pflegte man Geißeln oder Peitschen zu benützen, deren Lederriemen oft mit einem Stachel oder mit mehreren kettenartig aufgereihten Knochenstücken bzw. Bleiklumpen versehen waren. Mit den letztgenannten Instrumente wurde die Strafe auch an Jesus vollzogen.

Im Gegensatz zum jüdischen Recht kannte das römische kein Höchstmaß von Schlägen. Man wundert sich nicht, zu hören, daß Delinquenten während dieser Prozedur, die nur ausnahmsweise als Kapitalstrafe verhängt wurde, häufig tot zusammenbrachen. Nach dem Zeugnis Ciceros hat der berüchtigte Gaius Verres als Statthalter von Sizilien (73-71 v. Chr) die Geißelung auf besonders unmenschliche Weise vollstrecken lassen. "Moriere virgis" (Du wirst an den Ruten sterben), rief er einmal einem Angeklagten zu, als er ihn den Liktoren übergab, und diese sorgten dafür, daß die Drohung nicht in den Wind gesprochen war. Von den alexandrinischen Juden, die auf Befehl des Präfekten Flaccus gegeißelt wurden, verschied ein Teil noch während der Züchtigung, die übrigen konnten sich erst nach langer Krankheit von den Verletzungen erholen. Flavius Josephus berichtet von sich selber, er habe im galiläischen Taricheae einige seiner Widersacher geißeln lassen, bis ihre Eingeweide sichtbar wurden. Auch der Fall des Unglückspropheten Jesus bar Hanan, den der Prokurator Albinus während des Laubhüttenfestes 62 n. Chr. geißeln ließ bis ihm die Knochen bloßlagen, läßt ahnen, was das kurze Wort bei Markus (15,15): "Da ließ Pilatus, um dem Volke Genüge zu tun, ihnen Barabbas frei, Jesus aber ließ er geißeln und übergab ihn zur Kreuzigung." bedeutet."

(Aus J. Blinzler, Der Prozeß Jesu, Regensburg 1969)
 
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