54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
Datenschutzerklärung | Zum Archiv | Suche




1. Hoffnung tanken
2. Leserbrief
3. Der Prüfer der Früchte
4. 'Pro Familia' im Visier des Rechnungshofes
5. Im Eiltempo vom Abseits ins Aus
6. Kampf der Kulturen
7. Buchbesprechungen:
8. Religion und Tyrannis
9. Kampf der 'political correctness'
10. Die Heiligen ... sind Rentner
11. Maria, in den Himmel aufgenommen
12. 100 Jahre Antimodernisteneid
13. Von Gottes Barmherzigkeit
14. Das Lächeln des Dalai Lama... und was dahintersteckt
15. Mitteilungen der Redaktion - wichtige Hinweise
Maria, in den Himmel aufgenommen
 
- Maria, in den Himmel aufgenommen -

Zum 60. Jahrestag der Verkündigung des Mariendogmas von 1950

von
Norbert Dlugai

I. Einführende Vorbemerkungen

Jedes Jahr begeht die katholische Christenheit mit allem Glanz das Fest Mariä Himmelfahrt. Im Jahr 2010 erhält das Fest jedoch einen besonderen Charakter dadurch, daß vor sechzig Jahren, am 1. November 1950, Papst Pius XII. das Dogma von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel feierlich verkündete. Dies möge ein Anlaß sein, sich wieder einige grundlegende Gedenken über die Gottesmutter und ihre Stellung in der göttlichen Heilsordnung zu machen. Gerade in einer Zeit, da die geistigen Irrungen und Verwirrungen immer chaotischer werden.

II. Grundgedanken und Meditationen über die "in den Himmel Aufgenommene"

Die Verkündung des Dogmas von der leiblichen Aufnahme Marias in den Himmel durch Papst Pius XII. ist die heilsgeschichtlich-biblische begründete und zugleich als höchste Verehrung gedachte Konsequenz aus allem, was Maria ist, was sie umgibt und was ihre überragende Stellung in der Menschheitsgeschichte, und vor allem in der göttlichen Heilsordnung ausmacht und erklärt. Es war dem Pacellipapst somit vollauf bewußt, daß Maria in das "Credo" der Kirche gehört, weil sie sowohl im Evangelium als Mutter des Heilands und somit als Mutter Gottes, und desgleichen in der Geschichte der Verheißung eine einmalige Stellung einnimmt, was Pius XII. mit dem Dogma eindringlich zum Bewußtsein bringen wollte.

Insofern war es dem Papst ein Anliegen, der Welt und der Menschheit, Maria (wieder) als die große biblische Frauengestalt schlechthin zu bezeugen. Eine Frauengestalt, welche sich dem Willen Gottes uneingeschränkt unterwarf und die mit ihrer ganzen Existenz die Botschaft Christi bezeugte, und daher zum überragenden Vor- und Urbild des cnristlichen Glaubens und der Kirche geworden ist. Maria verkörpert so den Prototyp des durch Christus erlösten Menschen, und das ganzheitlich, wie es dem göttlichen Schöpfungsplan entspricht.

Was da ausgesagt wird, paßt vollauf in die Vorstellung von einem über jedem menschlichen Leben aufleuchtenden Urtypus sowohl natürlichen als ebenso übernatürlichen Charakters für alle jene, die in und mit der (wahren!) Kirche als Christen, und damit solidarisch mit Christus das wahre Heil ersehnen und erstreben in einer ganzheitlichen, totalen Hingabe. Aus dieser Sicht ist jedoch bei Maria bereits glaubensmäßig-dogmatisch gesichert, in ganzheitlicher Weise zum glorreichen Vollzug gekommen, was am Menschen erst am Ende der Zeiten geschehen und zur beglückenden Wirklichkeit werden soll, wenn und soweit der Mensch als in der Gnade Gottes Vollendeter aus der irdischen Zeitlichkeit geschieden ist.

Aber auch "im Himmel" bleibt die schon erfolgte Vollendung Mariens allen anderen Geschöpfen gegenüber von einer überaus innigen und beseligenden Gottesnähe gekennzeichnet - als gnadenvolle Zuwendung Gottes an das Geschöpf, das wegen der Gottesmutterschaft "hocherhaben und gebenedeit unter allen Frauen ist": mit dem Freisein von der Sündenschuld Adams, dem Christenvolk ganz bewußt ins Herz geschrieben mit der 1854 erfolgten Dogmatisierung durch Papst Pius IX.

Der Mensch aber soll, wie schon erwähnt, als das Wesen mit einer substantiellen Leib-Seele-Einheit in dieser Einheit übernatürlich verklärt, einer Wiederherstellung für würdig und fähig befunden werden, wenn er wie Maria sein Leben auf Christus und seine Botschaft der Gnade und des wahren Heils ausrichtet. Maria hat das in beispielgebender Weise vorgelebt durch ihre unbeugsame Bezeugung der Frohbotschaft und die absolute Hingabe an den Willen Gottes, sowie eine mehr als vorbildliche Haltung des Identifizierens mit der Kirche Christi. Das beweist u.a.die Tatsache, daß Maria zusammen mit der Jerusalemer Urgemeinde im Gebet um die Herabkunft des Heiligen Geistes versammelt war (Apg.1,14). Maria gehörte somit der Urgemeinde an und daher der sich entwickelnden Kirche.

Damit öffnet sich für uns ein weiterer Zugang zum Verständnis dessen, was Maria zum menschlich-gottebenbildlichen Urtypus des Bestimmtseins zum ewigen Heil werden läßt, und wir begreifen vielleicht nachhaltiger den Sinn und Hintergrund des Festes Mariä Heimgang oder Mariä Himmelfahrt. Und man muß wohl Gott und Papst Pius XII. danken, daß er mit der Verkündung des Dogmas von der Aufnahme Mariens mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit das Fest Maria Heimgang von einem besonderen Glanz überlagert ist und bleibt.

Dabei darf nicht unerwähnt bleiben, daß bei diesem Dogma nicht zuletzt jahrhundertealte Überlieferungen berücksichtigt wurden, die anschlußweise im Gesamtzusammenhang mit der Heiligen Schrift ihre Wurzeln haben. Im Lukas-Evangelium heißt es von Maria, "sie sei selig, weil sie geglaubt habe" (Lk. 1,45). Und weil sie als Gottesgebärerin die ganz und gar Glaubende und Begnadete war, gelten von ihr die Verheißungen des Glaubens in ganz besonderer Weise. Es erfährt dies schließlich eine Krönung durch das Privileg der vorweggenommenen Teilhabe am ewigen Leben, das dem bereitet ist, der im Schmuck der heiligmachenden Gnade Gott gegenübertreten kann. Insofern aber ist Maria der verehrungswürdige Idealfall hingebungsvollster Treue zu Gott und der von ihrem Sohn Jesus errichteten, auf Fels gebauten, einzig wahren Kirche Gottes.

So ist also bei Maria als Ideal ganzheitlicher Erlösung alles mit der Aufnahme in den Himmel zum verherrlichten Abschluß gekommen - in und mit der Kirche Gottes - als ein Zeichen der Hoffnung auf ein Inerfüllunggehen der Berufung zur Vollendung im Reiche Gottes - einmal auch für alle, die mit der im Heilsplan Gottes angesiedelten (wahren!) Kirche Christi leben.

Maria wiederum aber war insoweit von einer unübertroffenen heroisch-heiligen Vorbildfunktion, ausgestattet mit der reichsten Fülle an Übernatur und Gnade. Maria ist so nicht nur die Mutter der Christen, sondern der ganzen Kirche Christi, einer Kirche, deren wesentlichste Funktion durch einen eindeutigen marianischen Akzent seit Beginn mitgeprägt ist!

Wie sehr sind da jene vom Heiligen Geist inspirierten Gestalten der Kirche im Recht, welche Maria mit allen nur denkbaren Lobpreisungen im Kontext mit den Schriftzeugnissen umgeben haben, um der Einzigartigkeit und Hoheit der zur Würde der "Himmelskönigin" Erhobenen gerecht zu werden. Hierzu passen Gedanken von P. Gerhard Hermes in seinem Buch "Herrlichkeit der Gnade", wo es heißt: "In der Tat, es ist nichts Geringes, eine solche Fürbitterin und Mittlerin wie Maria, eine solche Schutzfrau und Mutter über sich, neben sich zu wissen, und wir sollten wahrhaftig 'voll Vertrauen hintreten zum Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit erlangen', wie es in der von Pius XII. eingesetzten Messe zum Unbefleckten Herzens Maria heißt. Der gleiche Papst mußte schon im Marianischen Jahr 1954 das Aufkommen eines 'marianischen Minimalismus' beklagen, und seither haben unheimliche Kräfte und Mächte eine Welle der Kälte, ja der Feindseligkeit gegen jene heraufgeführt, die ihre Mutterliebe und brennende Sorge dieser unserer bis in die Grundfesten erschütterten Zeit und Welt geradezu aufdrängt" (S. 203 f.). Darum ist es heutzutage im immer beängstigender werdenden Chaos notwendig, ja überlebens-wichtig, zu der von unendlicher Mutterliebe durchdrungenen wahren Königin des Himmels aufzublicken.

III. Der dornenreiche Weg zur Dogmatisierung

Es ist eine mehr als betrübliche Tatsache, daß man seinerzeit den Versuch unternahm, die Dogmatisierung der Aufnahme Mariens in den Himmel mit Leib und Seele zu verhindern, vor allem, weil ein nachdrücklicher Einspruch seitens der deutschen Theologie den Papst abhalten wollte, das Dogma zu verkünden. Damals hatte sich ein gewisser B. Altaner mit einer entsprechenden Artikelserie besonders unrühmlich hervorgetan.

Der Anti-Dogma-Einwand bemängelte, daß es sich nicht um die historische Überlieferung eines historischen Faktums handeln würde. Ebenso habe die quellenmäßige Bezeugung der Aufnahme Mariens in den Himmel nicht vor dem sechsten Jahrhundert begonnen, was nicht unbeachtet bleiben dürfe. Hingegen wäre, was die Auferstehung Christi betreffe, ein Hineinwachsen in die Geschichte festzustellen, und das hätte sich in der Historie kundgetan, einsichtig für jeden Christen.

Der Text der dogmatischen Bulle von 1950 trug diesen Unterschieden Rechnung, indem er bei Maria nicht den Terminus "Resurectio" verwendet, sondern "Assumptio ad caelestem gloriam" - also nicht "Auferstehung", sondern "Aufnahme - dem Leib und der Seele nach - in die himmlische Herrlichkeit". Die Formulierung des Dogmas verwendet somit in Bezug auf das, worauf es ankommt, keine historische, sondern eine theologische Aussage, die jedoch heilsgeschichtlich-biblisch unzweifelhaft vollauf begründet ist und es auch gegen alle Anfechtungen bleibt.

Papst Pius XII. wußte sehr wohl, was er tat, als er nach Rücksprache mit Repräsentanten der Kirche das Dogma verkündete - zu "Ehren des Sohnes, zur Verherrlichung der Mutter und zur Freude der ganzen Kirche", wie es im Text heißt. Eine Freude, die dem katholischen Christen auch nach 60 Jahren nicht genommen werden kann und andauern wird bis ans Ende der Zeiten.
 
(c) 2004-2018 brainsquad.de