IMMER NOCH TOTGESCHWIEGEN!
von
Nicolaas Maria Hettinga
In diesem Frühjahr werden es fünf Jahre sein, daß ich meinen Aufsatz
"Once more: a conspiracy of silence" ("Noch einmal: eine Verschwörung
des Schweigens") veröffentlichte. Jene, die dessen Inhalt zur Kenntnis
genommen haben, werden verstanden haben, daß mit den "intelligent
gentlemen" ("den intelligenten Herrschaften") um Mgr. Antonio de Castro
Mayer jene 28 Herren gemeint waren, die ihre Zustimmung zu einer
Publikation aus der Hand von R.P. Louis-Marie de Blignières und Abbé
Lucien gegeben hatten, und deren Namen im Anhang zu dem "Dokument,
angeboten durch eine Gruppe katholischer Akademiker und empfohlen durch
S.E. Mgr. A. de Castro Mayer" - gemäß einem Brief des Letztgenannten
vom 23. Mai 1983 - aufgeführt waren. Das Dokument selbst hat den Titel:
"Lettre à quelques évêques sur la situation de la Sainte Église et
Mémoire sur certaines erreurs actuelles suivis d'une annexe sur la
Liberté Religieuse" (auf Deutsch: "Brief an eine Anzahl von Bischöfen
über die Situation der Heiligen Kirche und Denkschrift über einige
Irrtümer dieser Zeit mit einer Beilage die Religionsfreiheit
betreffend"). Angesichts der Tatsache, daß de Bliginières seine
Auffassungen in wesentlichen Punkten geändert hat, müssen wir nun hier
nicht nur die Frage stellen, ob - in einer oder mehreren Erläuterungen
zu dem eben angeführten Dokument - die oben angesprochenen Akademiker
ihre Versicherung, die Redakteure auch weiterhin zu unterstützen, unter
den gegebenen Umständen aufrecht erhalten oder ob sie es vorziehen,
ihnen ihre Unterstützung zu entziehen. Zusätzlich müssen wir auch
fragen, wie S.E. Mgr. A. de Castro Mayer darauf reagiert und welche
Haltung er dazu heute einnimmt. Denn inzwischen?-nund dies ohne
Zustimmung seines "sehr Heiligen Vaters" - vier Bischöfe von Mgr.
Marcel Lefebvre konsekriert (oder 'konsekriert') worden, der übrigens
seinerzeit Mgr. Pierre Martin Ngo-dinh-Thuc für verrückt erklärte, als
er drei Priester zu Bischöfen konsekriert hatte. Allerdings vergaß Mgr.
Lefebvre damals anzugeben, daß Mgr. Ngo-dinh-Thuc zugleich bzw. kurz
nachher mit der Bekanntmachung der Bischofsweihen auch den Stuhl Petri
in Rom für vakant erklärt hatte (vgl. EINSICHT, Sonderheft vom März
1982).
Hätte Mgr. Lefebvre nun nicht auch - und dies um so eher, nachdem er am
5. Mai 1988 ein verfängliches Dokument der Übereinstimmung mit Rom
unterzeichnet hatte - vor den Bischofsweihen eine ähnliche oder
gleichartige Erklärung abgeben müssen? Aber auch eine in dieser Absicht
verfaßte Erklärung hätte im vorliegenden Fall keinesfalls ausgereicht.
Wenn er dazu imstande sein sollte, würde es für ihn auch gar nicht
unmöglich sein, in aller Öffentlichkeit ein vollständiges
Glaubensbekenntnis ablegen, worauf die röm-kath. Christen doch wohl ein
Recht haben, ein solches von ihm zu verlangen, nachdem er in dem am 5.
Mai unterzeichneten Dokument wesentlichen Punkten zugestimmt hatte (die
bisher nicht widerrufen wurden; Anm.d.Red.), die der Lehre der wahren
Kirche entgegen stehen und also nichts Gemeinsames mit unserer
Glaubensüberzeugung haben. Wenn er sich dazu aufraffen könnte, dürfte
es für ihn auch keine unüberwindliche Mühe darstellen, sich "sub
conditione" weihen bzw. konsekrieren zu lassen. Denn mit Recht muß die
wahre Intention des Spenders seiner Weihen, des Freimaurers Achille
Liénart - und ich zögere nicht, dies zu behaupten - in Zweifel gezogen
werden: vom hochrangigen Freimaurer kann doch nicht angenommen werden,
daß er gleichzeitig zwei Herren dienen könne! Daß man eine solche
Haltung nicht einnehmen kann, wurde auch durch Papst Alexander VIII. in
den Unterhandlungen mit den Jansenisten klar dargelegt (vgl. Denzinger
1318).
Noch eins: Wäre es nach all dem, was geschehen ist, nicht besser für
Mgr. Lefebvre, wenn er sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen und auf
weitere Aktionen verzichten würde, nachdem er sich öffentlich für seine
skandalösen Äußerungen gegenüber S.E. Mgr. Pierre Martin Ngo-dinh-Thuc
(mit dem er einmal sogar befreundet war! Anm.d.Red.) zu entschuldigen
und ihm eine angemessene Rehabilitierung zukommen zu lassen, zumal Mgr.
Ngo-dinh-Thuc nicht mehr unter den Lebenden weilt und seine damalige
Initiative leider so zielbewußt torpediert wurde?
Utrecht, Septuagésima 1989 (gez.:) Nicolaas Maria Hettinga |