ERKLÄRUNG
von
H.H. Pater Noel Barbara
Seit mehr als zehn Jahren, in denen wir versuchen, dem Sinn des
Glaubens und der ganzen katholischen Lehre zu folgen, haben wir die
Liturgiereform und die neue Lehre, die vom modernistischen Rom ausgeht,
zurückgewiesen. Wir dankten Gott, als Mgr. Lefebvre es wagte, seine
Stimme gegen die Konzilskirche zu erheben, als er der Kirche Priester
schenkte und den Gläubigen die Sakramente spendete.
Ein "schismatisches Konzil", das schriftliche Verlautbarungen enthält,
"welche mit der ganzen Tradition gebrochen haben", "Bastardsakramente",
ein Meßritus, in dem "den Hauptdogmen der hl. Messe widersprochen wird"
(Anm.: alle diese Zitate stammen von Mgr. Lefebvre), können nicht von
der Kirche und von ihrer Obrigkeit kommen. Diese vergifteten Früchte
stellen den Beweis dar, daß wir also seit Paul VI. keine Obrigkeit mehr
haben, ein Zustand, der bis jetzt noch nicht aufgehört hat.
Angesichts dieser Tatsache - daß wir keine Obrigkeit mehr haben - , hat
Mgr. Lefebvre rechtmäßig Firmungen und Priesterweihen vorgenommen*
haben treu gebliebene Priester die Sakramente gespendet, haben sie sich
nicht an etwaigen Verboten und Verurteilungen gestört, welche von
Personen kamen, die nur den Schein von Autorität der Kirche haben. So
haben wir den Novus Ordo Missae und die Konzilskirche mit gutem Recht
zurückgewiesen. So wurde auch der kath. Widerstand zur Verteidigung des
hl. Glaubens mit gutem Recht aufgebaut.Nun wird aber dieser Widerstand
gerade durch jene in Frage gestellt, die ihn unterstützen müßten.
Die vorliegende Bekanntmachung "der Haltung von Mgr. Lefebvre gegenüber
der 'Neu-Messe' und dem Papst" hat eine lebhafte Erregung und eine
tiefe Verwirrung bei mehr als einem Katholiken hervorgerufen. Der
Ansicht des Superiors von Ecône nach sei ein Teil der traditionstreuen
Katholiken von einem schismatischen Geist beseelt. Infolgedessen hat er
beschlossen, von seiner Bruderschaft all die auszuschließen, welche
Johannes Paul II. nicht als Papst anerkennen oder die Gültigkeit des
(sog.) N.O.M. nicht annehmen. Monseigneur hat diese Entscheidung in
"Cor unum", dem Rundbrief für die Brüderschaft veröffentlicht. Dann, um
eine größere Verbreitung zu gewährleisten, in Heft 13 (Jan./Febr. 198o)
von "Fideliter", der Zeitschrift für die Priorate Frankreichs und
Belgiens. Diese Stellungnahme wurde dann von Dom Gérard, dem Prior der
Benediktiner in Bédoin erläutert und noch radikalisiert. In der
Januar-Nummer der "Lettre de la Péraudière" (Nr.97) wurden beide Texte
- der von Mgr. L. und der von D. Gérard - veröffentlicht. In "Combat de
la Foi" Nr.53 vom Febr. 8o gibt H.H. Abbé Coache seiner Zufriedenheit
darüber Ausdruck, daß Monseigneur diese "Klärung des Standpunktes"
publiziert habe; er hält sie für'sehr energisch, sehr realistisch, sehr
mäßig und theologisch fundiert".
Soviel Reklame für diese Stellungnahme von Mgr. Lefebvre läßt es nicht
mehr zu,daß wir uns in Schweigen hüllen. Somit haben wir beschlossen,
auf die schwerwiegenden Anklagen, die darin zum Ausdruck kommen, zum
Wohl der verwirrten Gläubigen zu antworten. Die Erklärung von Mgr.
Lefebvre, von Dom Gérard übernommen und von H.H. Abbé Coache
gutgeheißen, verlangt die Anerkennung der beiden folgenden Sätze:
1. Satz; "Die neue Messe, wie sie von der Liturgiekommission formuliert
worden ist, mit allem, was vom Konzil bewilligt wurde" ist gültig und
ist gleichzeitig "sakrilegisch", "bringt unseren Glauben in Gefahr",
'sie hat ihren übernatürlichen Charakter verloren, 'ihr Geheimnis des
Glaubens', wovon nur noch ein Akt der natürlichen Religion
übrigbleibt".
2. Satz; Johannes Paul II. ist nach Paul VI. rechtmäßiger Papst, dem
man öffentlich widerstehen soll, weil er liberal ist, ohne jedoch
häretisch zu sein.
Zu Satz 1: Dieser Satz ist im Hinblick auf den katholischen Glauben unannehmbar.
Denn: entweder stammt der N.O.M. von der apostolischen Autorität, dann
ist er als solcher gültig und könnte als solcher unmöglich gleichzeitig
sakrilegisch sein und für uns glaubensgefährdend. Denn die apostolische
Autorität, die dobh den Beistand von unserm Herrn sogar im ordentlichen
Lehramt besitzt, würde in keiner Weise den Gläubigen jemals einen
Skorpion unter den Gestalten des Brotes geben. (Anm.: Da der Papst die
volle
Unfehlbarkeit besitzt, welche Jesus Christus seiner Kirche verliehen
hat, muß man also schlußfolgern, daß die Unfehlbarkeit auch vorliegt -
im gleichen Maße als auch zu den gleichen Bedingungen -, wenn eine
dogmatische oder sittliche Lehre in Gesetzen und Dekreten praktisch
enthalten ist, die durch den Papst für die Gesamtkirche verordnet
werden. (Vgl. Diet. Theol. cath. T7, col.1766.)
Oder: der N.O.M. ist "sakrilegisch", "er bringt unsern Glauben in
Gefahr", "er hat seinen übernatürlichen Charakter verloren, ja sein
Geheimnis des Glaubens, wovon nur noch ein Akt der natürlichen Religion
übrigbleibt", dann kann er nicht von der apostolischen Autorität
stammen - aus dem gleichen Grund wie oben bereits angegeben.
Zu Satz 2: So verhält es sich auch mit diesem Satz. Entweder ist
Johannes Paul II. rechtmäßiger Papst, dann muß man ihm in allem
gehorchen, was nicht Sünde ist - und in jedem Bistum dem Ortsbischof,
der in Gemeinschaft mit Joh. Paul II. steht -, selbst dann, wenn man
bei sich denkt, diese oder jene seiner Handlungen sei von einem zu
großen Liberalismus eingegeben. Man muß sich selbst in einem solchen
Fall unterwerfen, wenigstens im Forum externum, und insbesondere
gegenüber seinen disziplinarischen Maßnahmen (Interdikte,
Suspendierungen, unwesentlichen Ritenveränderungen usw.).
Oder: man ist im Recht, wenn man ihm auf dem Gebiete der prudentiellen
Amtsführung widersteht;- das beinhaltet aber per se - im Hinblick auf
den katholischen Glauben - die Ablehnung seiner Jurisdiktion und
folglich auch seiner Rechtmäßigkeit.
Von beiden Sätzen ist also der eine wie der andere zusammenhanglos und
mit der gesunden katholischen Lehre unvereinbar; die einfachen
Gläubigen werden dadurch in Verwirrung gebracht. Würden solche Sätze
dem katholischen Widerstand tatsächlich aufgezwungen, so würde das
früher oder später zur Annahme einer heterodoxen Lehre über die
apostolische Obrigkeit führen. Es käue dann zu einer (wirklichen)
schismabischen Verhaltensweise, weil man sich weigern würde, der
anerkannten Obrigkeit Gehorsam zu leisten.
Darin liegt wohl nicht der angestrebte Zweck derer, die diese Sätze
vertreten. So sehen aber die Folgen aus, die sie in sich bergen.
Der Ernst der Lage wird deutlich, wenn man bedenkt, daß solch
verworrene Gedankengänge durch eine bedauerliche Publizität verbreitet
werden, daß sich manche in der Regel weigern, die wichtigen Grundfragen
anzupacken, daß eine Atmosphäre zugunsten einer einseitigen Beendigung
des Kampfes für den Glauben entsteht. Wir lenken die Aufmerksamkeit
aller auf die unbedingte Notwendigkeit, daª Gewissen in diesen Fragen
zu erleuchten und die Gefahr für die Treue zur Kirche zu erkennen, wenn
es zu irgend einem lehrmäßigen Abkommen gemäß der Klugheit des
Fleisches käme.
Wenn wir bisher Widerstand geleistet haben, so geschah das nicht, um
nun schließlich bloß an diesem Punkt anzugelangen. Wir sind katholisch
und wollen es mit Gottes Hilfe bleiben. Wenn wir uns weigern, die
Diktate der Konzils'kirche' zu befolgen, so deshalb, weil wir den
Willen der Kirche Christi darin nicht finden. Uns ist es klar - und das
wiederholen wir: Mgr. Lefebvre hat mit gutem Recht Firmungen und
Priesterweihen vorgenommen; die Priester haben die Sakramente mit gutem
Recht gespendet; die Verbote der Schein-Inhaber der Autorität wurden
mit gutem Recht für null und nichtig erklärt. Indem wir so handelten,
waren wir keine Schismatiker. Wir sind auch nicht schismatisch, wenn
wir nun in Zukunft so handeln! Warum mußten wir nur solche Einsichten
aufwärmen?
Père Barbara,
Redakteur von FORTS DANS LA FOI
29, rue d'Amboise, F-37ooo - tours
Anmerkung der Redaktion:
dies nur für den Fall, daß Mgr. Lefebvre einmal aus der Überzeugung
gehandelt haben sollte, daß die Amtskirche abgefallen ist und wir uns
in einer Notlage befinden. |