Der Papst steht in der kath. Kirche nicht zur Disposition
von
Frà Prospero da Velletri O.F.M.
übersetzt von Elfriede Meurer
(aus: "Il Nuovo Osservatore Cttolico" Nr. 2, Nov-Dez. 1997 - aus KYRIE ELEISON Nr.4, Okt.-Dez. 1998)
Eine irrige Auffassung von der Kirche breitet sich leider zur Zeit in
den traditionalistischen Reihen aus. Viele Priester, welche die Kirche
nie in geordnetem Zustand gekannt haben, weil sie bedauerlicherweise in
dieser Zeit kirchlicher Zerrüttung geweiht wurden, tragen durch Taten,
Reden, Schriften und Verhalten dazu bei, den Gläubigen die irrige und
falsche Auffassung einzuprägen, für die Katholiken, welche den Glauben
weiterhin bewahren wollen, genüge es, den hl. Rosenkranz zu beten und
die hl. Messe nach dem vom hl. Pius V. kodifizierten Ritus zu besuchen.
Und sie behaupten, es bringe ihren Seelen praktisch keinen Nutzen, wenn
sie sich weitere Probleme hinsichtlich der institutionellen Ordnung
machten.
Nun sind die Dinge aber nicht so, wie sie scheinen könnten.
In der von unserem Herrn gegründeten Kirche kommt man nicht daran
vorbei, mit dem Papst vereint und ihm untergeordnet zu sein. "Der Papst
ist die lebendige Glaubensnorm, der man in der Kirche folgen muß, um zu
glauben und tatsächlich folgt", sagt Kardinal Billot in seinem Lehrwerk
"De Ecclesia Christi". Die Glaubensnorm in der Kirche ist also nicht
der einzelne Bischof oder der einfache Priester, sondern der Papst, der
von Christus als Grundstein eingesetzt wurde, auf dem der ganze Bau der
Kirche ruht. Nicht nur berühmte Theologen haben die Notwendigkeit der
Unterwerfung unter die Entscheidung des Papstes erklärt, auch das
Lehramt der Kirche hat diesen Grundsatz definitiv sanktioniert, nach
welchem es für das eigene Seelenheil notwendig ist, der Autorität des
Papstes unterworfen zu sein.
Papst Bonifaz VIII. hat ihn in der Bulle "Unam Sanctam" klar definiert:
"Wir erklären, behaupten, bestimmen und verkünden, daß es für alle
Menschen unbedingt zum Heil notwendig ist, sich dem römischen Papst zu
unterwerfen" (DS 875). Pius XI. fügt in der Enzyklika "Mortalium
animos" noch hinzu: "In dieser einen Kirche ist wahrlich niemand und
verbleibt niemand, der nicht die höchste Autorität des Petrus und
dessen rechtmäßigen Nachfolgers gehorsam anerkennt und annimmt".
Noch Pius XII. hat in der Enzyklika "Vos omnes" bekräftigt: "Niemand
möge euch den Ruhm der gesunden Lehre und des frommen, dem Statthalter
Christi geschuldeten Gehorsams entreißen, noch sei Platz unter euch für
jene Art des Hochmuts der freien Prüfung, der eher einer heterodoxen
als der katholischen Mentalität eigen ist, durch den man nicht davor
zurückschreckt, sogar die Anordnungen, die von diesem Apostolischen
Stuhl kommen, dem Sieb des eigenen Urteils zu unterziehen."
Im Lichte der Äußerungen des Lehramts ist es daher offensichtlich, daß
die Teilnahme an den Sakramenten und die frommen Andachtsübungen nicht
ausreichend sind für das ewige Heil.
Die albernen und abscheulichen von einigen Pseudo-Theologen der
Bruderschaft St. Pius X. vertreten Forderungen nach einem
"Leuchtturm-Bischof", der die schwierige Aufgabe hätte, die
Entscheidungen des Nachfolgers Petri zu sichten und durch ein Sieb zu
geben, kommen der jansenistischen Häresie und ähnlichen sehr nahe oder
einfacher:
Sie offenbaren die abgrundtiefe Unkenntnis der katholischen Theologie
auf seiten ihrer Verfechter. All das wird unermüdlich
vertreten zu dem einfachen Zweck, die Fragen nicht zu beantworten, die
beharrlich von denen gestellt werden, welche eine theologische Lösung
für das Drama suchen, das sich vor ihren Augen abspielt: die allgemeine
Apostasie.
Die katholische Kirche kann nicht ohne den Papst auskommen, der mit
seinem Lehramt, um einen dem hl. Pius X. teuren Ausdruck zu benutzen,
"die Säule und Grundfeste der Wahrheit ist"; der heutige Zustand ist
eine rechtlich außergewöhnliche Situation, der man eine Erklärung aus
dem Recht und aus dem Glauben geben muß, und nicht aus der
Frömmigkeit.
Nun könnte jemand einwenden, daß, wenn man in die theologische
Spekulation eindringen wolle um nachzuprüfen, ob Karol Wojtyla wirklich
der rechtmäßige Nachfolger Petri ist, man ein Geheim-nis durchdringen
wolle, das zu erforschen nicht erlaubt ist.
Es läßt sich kein Geheimnis entdecken in der Tatsache, die offen vor
allen daliegt: die Unmöglichkeit, den Lehren Wojtylas zu folgen, die
uns "in bängstigender Weise" von der katholischen Lehre entfernen und
uns logischerweise zu dem Schluß führen, daß der, welcher auf dem
Throne Petri sitzt, nicht sein rechtmäßiger Nachfolger sein kann. Das
Geheimnis liegt darin, wie es möglich ist, daß die Sichtbarkeit der
Kirche bei der allgemeinen Apostasie fast des gesamten Klerus
fortdauern kann.
Andere wiederum behaupten, zu wissen oder nicht, ob der, welcher den
päpstlichen Stuhl innehat, rechtmäßiger Papst ist, habe vom praktischen
Gesichtspunkt her wenig Einfluß darauf, wie sich die einfachen Priester
und die Gläubigen verhalten sollten.
Das ist der schleichende Irrtum! Für die Gläubigen und vor allem für
die Priester ist es angesichts der oben zitierten Argumentationen des
Lehramtes in bezug auf ihr ewiges Heil wichtig, ja sogar äußerst
wichtig zu wissen, warum man den aus dem Vatikan kommenden Anordnungen,
Gesetzen und Riten systematisch nicht gehorcht. Dann gibt es Leute, die
naiv behaupten, diese Problematik anzupacken führe unvermeidlich zur
Spaltung unter den treu gebliebenen Katholiken.
Leider ist dies zum Teil wahr, aber nicht deretwegen, welche das Fehlen
der Autorität in der Kirche verstehen und erklären wollen, sondern
deretwegen, welche das Problem nicht anpacken wollen, ja sogar fordern,
Stillschweigen über das Thema zu breiten, um nicht schwankende Stühle
von Oberen in religiösen Häusern oder "dergleichen" zu
verlieren.
Die Einheit wird schließlich auf die Wahrheit gebaut und nicht auf die
Mehrdeutigkeit. In der Tat lehrt uns die Geschichte, daß alle auf
Doppeldeutigkeiten und faule Kompromisse gebauten und gegründeten
Vereinigungen dazu bestimmt sind, sich innerhalb kurzer Zeit aufzulösen
und noch größere Spaltungseffekte hervorzubringen.
Es ist also notwendig, das Problem gemäß der Theologie und dem Recht
anzupacken, welche uns die Anwort bereits geliefert haben: das
Nichtbestehen der Autorität in der Person Karol Wojtylas, des
öffentlichen Häresiarchen und Apostaten sowie Usurpators' auf dem
Stuhle Petri.
Was bleibt den treu gebliebenen Katholiken zu tun, um nicht die letzten
Kräfte zu vergeuden: diesem entchristlichten Jahrhundert wenigstens ein
Zeichen zu geben, und sei es noch so klein. Deshalb soll eine
Vereinigung aller treu gebliebenen Priester, Bischöfe und Gruppen von
Katholiken organisiert werden, welche die Tatsache anerkennen, daß der
Apostolische Stuhl vakant ist, um der Welt gegenüber zu signalisieren,
daß nicht alle Katholiken die falsche Autorität Johannes Pauls II.
anerkennen, sondern daß sie seine Lehre, seine Unterweisungen und die
öffentlichen Akte der Apostasie verurteilen, die er mit der
finanziellen Hilfe der internationalen Freimaurerei gewohnheitsmäßig
begeht. Aus diesem Grunde sind die Gebete aller
notwendig und die Annahme der Demütigungen, die das standhafte
Bekenntnis des Glaubens uns täglich zu ertragen zwingt.
Die kirchliche Unordnung, die seit nunmehr vierzig Jahren auf den
Katholiken lastet, findet ihre Analogie im Leiden und Sterben unseres
Herrn. Als das unbefleckte Opferlamm sein Blut am Stamm des Kreuzes
vergoß, wo waren da seine Jünger? Sie waren geflohen! Nur die hl.
Jungfrau war unerschütterlich fest im Glauben geblieben. Nur sie hatte
verstanden, daß dies nicht das Ende war, sondern der Anfang des Heils.
An sie müssen wir uns mit unseren Bitten beharrlich wenden und alle
unsere Opfer bringen, damit sie - wie bei Lepanto - den Kranz des
Sieges über die Feinde des Glaubens gewährt und mit ihrem Fuß den Kopf
der alten Schlange zertritt, auch wenn diese vergeblich versuchen wird,
ihrer Ferse nachzustellen.
Setzen wir also unsere ganze Hoffnung auf die hl. Jungfrau Maria, die
alle Häresien und alle Irrtümer der modernen Welt besiegen und uns am
Ende eine Zeit des Friedens in ihrem Unbefleckten Herzen schenken wird.
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Zitate:
"Kirche nicht das Monopol der Wahrheit"
Pater Claude Geffre OP, Professor am Institut catholique de Paris,
Dekan der theologischen Fakultät von Saulchoir, Direktor der Ecole
biblique von Jerusalem, in "Le Monde" vom 25. Januar 2000:
"Beim II. Vatikanischen Konzil entdeckte und akzeptierte die
katholische Kirche, daß sie nicht das Monopol der Wahrheit besitzt, daß
sie ihr Ohr für die Welt öffnen muß, daß sie sich nicht nur durch
andere religiöse Traditionen belehren lassen muß, sondern auch durch
die Neulesung der grundlegenden Rechte des menschlichen Gewissens. Alle
Religionen müssen sich für diesen universellen Konsens öffnen. Alle
werden aufgerufen durch das Bewußtsein der Rechte und der Freiheit des
Menschen. Jene (Religionen), die sich diesen legitimen Ansprüchen
widersetzen, sind dazu verurteilt, sich zu reformieren oder zu
verschwinden. Sich zu reformieren bedeutet in diesem Zusammenhang
zuzulassen, daß die Öffnung gegen die Forderungen des modernen
menschlichen Bewußtseins nicht im Gegensatz steht zur Treue zum Inhalt
ihrer Offenbarung". |