54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
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1. DIE AUFERSTEHUNG - EINE OSTERPREDIGT
2. ERLÖSER DES MENSCHEN?
3. JOHANNES PAUL II.
4. DER ABGRUNDTIEFE HASS
5. S. E. Erzbischof Marcel Lefebvre spricht - 33. Teil
6. ERKLÄRUNG
7. STELLUNGNAHME GEGEN DIE VORWÜRFE, DIE GEGEN DAS VON DER SAKA GEPLANTE SEMINAR GERICHTET SIND.
8. Um der Wahrheit willen
9. OFFENE FRAGEN AN H.H. PFARRER HANS MILCH
10. KEINE KOEXISTENZ!
11. DAS 4. GEBOT
12. EINIGE GEDANKEN ZUM PROBLEM DER STÄNDIGEN SEXUELLEN PROVOKATION
13. KATECHISMUS DER KATHOLISCHEN RELIGION
14. IM GEDENKEN AN...
15. DER MOLOCH VON HEUTE
16. POUR VOUS ET POUR TOUS - LE PROGRAMME DE JEAN-PAUL II
17. NACHRICHTEN, NACHRICHTEN, NACHRICHTEN
18. MITTEILUNGEN DER REDAKTION
S. E. Erzbischof Marcel Lefebvre spricht - 33. Teil
 
S.E. Erzbischof Marcel Lefebvre spricht - 33. Teil

Grundsätzliche Stellungnahme Erzbischof Marcel Lefebvres h
insichtlich der Neuen Messe und des Papstes


aus der Zeitschrift der Pnesterbruderschaft St. Pius X. "Fidehter", Nr. 13, Janner-Februar 1980
Herausgegeben vom Osterr. Sekretariat der Priesterbruderschaft St. Pius X., 1016 Wien
deutsche Übersetzung von Dr Ferdinand Steinhart


Erzbischof Lefebvre ersucht uns, eine Zusammenfassung der wesentlichen Punkte semer m semen Schriften und Ansprachen zum Ausdruck gebrachten Grundsatze betreffend jene beiden Probleme, die das Gewissen der der Übeiliefenmg treu gebliebenen Katholiken beunruhigen, bekannt zu machen: die Gültigkeit des Novus Ordo Missae und wann ein Papst sein Amt zurecht innehat.

Im Lauf dieser letzten zehn Jahre habe ich des öfteren Gelegenheit gehabt auf diese Fragen, die überaus schwerwiegend Mnd, zu antworten Ich habe mich immer bemüht dem Geist der Kirche treu zu bleiben im Einklang mit ihren theologischen Prinzipien die ihren Glauben ausdrucken, und mit ihrer pastoralen Klugheit wie sie in derMoraltheologie und in der Erfahrung aus ihrer Geschichte zum Ausdruck kommt.

Ich glaube sagen zu können, daß ich hinsichtlich dieser Dinge nie meine Ansichten geändert habe und daß diese Geisteshallung glücklicherweise auch die der überwiegenden Mehrzahl der Priester und der Glaubigen ist, die der unfehlbaren Überlieferung verbunden sind.

Es ist klar daß diese wenigen Zeilen nichtausreichen, um eine erschöpfende Studie dieser Problemevorzunehmen. Vielmehr geht es hier darum, die Schlußfolgerungen offenherzig so darzulegen, daß niemand über die Zielsetzungen und den Geist der Priesterbruderschaft St Pius X. im unklaren sein kann.

Zur Frage der Neuen Messe

Machen wir unverzüglich die widersinnige Vorstellung zunichte: "Wenn die Neue Messe gültig ist, kann man also auch an ihr teilnehmen". Die Kirche hat es immer verboten, an Messen von Schismatikern und Häretikern teilzunehmen, selbst wenn diese Messen gültig sind. Es ist klar, daß man nicht an saknlegischen Messen teilnehmen kann, noch an Messen, die unseren Glauben gefährden.

Nun ist es leicht zu beweisen, daß die Neue Messe, so wie sie von der Liturgiekommission formuliert wurde, mit allen vom Konzil offiziell gegebenen Ermächtigungen, mit allen Erklärungen von Msgr Bugnin eine unerklärliche Annäherung an die protestantische Theologie und den protestantischen Kult zeigt.

Vor allem werden folgende fundamentale Dogmen bezüglich der hl. Messe nicht mehr klar zum Ausdruck gebracht und finden sogar Widerspruch der Priester ist der alleinige Diener am Altar, es hegt ein wahres Opfer eine Opferhandlung vor das Schlachtopfer die Opfergabe ist Unser Herr Jesus Christus selbst der mit Seinem Leib. Seinem Blut. Seiner Seele und Seiner Gottheit unter den Gestalten des Brotes und des Weines gegenwärtig ist, dieses Opfer ist ein Sühnopfer, das Opfer und das Sakrament werden durch die Worte der Konsekration vollzogen und nicht durch die Worte, die vorangehen oder nachfolgen.

Es genügt, einige der Neuerungen anzuführen, um sich von der Annäherung an den Protestantismus zu überzeugen:
den in einen Tisch ohne Altarstein umgewandelten Altar,
die Einführung, daß der Priester die Messe dem Volk zugewendet zelebriert,
die Konzelebration,
die Messe in der Landessprache, die Messe laut gelesen,
die Messe in zwei Teilen die Liturgie des Wortes und die der Eucharistie,
das profanierte Altargerät,
das gesäuerte Brot,
die Austeilung der Eucharistie durch Laien und die Handkommunion,
die Unterbringung des Allerheiligsten in der Wand,
die Vornahme der Lesungen durch Frauen,
die Spendung der Kommunion an Kranke durch Laien.

Es handelt sich hier um lauter Neuerungen, die kirchenamtlich autorisiert sind. Man kann also ohne jede Übertreibung sagen, daß die meisten dieser Messen sakrilegisch sind und daß sie den gesamten Glauben verderben, indem sie ihn verkürzen. Die Entsakralisierung geht so weit, daß diese Messe ihren übernatürlichen Charakter verliert, ihr "Geheimnis des Glaubens", um nur mehr ein Akt einer natürlichen Religion zu sein.

Diese Neuen Messen können nicht nur nicht Gegenstand einer Verpflichtung sein, durch ihren Besuch die Sonntagspflicht zu erfüllen. Man muß vielmehr auf sie die kanonischen Bestimmungen anwenden, die die Kirche auf die "commumcatio in sacris" (Gemeinschaft im Gottesdienst) mit den schismatischen orthodoxen und mit den protestantischen Gottesdienstformen anzuwenden pflegt.

Ist dies gleichbedeutend damit, daß alle diese Messen ungültig sind? Es ist nicht einzusehen, wie man das behaupten konnte, wenn die wesentlichen Voraussetzungen für die Gültigkeit vorliegen, daß heißt die Materie, die Form, die Intention und der gültig geweihte Priester.

Die Gebete des Offertoriums, des Kanons und der Kommunion des Priesters, die die Konsekration umgeben, sind zur Unversehrtheit des Opfers und des Sakramentes notwendig, aber nicht zu seiner Gültigkeit Als Kardinal Mindszenty in seinem Gefängnis heimlich die Worte der Konsekration über etwas Brot und Wein gesprochen hat, um sich vom Leib und vom Blut Unseres Herrn Jesus Christus zu nähren, ohne von semen Wächtern bemerkt zu werden, hat er sicherlich das Opfer und das Sakrament vollzogen.

Es ist offenkundig, daß es in dem Maß immer weniger gültige Messen gibt, als der Glaube der Priester verfällt und diese nicht mehr die Intention haben, das zu tun, was die Kirche immer getan hat, denn die Kirche kann diese ihre Intention nicht ändern. Die gegenwärtige Ausbildung derer, die man heute Seminaristen nennt, bereitet sie nicht darauf vor, gültige Messen zu vollziehen. Das Sühnopfer der Messe darzubringen, ist nicht mehr die wesentliche Aufgabe des Priesters. Nichts ist enttäuschender und trauriger als die Lektüre von Ansprachen und amtlichen Mitteilungen der Bischöfe betreffend Berufungen oder anläßlich einer Priesterweihe. Sie wissen nicht mehr, was der Priester ist.
 
Um jedoch über die subjektive Schuld derer zu urteilen, die die Neue Messe feiern und derer, die ihr beiwohnen, müssen wir die Regeln zur Unterscheidung der Geister nach den Richtlinien der Moral- und der Pastoraltheologie anwenden. Wir müssen immer als Seelenarzte handeln und nicht als Richter und Henker, wie diejenigen zu tun versucht sind, die von verbittertem Eifer und nicht vom wahren Eifer beseelt sind Wenn sich doch die jungen Priester nur von den Worten des hl. Pius X. in seiner ersten Enzyklika inspirieren ließen und von zahlreichen Texten bekannter geistlicher Schriftsteller wie eines Dom Chautard in "Die Seele allen Apostolat es", eines Garngou-Lagrange im zweiten Band der "Christlichen Vollkommenheit und Kontemplation" oder eines Dom Marmion m "Christus als Ideal des Mönches"!

Kommen wir zur zweiten nicht weniger wichtigen Frage!

"Haben wir wirklich einen Papst oder einen auf dem Stuhl Petri sitzenden Eindringling?"

Glücklich jene, die lebten und gestorben sind, ohne sich eine derartige Frage stellen zu müssen! Man muß anerkennen, daß Papst Paul VI für das Gewissen der Katholiken ein ernstes Problem darstellte und noch darstellt. Ohne seine Schuld an der schrecklichen Zerstörung der Kirche unter seinem Pontifikat zu suchen oder sie zu kennen, muß man doch zugeben, daß er die Wirksamkeit der Ursachen dieser Zerstörung auf allen Gebieten beschleunigt hat. Wie konnte ein Nachfolger Petri in so kurzer Zeit der Kirche größeren Schaden zufügen als die Revolution von 1789? Man konnte sich das fragen.

Präzise Fakten wie die Unterzeichnung des Artikels VII der Instructio zum Novus Ordo Missae und ebenso des Dokumentes über die Religionsfreiheit sind skandalös und für manche Leute der Anlaß zu behaupten, daß dieser Papst Häretiker und infolge der Tatsache seiner Häresie nicht mehr Papst gewesen sei.

Die Folgen dieser Tatsache seien, daß die Mehrzahl der derzeitigen Kardinäle nicht Kardinäle und daher unfähig seien, einen anderen Papst zu wählen. Die Päpste Johannes Paul I. und Johannes Paul II. seien also nicht legitim gewählt. Es sei also unzulässig, für einen Papst zu beten, der kein Papst sei und mit jemandem zu verhandeln, der keinen Rechtstitel habe, den Stuhl Petri einzunehmen.

Wie beim Problem der Ungültigkeit der Messe vereinfachen auch diejenigen, die behaupten, daß es keinen Papst gäbe, zu sehr die Probleme. Die Wirklichkeit ist viel komplexer.

Wenn man sich ernstlich mit der Frage befaßt, ob ein Papst häretisch sein kann, sieht man, daß das Problem nicht so einfach ist, wie man glauben wurde. Die sehr objektive Studie über diesen Gegenstand von Plinio da Silveira zeigt, daß eine beträchtliche Anzahl von Theologen der Ansicht ist, daß der Papst wohl als privater Lehrer häretisch sein kann, nicht aber als Lehrer der Gesamtkirche. Man mußte also prüfen, in welchem Maß Papst Paul VI. in diesen verschiedenen Fällen, in denen er der Haresie nahe, wenn nicht gar häretische Texte unterzeichnet hat, seine Unfehlbarkeit in Anspruch nehmen wollte.

Wir konnten nun sehen, daß Papst Paul VI in diesen beiden Fällen, wie in vielen anderen, viel mehr als Liberaler handelte, als daß er sich der Haresie zuwendete Denn sobald man ihm die Gefahr zeigte, der er sich aussetzte, gestaltete er den Text dadurch widersprüchlich, daß er eine Formel anfügte, die das Gegenteil dessen beinhaltete, was im bisherigen Text behauptet wurde, oder dadurch daß er die ursprüngliche Formel durch eine doppelsinnige ersetzte - das Charaktenstikum des Liberalen, dessen Gedankengange seiner Natur nach zusammenhanglos sind.

Der Liberalismus Pauls VI., der auch von Kardinal Danielou, seinem persönlichen Freund, zugegeben wird, genügt, um die Katastrophe seines Pontifikates zu erklären. Besonders Papst Pius IX. hat viel über den katholischen Liberalen gesprochen, den er als den Zerstörer der Kirche betrachtete. Der katholische Liberale ist an Mensch mit zwei Gesichtern, der in ständiger Widerspruchlichkeit lebt Er will Katholik bleiben und ist von der Sucht besessen, der Welt zu gefallen Er bekräftigt seinen Glauben, hat aber gleichzeitig Angst, zu dogmatisch zu erscheinen, und handelt praktisch wie die Feinde des katholischen Glaubens.

Kann ein Papst liberal sein und doch Papst bleiben? Die Kirche hat die liberalen Katholiken immer streng getadelt. Sie hat sie aber nicht alle exkommuniziert.

Auch hier müssen wir im Geist der Kirche verbleiben Wir müssen den Liberalismus zurückweisen, woher immer er kommen möge, weil die Kirche ihn immer scharf verurteilt hat, weil er im Gegensatz steht zum Königtum Unseres Herrn und im besonderen zu Seinem Königtum auf Erden.

Machen die Entfernung der über 80 Jahre alten Kardinäle und die geheimen Absprachen, die die beiden letzten Konklaven vorbereitet haben, nicht die Wahl dieser Papste ungültig? Ungültig ware zuviel behauptet, aber eventuell zweifelhaft Jedenfalls genügt die praktische und einmütige nachträgliche Annahme der Wahl durch die Kardinale und den römischen Klerus, um die Wahl gültig zu machen Das ist die Ansicht der Theologen. Die Sichtbarkeit der Kirche ist für ihre Existenz zu notwendig, als daß man annehmen könnte, Gott wurde sie für Jahrzehnte aufheben.

Die Gedankengänge derer, die behaupten, es gebe derzeit keinen Papst, wurden die Kirche m eme ausweglose Situation bringen. Wer wird uns sagen, wo der zukünftige Papst ist! Wie wird er bestimmt werden können, wenn es keine Kardinale mehr gibt! Dieser Geist ist ein schismatischer Geist, zumindest bei der Mehrzahl der Glaubigen, die sich wahrhaft schismatischen Sekten anschließen, wie jener von Palmar de Troya, jener der Lateinischen Kirche von Toulouse etc.

Unsere Bruderschaft lehnt es entschieden ab, sich auf Erörterungen dieser Art einzulassen Wir wollen mit Rom, mit dem Nachfolger Petri, eng verbunden bleiben, aber wir weisen dessen Liberalismus aus Treue zu seinen Vorgängern zurück. Wir scheuen uns nicht, es ihm in aller Ehrfurcht, aber mit Festigkeit zu sagen, wie der hl Paulus es dem hl. Petrus gegenüber getan hat.

Eben deshalb sind wir weit davon entfernt, uns zu weigern, für den Papst zu beten, vielmehr verdoppeln wir unsere Gebete und unser Flehen, daß der Heilige Geist ihm Licht und Kraft gebe, bei der Bekräftigung und bei der Verteidigung des Glaubens Eben deshalb habe ich es auch nie abgelehnt, mich aufsein Ersuchen oder auf Ersuchen seiner Beauftragten nach Rom zu begeben. Die Wahrheit muß in Rom mehr als an welchem Ort immer bekräftigt werden Sie gehört Gott, der sie triumphieren lassen wird.

Folglich kann auch die Priesterbruderschaft St Pius X. mit allen ihren Patres, ihren Brüdern, ihren Schwestern, ihren Oblaten, keine Mitglieder in ihrer Mitte dulden, die es ablehnen, für den Papst zu beten und die behaupten, daß alle Messen des Novus Ordo ungültig sind Sicherlich leiden wir an der standigen Widersprüchlichkeit, die dann besteht, alle liberalen Zielsetzungen des Zweiten Vatikanischen Konzils zu loben und sich gleichzeitig zu bemühen, deren Auswirkungen zu mildern. Gerade das muß uns anspornen zu beten und die Überlieferung standhaft zu bewahren, aber ohne uns dazu verleiten zu lassen zugleich zu behaupten, daß der Papst nicht Papst sei.

Daraus folgt, daß wir einen missionarischen Geist haben müssen, derja der wahre Geist der Kirche ist, daß wir alles tun müssen fur das Reich Unseres Herrn Jesus Christus nach der Devise unseres heiligen Patrons, des hl PiusX. "Instaurare omnia in Christo" alles in Christus erneuern, und daß wir, wie Unser Herr bei Seinem Leiden, alles ertragen müssen fur das Heil der Seelen, für den Tnumpfh der Wahrheit.

"In hoc natus sum (Dazu bin ich geboren)", sagt Unser Herr zu Pilatus "ut testimomum perhibeam veritati (um der Wahrheit Zeugnis zu geben)"

"Ich bin geboren, um für die Wahrheit Zeugnis abzulegen "


+ Marcel Lefebvre

8 November 1979
 
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