54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
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1. Habemus Papam? Zur Wahl von Jorge Mario Bergoglio
2. FRANCESCO
3. Null und nichtig – der Ritus der Bischofsweihe von 1968
4. Jesus im Talmud
5. Begriff der Kirche - Durchdringung von Göttlichem und Menschlichem
6. Schule – alleiniges Privileg des Staates?
7. Bartholomäus Holzhauser
8. Leserbrief zu: die EINSICHT im Internet
9. Neues aus dem finsteren Land Absurdistan
10. Hinweis: Promotion von Eberhard Heller
11. Mitteilungen der Redaktion, Hinweise
12. NACHRICHTEN, NACHRICHTEN, NACHRICHTEN...
Schule – alleiniges Privileg des Staates?
 
Schule – alleiniges Privileg des Staates?

Anmerkungen:


Was hätte das Programm "Moralische Erneuerung", welches vor Jahren von Bundeskanzler Kohl ausgerufen wurde, zum eigentlichen Zielen haben können? Der Rückzug des Staates aus Bereichen, die ihn nur mittelbar tangieren, und die Rückgabe der verschiedenen Kompetenzen an Bürger, deren Selbstverantwortung er anerkennt. Doch anstelle der Entlassung seiner Bürger in die Mündigkeit, in der jeder auf seine freien Entscheidungen verwiesen wird, haben sich die staatlichen Organe immer mehr Kompetenzen angemaßt und die Bürger entsprechend entmündigt. Wenn man in die Debatte um die sog. KITA-Plätze genauer hineinhört, so wird eines auffällig: Es geht gar nicht so sehr um die Vereinbarkeit von Mutterschaft und Beruf einer jungen Mutter, sondern um die Verlagerung der Erziehungskompetenzen von den Eltern auf den Staat, der sich anmaßt, der bessere Pädagoge zu sein und so das Elternrecht aushöhlt, aber auch die Elternpflichten ignoriert. Der Staat präsentiert sich nicht nur als Rechtsgarant, sondern auch als Vater Staat, der sich auch Mama, Oma, Tante Staat benennen kann, um sich in fast alle Belange seiner Bürger einzumischen und um Vorschriften zu erlassen.

Den Kindern werden dadurch die Vertrauenspersonen entzogen, die für die kindliche Entwicklung von außerordentlicher Bedeutung sind für die Vermittlung von Grundwerten, die nur vermittelt werden können, wenn die Kinder dazu interpersonal eingegliedert werden in und aus Liebe. Die Eltern vertreten gleichsam Gottes Stelle.

Wir haben bald Verhältnisse wie sie in Rumänien geherrscht haben, wo der Staat die Erziehung der Kinder an sich gerissen hat. Die Kinder werden so in der Tendenz erst liebesunfähig, dann depressiv (Beispiel Schweden), weil ihnen das unmittelbare Du (der Mutter) zugunsten des Da der Gruppe entzogen wird. Dort wie hier herrschen die gleichen Kriterien: Der Staat (die System-Sozialisten) fühlten sich als der bessere Erzieher (hin zu unmündigen Staatsdienern). Es gibt sogar eine CDU-Politikerin, die behauptete, die Eltern wären nicht in der Lage, den Kindern einen Erziehungsstandard zu bieten, der ihnen eine berufliche Aussichten bieten würde.

Eine ähnliche groteske Entwicklung gibt es auch im Bereich der sog. Schulpflicht. Auch wenn sie in Deutschland Tradition hat, so genügt doch ein kurzer Blick auf die aktuelle Situation an den Grundschulen, um die gravierenden Fehlentwicklungen aufzudecken. Es ist schon seltsam, daß Kinder, die acht Jahre die Schulbank gedrückt haben, am Ende weder gescheit lesen noch rechnen können. (N.b. darum schicken besorgte Eltern immer häufiger ihre Kinder auf Privatschulen.) Und es gibt in der Tat viele Gründe, warum Eltern den vom Staat unterhaltenen Schulen mißtrauen, ihren Erziehungsauftrag sachgerecht durchzuführen, sei es aus religiösen, moralischen, disziplinären oder wissenschaftlichen Gründen, und die deswegen ihre Kinder in privaten Einrichtungen unterbringen. Die Privatschulen boomen.

Es dürfte unbestritten sein, daß es die primäre Aufgabe der Eltern ist, die Kinder, die ihnen Gott geschenkt hat, zu erziehen. Sie haben sie biologisch gezeugt, sie sollen sie auch geistig zeugen, d.h. erziehen. Der Staat kann im Hinblick auf die Rechte des Kindes bei den Eltern nur anmahnen, daß sie dem Kind eine dem gesellschaftlichen Wissensstandard/Niveau entsprechende theoretisch/praktische Ausbildung angedeihen (lassen). Diese Aufgabe kann der Staat erfüllen, wenn die Eltern ihre Rechte/Pflichten an ihn delegieren. Daß sich aber der Staat das Recht, wohlgemerkt: das Recht anmaßt, das alleinige Privileg zu haben, die schulische Ausbildung zu übernehmen, zumal noch gegen den ausdrücklichen Willen der Eltern, die mit den Erziehungs-Prinzipien des Staates nicht einverstanden sind, übersteigt seine Kompetenzen und ist geradezu grotesk und direkt rechtswidrig. Der Staat kann ein Schulkonzept anbieten, er darf aber auf keinen Fall mit Gewalt in einen schulischen Ausbildungsprozeß eingreifen, wenn die Eltern selbst diese Ausbildung übernehmen (wollen). Es ist geradezu ein Skandal, wenn staatliche Behörden Eltern wegsperren, die die Ausbildung der Kinder übernommen haben, die wegen dieses Unrechtes aus Deutschland dann in die USA wegen religiöser Verfolgung fliehen und dort mit offenen Armen aufgenommen werden und Asyl erhalten.

Um auf diese Problematik hinzuweisen, veröffentlichen wir den nachstehenden Beitrag aus der „Jungen Freiheit“

Eine Anmerkung zum Schluß: Es ist in Deutschland leider so, daß sich viele Bürger lieber vom Staat bevormunden lassen, als selbständig zu entscheiden, bzw. sich lieber von ihm alimentieren lassen, um im Staat unselbständig als Arbeiter tätig zu werden. Lieber Steuern zahlen, die man dann pfennigsweise als sog. Wohltaten zurückerhält, als selbst-verantwortlich zu handeln.
Eberhard Heller

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Kampf um die Nische

Berlin: Internationale Konferenz macht sich für das schulfreie Lernen stark

von
Thorsten Brückner

Als die letzten Tränen getrocknet waren, machte sich auf Dirk Wunderlichs Gesicht wieder ein optimistisches Lächeln breit. Zuvor hatte der Bericht einer von den Behörden auseinandergerissenen Familie bei den Zuhörern auf der Ersten Globalen Konferenz für Heimunterricht am vergangenen Wochenende in Berlin für Fassungslosigkeit gesorgt. Auch Dirk Wunderlich muß jeden Moment damit rechnen, daß das Jugendamt bei ihm an der Haustür klingelt und ihm seine vier Kinder wegnimmt.

Erst vor wenigen Wochen haben er und seine Frau das Sorgerecht für ihre Kleinen verloren. Nicht etwa, weil sie ihre Kinder mißhandelt oder vernachlässigt hätten. Ihr einziges Vergehen, das sie dem Verfolgungseifer der Behörden ausgesetzt hat: Sie haben sich entschieden, ihre Kinder nicht in die Schule zu schicken, sondern zu Hause zu unterrichten, weil sie negative Auswirkungen auf ihre Kinder befürchten. Die Beweggründe von Eltern, sich für den Heimunterricht zu entscheiden, sind dabei ganz unterschiedlich. Manche lehnen es aus Glaubensgründen ab, ihre Kinder in eine mehr und mehr von Sexualerziehung und einer atheistischen Grundausrichtung bestimmte öffentliche Schule zu schicken. Andere verweisen auf die zunehmende Gewalt und starre Lehrpläne, die die Entwicklung des Kindes behinderten. Der Familienvater aus dem Odenwald zeigte sich am Ende der Heimunterricht-Konferenz, die Besucher aus aller Welt anzog, zuversichtlich: „Der Kampf für die Freiheit wird weitergehen. Das Grundgesetz garantiert das elterliche Erziehungsrecht“, sagte er der JF.

Auf der von internationalen und besonders amerikanischen Heimunterrichtsorganisationen finanzierten Tagung betonte der FDP-Bundestagsabgeordnete Patrick Meinhardt seine Unterstützung der Heimunterricht-Bewegung, warnte jedoch vor zu großen Erwartungen. Im starren und festgefahrenen deutschen Bildungssystem müsse man Nischen ausnutzen. Der demographische Wandel in bevölkerungsarmen Gegenden Mitteldeutschlands sei hier als Chance zu sehen. „Wir müssen weg von der Vorstellung, daß Bildung nur dort stattfindet, wo ein Schulgebäude ist. Bildung ist in jedem Wohnhaus.“ Als Beispiel nannte er Kanada, das in sämtlichen Pisa-Ranglisten die vordersten Plätze einnimmt und Heimunterricht allein schon aufgrund der geographischen Gegebenheiten als Alternative zuläßt. Deutlicher wurde da schon der frühere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) in seiner Grußbotschaft. Der Schulbetrieb habe imperialistische Züge angenommen. Homeschooling sei daher ein heilsamer Stachel gegen die Herrschsucht des Schulregimes.

Der Erziehungswissenschaftler Charles Glenn aus Boston versuchte eine Antwort auf die Frage zu geben, wie die Idee einer rigiden staatlichen Kontrolle über die Kinder in Westeuropa salonfähig werden konnte. Deutschland habe dabei eine traurige Vorreiterrolle eingenommen, bis hin zu dem von den Nationalsozialisten 1941 eingeführten strengsten Schulzwang-Gesetz in der deutschen Geschichte. Mit diesem hätten sie die Maxime Dantons aus der Zeit der Französischen Revolution verwirklicht: „Die Kinder gehören dem Staat, nicht den Eltern.“

Gerade die Willkürherrschaft der Nationalsozialisten sollte der deutschen Regierung heute als Mahnung dienen, forderte auch der Präsident der amerikanischen Homeschool Defense League, Michael Donnelly. Vor zwei Jahren machte der Rechtsanwalt Schlagzeilen mit der Verteidigung der deutschen Familie Romeike, die nach Verfolgung durch die Behörden in Baden-Württemberg politisches Asyl in den Vereinigten Staaten gewährt bekam (JF 7/10). Es werde heute in Deutschland aller möglichen von den Nationalsozialisten verfolgten Gruppen gedacht. Vor allem sollte heute jedoch als Mahnung dienen, was passieren kann, wenn eine Regierung außer Kontrolle gerät und in die innersten Belange der Familie eingreife. „Reißt die Mauer nieder, die Kinder von ihren Eltern trennt“, forderte Donnelly.

Heimunterricht wird in der deutschen Vorstellung schnell mit den Vereinigten Staaten in Verbindung gebracht. Die Rechtslage in Europa ist höchst unterschiedlich. Während in Irland die Verfassung das Elternrecht auf Heimunterricht garantiert, toleriert Österreich ihn unter strengen Auflagen. In Frankreich kommt Heimunterricht-Eltern entgegen, daß in Ermangelung eines staatlichen Melderegisters der Verfolgungsdruck deutlich niedriger ist. Neben Deutschland werden Heimunterricht-Familien vor allem in Schweden und Norwegen mit äußerster Härte verfolgt, Familien getrennt und Eltern inhaftiert. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seinem Konrad-Urteil von 2006 die Praxis der deutschen Bundesländer ausdrücklich bestätigt.

Beeindruckt von der Konferenz zeigte sich Jürgen Dudek, der zwischenzeitlich vom Landgericht Kassel wegen Heimunterrichts seiner Kinder zu drei Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden war. Dudek ist Autor des Internetblogs „Der Blaue Brief“, der die Thematik Heimunterricht von verschiedenen Blickwinkeln aus beleuchtet und aktuelle Entwicklungen aufgreift. „Diese Konferenz ist eine Mischung verschiedener Strömungen. Säkulare Freilerner kommen zusammen mit Eltern, die religiöse Gründe geltend machen und beide kämpfen gemeinsam für die Freiheit und das grundgesetzlich verbriefte Elternrecht auf Erziehung“, sagte Dudek der JF. Er wünscht sich besonders, daß Heimunterricht-Eltern die Kraft zum Verbleib in Deutschland finden: „Wenn jeder das Land verläßt, gibt es keine Gesichter mehr und die Medien ignorieren das Problem.“ Der mögliche Verlust der geliebten hessischen Heimat sei für ihn ein weiterer Aspekt gewesen, zu bleiben. Trotz ihrer ungewissen Zukunft und mit der Möglichkeit eines Zugriffs der Behörden im Nacken verläßt auch Familie Wunderlich zuversichtlich die Tagung. „Es war großartig, so viele engagierte und verständnisvolle Menschen kennenge-lernt zu haben“, faßte Dirk Wunderlich seine Eindrücke zusammen, während seine Kin-der noch ausgelassen in der Kinderbetreuung spielen. Allein die traurigen Augen seiner Frau zeugen in diesem Moment vom Leid eines Ehepaars, das angetrieben von der Liebe für seine Kinder und dem Wunsch, sie behütet aufwachsen zu sehen, auch weiterhin fest entschlossen ist, sich den Behörden zu widersetzen.

www.jungefreiheit.de  46/12 09. November 2012
 
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