54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
Datenschutzerklärung | Zum Archiv | Suche




1. Der hl. Paulus an die Thessolonicher über die Offenbarung des Antichrists
2. Buchbesprechung: Die Unterminierung der (katholischen) Kirche
3. DAS PROBLEM VON FREIHEIT UND FREIEM WILLEN
4. ZEITGEMÄSSE BETRACHTUNGEN
5. BRIEF AN EINE ZEITUNG
6. ÜBER DIE SELIGPREISUNGEN DER BERGPREDIGT
7. DIE HEILIGE KLARA
8. VON DER LIEBESPROBE
9. DIE HEILIGE ZAHL SIEBEN
10. NACHRICHTEN, NACHRICHTEN, NACHRICHTEN
11. Mitteilungen der Redaktion
DIE HEILIGE KLARA
 
DIE HEILIGE KLARA

von
Eugen Golla

Die einer adeligen Familie entstammende Klara wurde 1194 zu Assisi geboren. Wie die Legende berichtet, soll ihre tiefreligiöse Mutter ein Zeichen erhalten haben, wonach sie einem begnadeten Kind das Leben schenken würde. Sie soll eine Stimme vernommen haben, die ihr zurief: "Fürchte dich nicht, denn du wirst ein Licht gebären, das die Welt erleuchten wird". Nach der Legende soll deshalb das Mädchen in der Taufe den Namen "Klara", d.h. die Klare, die Glänzende oder die Leuchtende erhalten haben. Schon in ihrer Kindheit zeigte Klara innige Frömmigkeit, besonders aber auch eine große Liebe zu den Armen. Als sie vierzehn Jahre alt geworden war, versetzte ein Ereignis ganz Assisi in Aufregung: Francesco Bernardone, der Sohn eines reichen Kaufmanns, hatte allen Freuden einer unbeschwerten Jugend entsagt, um in der strengsten Nachfolge Christi - als Bettler lebend - in der Folgezeit der "kleine Arme", der "Poverello" zu werden.

Begreiflicherweise hatten Klaras Eltern vor, ihre Tochter vorteilhaft zu verheiraten. Aber Francesco, der inzwischen als Einsiedler die verfallenen Klöster Portiunkula und San Damiano in harter Arbeit renoviert hatte und binnen kurzem den Ruf der Heiligkeit erlangt hatte, machte einen Strich durch deren Rechnung. Als Klara nämlich einst Franzsikus predigen hörte, fühlte sie sich zu dem, was er sagte, hingezogen und meinte, in ihm den richtigen Führer zu jenem kontemplativen Leben in Demut und Armut gefunden zu haben, welches ihr vorschwebte. Sie konnte ihre Tante überreden, sie zu einem Gespräch mit Franz zu begleiten, der sich bereit erklärt hatte, sie nach Bestehen einer Aufnahmeprobe, die darin bestand, in einem Bußgewand Almosen zu sammeln, als seine Schülerin aufzunehmen.

Für den Entschluß, dem weltlichen Leben zu entsagen, wurde der Palmsonntag, der 18. März 1212, ausersehen. Nachdem Klara vormittags mit ihrer Familie noch am Gottesdienst teilgenommen hatte, begab sie sich spät abends nach Portiunkula, wo Franz auf sie wartete. Sie ließ sich von ihm die Haare abschneiden und legte das Gelübde der Armut und der Keuschheit ab. Dieses Datum gilt als Gründungstag der Stiftung des Ordens der Klarissen. Bei Tagesanbruch brachte er sie, die ihre kostbaren Kleider gegen ein sackähnliches Büßergewand eingetauscht hatte, in das Benediktinerinnenkloster San Paolo. Sie sollte dort vorerst bleiben, bis sich eine passendere Unterkunft für sie gefunden haben würde.

Natürlich hatte man schnell die Spuren der Flucht entdeckt und ehe der Tag zu Ende ging, umstellte Klaras Vater mit Verwandten und einer Schar Bewaffneter das Kloster. Klara blieb, ohne auf das Zureden und Drohen auch nur mit einem Wort einzugehen, zu Füßen des Altars knieen. Als aber eine gewaltsame Rückführung versucht wurde, entschleiert sie ihr geschorenes Haupt. Da siegte ihre Standhaftigkeit. Mit leeren Drohungen verließen die Ritter samt ihren Söldnern das Gotteshaus. Vielleicht wären sie, wenn sie theologisch geschult gewesen wären, auf den Einwand gekommen, daß Franz nur Diakon war und folglich nicht das Recht besaß, Ordensgelübde entgegenzunehmen.

Wenige Wochen später fand Klara im Kloster Sant Angelo di Panso, das gleichfalls dem Benediktinerorden gehörte, Zuflucht. Dort hielt sie eines Tages ihre jüngere Schwester Agnes in den Armen. Sie, die von ihren Eltern mehr oder weniger gezwungen worden war, sich schnell zu verloben, war zu ihr geflohen, um mit ihr gemeinsam ein Leben der Askese in der klösterlichen Umgebung führen zu können.

Wenn auch der Vater über den Verlust der zweiten Tochter vor Schmerz fast außer sich war, willigte er schließlich in deren Verlangen ein, zumal er versuchte, den Entschluß vom Religiösen her zu verstehen. So brach nun eine ruhigere Zeit an, die es u.a. auch Franziskus ermöglichte, seiner neuen Gründung, dem Klarissenorden, eine feste Wohnstätte zu geben, und zwar die Klause neben der von ihm unter großen Mühen wiederhergestellten Kirche von San Damiano. In diesem bescheidenen Gotteshaus hatte er auch seine Kreuzesvision: der am Kruzifix nicht als Schmerzensmann, sondern als mild blickender Pantokrator hängende Christus forderte den vor ihm Knieenden auf, die verwüstete Kirche wieder aufzubauen.

Innerhalb von zwei Jahren hatten sich Klara bereits acht Gefährtinnen angeschlossen. Als ihr Vater gestorben und ihre Mutter Hortulana Witwe geworden war, konnte Klara auch sie in den neuen Orden aufnehmen. Mit der Zeit erfolgten auch in verschiedenen Städten Italien Kloster-Neugründungen der Klarissinnen. Auffallend ist, daß in diesen strengen Orden im Lauf der Zeit mehr als 150 Angehörige des hohen Adels - darunter auch Prinzessinnen und Königstöchter - eintraten, zuerst die selige Agnes von Böhmen, eine Tochter des Böhmenkönigs Przemysl Ottokar I., an die Klara vier uns erhaltene Briefe schrieb.

Obwohl sie als vollkommene Schülerin des heiligen Franz anfangs den Titel und Rang einer Oberin ablehnte, mußte sie als Einundzwanzigjährige schließlich das Amt der Äbtissin übernehmen. Die erste Ordensregel gab ihr Franz nur mündlich. Sie beinhaltete in der Hauptsache das Armutsprivileg und entsprach ansonsten der strengen Regel des hl. Benedikt, die jener in der Einsamkeit von Subiaco konzipiert hatte. Auf dem dritten Laterankonzil im Jahre 1215 war beschlossen worden, keine neuen Ordensgründungen mehr zuzulassen. Da aber die Benediktiner mit der Zeit vielfach reich an Gütern geworden waren, ruhte Klara nicht eher, als bis sie wie Franziskus von Papst Innozenz III. das sogenannte "Privilegium paupertatis", das Armutsprivileg, ja sogar das Recht auf die höchste Stufe der Armut, erhalten hatte. Allerdings versuchte kardinal Ugolino, der spätere Papst Gregor IX., damals päpstlicher Legat für Mittel- und Norditalien in der Zeit, als Franz im Heiligen Land weilte, den Klarissen eine von ihm verfaßte Regel aufzuerlegen, in der stillschweigen die Verpflichtung zur absoluten Armut gemäßigt worden war. Aber nachdem Franz zurückgekehrt war, erlangte sie von ihm eine schriftlich niedergelegte Ordensregel nach dem Vorbild der Franziskaner, die u.a. äußerste Armut, strenge Klausur, strengstes Fasten sowie das Verbot von Eigentumserwerb befahl. Nach dem Todes hl. Franziskus erlangte Klara von Kardinal Ugolino, der inzwischen Papst geworden war, ausdrücklich die Bestätigung dieses Armtusprivilegs.

Viel ist über die Beziehungen zwischen den beiden Heiligen geschrieben worden. Mancher mag sie für Geschwister gehalten haben, und es ist dies nicht einmal falsch, wenn man sagt, Klara sei des hl. Franziskus mystische Schwester gewesen. Kitschige Romantik gefiel sich bisweilen darin, die beiden Heiligen Assisis zu Helden einer wenn auch noch so zarten so doch weltlichen Liebe zu machen. In Wirklichkeit war es aber Liebe zu Christus, die beide seraphischen Gestalten so innig miteinander verband.

Klara, von Franziskus mehr und mehr geschätzt, wurde schließlich seine Ratgeberin bei wichtigen, schweren Entschlüssen, die seinen Orden betrafen, u.a. auch dann, als einige Brüder den Gehorsam verweigerten und eine Spaltung drohte. Im übrigen wurden Franziskus' Besuche, seitdem die Klarissinnen eine feste Organisation besaßen, seltener. Aber gegen Ende seines Lebens, schwer krank und an Händen und Füßen von Stigmata gezeichnet, begab er sich nochmals nach San Damiano, wo ihm Klara in dem kleinen Klostergarten eine Laube errichtet hatte, in der er seinen wunderbaren Son-nengesang dichtete.

Als 1226 diese überirdische Freundschaft ihr Ende gefunden hatte, wurde Klara die treue Bewahrerin des Lebenswerkes ihres Meisters. Noch 27 Jahre waren ihr beschieden, die sie hinter den Mauern von San Damiano verbrachte. In dieser langen Zeit hatte sie wohl kaum je ihr armes Kloster verlassen, um weiter zu gehen als die Hügel hinauf nach Assisi oder Portiunkula; mehr wollte sie von der Welt nicht mehr sehen, höchstens, daß sie nach dem Bekanntwerden des Martyriums von fünf Franziskanern in Marokko vorübergehend danach verlangte, ebenfalls im Orient missionieren zu dürfen.

Es wäre falsch anzunehmen, sie habe infolge ihrer so harten Askese alles menschliche Gefühl verloren. Die Chroniken berichten vielmehr, daß sie um ihre Mitschwestern wie eine Mutter besorgt war und ihnen sämtliche, den Ordensregeln nicht widersprechenden Erleichterungen zukommen ließ, ja im Winter von ihrem Lager aufstand, um sich zu überzeugen, ob sie alle gut zugedeckt seien.

Klara gilt auch als Vorbild für die Verehrung der heiligen Eucharistie: Einst belagerten Assisi sarazenische Truppen des Kaisers Friedrich II., der, obwohl römisch-deutscher Kaiser, in Wirklichkeit ein Atheist war. Da ergriff sie trotz schwerer Krankheit umgehend das Ciborium und ließ sich auf die Umfassungsmauer von San Damiano tragen, von wo sie die Monstranz den Ungläubigen zeigte, die bei ihrem Anblick flohen.

Klara starb im Alter von 59 Jahren am 11. August 1253. Ihr Leichnam wurde in die Kirche des hl. Georg in Assisi gebracht, wo vorläufig auch Franz ruhte. An der Prozession beteiligte sich auch Papst Innozenz IV., der damals im nahen Perugia seine Residenz hatte. Sein Nachfolger, Alexander IV., sprach sie bereits nach zwei Jahren heilig. 1260 wurden ihre sterblichen Überreste in das neu errichtete Kloster der Klarissinnen übertragen. Die Kirche feiert ihr Fest am 12. August.

Das franziskanische Werk, dem große Erfolge in der Volkspredigt, der Heidenmission und der Wissenschaft zuteil wurden, beruht gleichsam auf zwei Säulen: auf Franz, der in der Welt mittels ungewöhnlicher, ja scheinbar widersinniger Methoden missionarisch wirkte, und auf Klara, die in der Verborgenheit eines Klosters in strengster Armut ein kontemplatives Leben führte, das man treffend mit den Worten "In der Gegenwart Gottes leben" bezeichnen kann. Ihr Zeitgenosse und Biograph, Thomas von Celano, schreibt über sie: "Ihre Seele gab sich ohne Unterlaß dem Gebet hin. Sie erhob sich, ihrer Gewohnheit gemäß, als erste, weckte dann die jüngsten der Schwester und forderte sie, ohne das Schweigen zu brechen, mit ihren Blicken auf, den Tag inbrünstig zu beginnen. Den ganzen Tag aber war sie niemals müßig und betete ohne Unterlaßt, womit sie sich auch immer beschäftigte."

***
Quellenangabe:
Cuthbert-Widlöcher: "Klara von Assisi", Stuttgart. - Daniel-Rops, H.: "Clara von Assisi", Wien 1953.
Stadler, Joh. Ev.: "Vollständiges Heiligenlexikon in alphabet. Ordnung", 1. Bd., Augsburg 1858
"Vies des X Saints", Bd. 8, Paris 1950.
Wetzer und Welte: "Kirchenlexikon", 3. Bd., Freiburg 1884.

 
(c) 2004-2018 brainsquad.de