54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
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1. Kann man die römisch-katholische Kirche verlassen?
2. Eine allumfassende moderne Irrlehre: Der Hominismus - die Vergöttlichung des Menschen
3. Tuet dies zu meinem Gedächtnis (Lk. 22,19)
4. Interview: Fragen an die Journalistin und Bestsellerautorin Birgit Kelle (40)
5. Demografischer Niedergang und das Aussterben der Deutschen
6. Ich habe die Welt als ein Ganzes betrachtet
7. Buchbesprechungen
8. Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste
9. Mein Herz gehört mir
10. Patientenverfügung für Katholiken
11. Vorsorgliche Willensbekundung in Bezug auf medizinische Behandlung und Pflege
12. Hinweis auf die Gründung eines Gebetskreises im Raum München
13. NACHRICHTEN, NACHRICHTEN, NACHRICHTEN...
14. Mitteilungen der Redaktion
Tuet dies zu meinem Gedächtnis (Lk. 22,19)
 
"Tuet dies zu meinem Gedächtnis" (Lk. 22,19)

von
Eberhard Heller

Man kann die letzten 20 Jahre in unserem sog. Kirchenkampf auch als Geschichte des geistig-religiösen Zerfalls beschreiben… es ist nicht die Geschichte der Reformer gemeint, sondern unser eigenes Versagen in einer geistigen Auseinandersetzung, in der es um Sein oder Nicht-Sein geht, um Bestehen oder Untergang, um geistige Fruchtbarkeit oder schwärzeste Dürre.

Ein Ereignis vor einigen Jahren hat das in aller Deutlichkeit gezeigt: der Abstieg in die religiös-theologische Belanglosigkeit. Ein ehemaliges Zentrum, in dem nicht nur die "alte" Liturgie gefeiert, sondern auch die Glaubenslehre und viele Elemente des wahren Glaubens gefördert und vermittelt wurden, ja sogar Studenten ihre Ausbildung als Priester erhalten hatten, verkam zum bloßen Traditionalistenverein, in dem vielleicht noch die alten Weihnachtslieder gepflegt werden und wo ein älterer Herr, in dessen Vita nichts, aber auch gar nichts auf ein besonderes Interesse am vorkonziliaren religiösen Leben und Glauben hindeutet, der keine gültige Weihe nachweisen kann, da er nach den Reformen des Weiheritus 1969 "ordiniert" wurde, dort eine Messe simuliert. Dabei kann man sogar davon ausgehen, daß dieser Herr nichts von der Ungültigkeit seiner Weihe weiß, da solche Untersuchungen über die Gültigkeit nicht zu seinem Interessensgebiet gehörten… meines Wissens: bis heute.

Dort gerät alles zur monströsen Farce. Dabei haben sogar die Econer das Problem der Ungültigkeit des neuen Weiheritus ausgeblendet, welches ihrem Gründer sehr wohl bewußt war, wie die von ihm durchgeführten "sub conditione"-Nachweihen von Kandidaten aus der Reformkirche, die zu Econe wechselten, belegt. Schuld an der Misere ist eine inkompetente Leiterin, die meint, es sei ausreichend, in Sachen Religion einfach herumzukalfaktern. Aber das gilt nicht nur für sie. Als unautorisierte Personen, denen es bloß noch um die sakramentale Versorgung ihrer Klientel mit einer wie auch immer gestalteten "alten Messe" geht - egal wer sie liest -, haben sie weder die Bewahrung des Glaubens noch die Restitution der Kirche im Sinn.

Ich nenne bewußt keine Namen, weil ich nicht einen tiefer wirkenden Skandal darstellen will. Ich nehme ihn aber zum Anlaß, um ein Thema aufzugreifen, welches für die Gestaltung des religiösen Lebens im Neuen Bund von zentraler Bedeutung ist: das Priestertum, das durch Jesus Christus eingesetzt wurde. Beim Letzten Abendmahl, als Christus Brot und Wein in sein Fleisch und Blut verwandelte und diese geistige Speise den Aposteln gereicht hatte, gab er diesen den Befehl, das zu tun, was er selbst getan hatte, nämlich das Abendmahl als Opfermahl zu feiern, in dem sich Christus selbst aufopfert zur Ent-sühnung der sündigen Menschheit, um ihr Gelegenheit zu geben, an diesem Opfer teil zu nehmen, sich in dieses einzuschließen, um sich gereinigt in den Neuen Bund einzubringen. Aber diese Einbringung gilt nicht nur für den Bund mit Christus, obwohl er die Voraussetzung ist, sondern auch für das Eingehen interpersonaler Bündnisse.

Die Priester im Alten Testament handeln auf Gottes Geheiß. Das dritte Buch Moses (Leviticus) enthält die von Gott geoffenbarten Ausführungsbestimmungen für den heiligen Priester- und Opferdienst, den das Volk Israel durch die Leviten und besonders das aaronitische Priestertum dem Herrn darbringen sollte. Sie hatten den Dienst in der Stiftshütte. Diese war der von Gott anerkannte Ort, wo er unter seinem Volk wohnte und ihm begegnen wollte, und wo in Absonderung von der Außenwelt sein Wille bekannt gegeben wurde. Die Priester standen am Brandopfer- und Räucheraltar (1. Chr. 6,49). Sie betreuten den goldenen Leuchter und hatten die Aufsicht über die Stiftshütte. Daneben oblagen ihnen auch verschiedene Dienste gegenüber dem Volk: z.B. das Blasen der Trompeten (4. Moses 10), der Rechtsspruch (5. Moses 17,8-13), das Segnen (4. Moses 6,22-27)

Im Neuen Bund (Testament) hat Christus die zwölf Apostel in eine besondere Nachfolge berufen und ihnen die Leitung der Kirche anvertraut. Über den Heiligen Geist (Apg. 1,8) hat er ihnen Vollmacht und Sendung verliehen, an seiner statt zu handeln. „Christus ist die Quelle jeglichen Priestertums; denn der Priester des [Alten] Gesetzes war sein Bild. Der Priester des Neuen Bundes aber handelt in der Person Christi.“ (Thomas von Aquin: Summa theologiae 3,22,4)

Die biblische Überlieferung von dieser Einsetzung (u.a. Hebr. 5,4; Apg. 1,8; Lk. 22,19: Apg. 6,6; Apg. 14,23) wird noch durch die Visionen der Katharina Emmerich ergänzt:

"Dann aber lehrte er sie vom Priestertum und der Salbung und der Bereitung des Chrismas und der heiligen Öle. Es standen drei Büchsen, zwei mit verschiedenem Balsam und Öl, und auch Baumwolle bei dem Kelchapparat; man konnte sie aufeinander stellen. Er lehrte sie viele Geheimnisse darüber, wie die Salbe zu mischen, an welchen Stellen des Leibes sie anzuwenden und bei welchen Gelegenheiten. (…) Er sprach von verschiedenen Salbungen, auch von jener der Könige, und wie selbst ungerechte Könige, welche gesalbt seien, eine innere geheimnisvolle Gewalt vor andern besäßen. Er tat aber von der zähen Salbe und dem Öl in die leere Büchse und mischte beides (…). Ich sah hierauf, daß Jesus den Petrus und Johannes salbte, welchen er bei der Einsetzung des heiligen Sakraments auch von dem Wasser, das über seiner Hände geflossen war, über die ihrigen gegossen hatte, und die den Kelch, von seiner Hand gehalten, getrunken hatten. Er schritt aus der Mitte des Tisches etwas zur Seite, legte dem Petrus und Johannes die Hände zuerst auf die Schultern und dann auf das Haupt. Sie mußten hierauf die Hände zusammenlegen und die Daumen kreuzen. Der Herr bestrich ihnen, die vor ihm sich tief beugten, ich weiß nicht, ob sie knieten, die Daumen und ersten Finger mit der Salbe und machte ihnen damit ein Kreuz auf das Haupt. Er sagte ihnen auch, dieses solle bis ans Ende der Welt bei ihnen bleiben. Auch Jakobus Minor, Andreas, Jakobus Major und Bartholomäus erhielten Weihen. Ich sah auch, daß der Herr dem Petrus die schmale Zeugbahn, welche sie um den Hals trugen, über der Brust kreuzweis verschlang und den andern von der rechten Schulter unter dem linken Arm quer über die Brust legte. Doch weiß ich nicht mehr bestimmt, ob dieses schon bei der Einsetzung des heiligen Sakraments oder erst jetzt bei der Salbung geschah. Ich sah aber - wie, das ist unaussprechlich -, daß Jesus ihnen durch diese Salbung etwas Wesentliches und zugleich übernatürliches gab. Er sagte ihnen auch, nach dem Empfange des Heiligen Geistes würden sie zuerst Brot und Wein selbst konsekrieren und auch die andern Apostel salben. Ich hatte hiebei einen Blick, wie Petrus und Johannes am Pfingstfest vor der großen Taufe den andern Aposteln die Hände auflegten, und daß acht Tage nachher dasselbe mehreren Jüngern geschah. (…) Alles, was Jesus bei der Einsetzung des heiligen Abendmahles und der Salbung der Apostel tat, geschah sehr geheim und ward auch nur als Geheimnis fortgelehrt und ist bei der Kirche bis heutzutage wesentlich geblieben, jedoch durch Eingebung des Heiligen Geistes nach ihren Bedürfnissen erweitert worden. (…) Ob Petrus und Johannes beide zu Bischöfen oder nur Petrus zum Bischof und Johannes zum Priester gesalbt wurden und welchen Grad von Würde die vier andern erhielten, vergaß die Erzählerin zu bemerken. Die verschiedene Art, wie der Herr dem Petrus und den andern die schmale Zeugbahn um den Hals schlang, scheint auf verschiedene Grade der Weihe zu deuten." (Anna Katharina Emmerich: "Das bittere Leiden unseres Herrn Jesu Christi" Aschaffenburg 1962, S. 86 ff.)

Christus ist der wahre Hohe Priester, der opfernde und der sich aufopfernde zugleich, indem er sich aufopfert. Das Priestertum definiert sich über das Opfer. Ein Priester ist der, der in der Nachfolge Christi das Opfer darbringt. Und der Priester des Neuen Bundes bringt das Opfer bzw. Selbstopfer Christi als "alter Christus" dar, er erneuert es auf unblutige Weise, um das Sühnegeschehen und die Entsühnung durch die Zeit weiterzutragen, um den Gläubigen Gelegenheit zu geben, sich in diesen Prozeß einzugliedern, an ihm teilzunehmen. Wo diese Intention, das Opfer Christi zu erneuern, fehlt, kann auch von einem Priester nicht die Rede sein. Wo diese Intention im Ritus fehlt, kann auch nicht von einer gültigen Weihe ausgegangen werden, wenn sie mit diesem Manko infiziert ist.

Also dadurch, daß er das Opfergeschehen für die Gläubigen offen hält, sie mit in dieses hineinzunehmen, insofern ist der Priester zugleich auch Seelsorger, der durch seine Aktivität für das Heil dieser Gläubigen Verantwortung trägt und sie auch übernehmen soll. Durch sein Opfern hält er für die Gläubigen gleichsam den Himmel wieder offen. Daraus leiten sich dann wiederum eine ganze Reihe anderer Aufgaben ab, die ebenfalls mit der Heilsfürsorge verbunden sind: Unterrichtung der Gläubigen in der Heilslehre, Einführung in ein spirituelles Leben, Beratung und Betreuung in moralischen Problemen. "Wer euch hört, der hört mich!" (Lk. 10,16) Aber diese Betreuung sollten die Priester als Dienst betrachten, so wie Christus sich als Diener sah, als er den Aposteln beim Letzten Abendmahl die Füße gewaschen hat.

Die Kritik an den neuen Weiheriten, die von den Herren Hawson, Wendland, Pfr. Graus und anderen geübt wurde, richtete sich in der Hauptsache dagegen, daß sie in diese neuen Riten das Wesen des Opfern unterdrückt sahen und daß nur der Aspekt des Seelsorgers, eher noch dezimierter: der Gemeindevorsteher hervorgehoben und betont wurde, wodurch eine Annäherung an die protestantische Auffassung eines Pastors erreicht werden sollte, dem der Opfer-Begriff fremd ist. Und das kann ich nur immer wiederholen: das Opfern ist nur einem Priester der Kirche aufgetragen und keinem Sektierer. D.h. die traditionsgebundenen Kleriker müssen nachweisen, wie und woher sie ihr Mandat erhalten haben, als Priester der katholischen Kirche zu amten... die Zeiten, sich auf einen Notzustand zu berufen, sind längst abgelaufen.

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Zitate:

„Alle Leiden sind süß, wenn man in Vereinigung mit dem Herrn leidet. Das Kreuz umfaßt die ganze Welt. Es ragt an den vier Ecken des Universums empor. Für jeden gibt es einen Teil davon. Vereint mit Jesus Christus, vereint im Kreuz. In dieser Einheit liegt unser Heil. Nur die Kreuze werden uns beim Letzten Gericht ermutigen. Da werden wir uns freuen über die leidvollen Tage hier auf Erden, stolz sein auf erlittene Demütigungen und reich sein wegen unserer Opfer und Entsagungen.“ (heiliger Pfarrer von Ars)

„Siehe, wie Hiob mehr bekam, als er je hatte, wie Jacobs Trauer um Joseph in Jacobs Freude über Joseph verwandelt wurde, wie David aus den Höhlen der Erde in die Gemächer des Königshauses ging, wie der Tempel nach der Gefangenschaft herrlicher wurde als vorher, wie die Schmach des Todes Petrus Rom zum Haupte der Christenheit erhob, wie die Verbannung und der Tod Gregors die Kirche mächtiger machte, als die Siege Heinrichs die Welt machen konnten; so verkläret der Herr das Haus des Glaubens durch Kümmernis und die Säulen, die dieses Haus tragen, werden glänzender sein, als sie vordem gewesen sind.“ (Adalbert Stifter)

 
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