54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
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ZUM PROBLEM DER ERFORDERLICHEN INTENTION BEI DER SAKRAMENTENSPENDUNG
 
ZUM PROBLEM DER ERFORDERLICHEN INTENTION
BEI DER SAKRAMENTENSPENDUNG
 

- EIN BRIEFWECHSEL -



Vorbemerkung der Redaktion


Die Aufforderung, sich an der kontrovers geführten Debatte über das Problem der Signifikanz der Intention bei der Sakramentenspendung - vgl. EINSICHT XXIII/1 vom April 93, S. 3-11, mit Beiträgen von Herrn Jerrentrup, der die Abhandlung von Prof. Wendland über den reformerischen Ritus der Priesterweihe referierte, und einer Entgegnung von Herrn Rothkranz, die wiederum beleuchtet wurde von Herrn Jerrentrup - zu beteiligen, hat ein beachtliches Interesse gefunden. Verschiedene Leser haben ihre Stellungnahmen schriftlich fixiert und uns zugesandt. Hinsichtlich einer Lösung des Intentionsproblems ist es zunächst wichtig, die einzelnen Argumentationspunkte begrifflich weiter zu präzisieren, damit sie vom Leser einsichtig nachvollzogen werden können, um sich so zu bewähren. Es hat nichts mit wahrem Glauben zu tun, auf alten Vorurteilen sitzen zu bleiben - mag das auch noch so bequem sein - oder auf neue hereinzufallen, will man sich nicht den Vorwurf traditionalistischer oder progressistischer Blindheit einhandeln. Der christliche Glaube ist vernünftig. Ihn im Wissen nachzuvollziehen, dienen die folgenden Ausführungen in dem Briefwechsel mit Herrn Schöner, dessen Darlegung ich für diese Kontroverse ausgesucht habe, weil in ihr die antithetische Position am klarsten formuliert wurde.

Eberhard Heller

1. Brief von Herrn Schöner an die Redaktion

Sehr geehrter Herr Heller,
zuerst möchte ich Ihnen recht herzlich danken, daß Sie in der EINSICHT zum Problem der Intention bei der Sakramentenspendung namhafte Theologen zu Wort kommen ließen. Ich kann nach eingehendem Studium der lehramtlichen Entscheidungen der Kirche Herrn Mag. theol. Johannes Rothkranz voll zustimmen:

"Gemäß unfehlbarer Lehre der Kirche genügt die äußere Intention zur gültigen Sakramentenspendung."

Im übrigen bestätigt dies auch Herr Pater August Groß, der die Frage der Intention ausführlich in Nr. 1-4 im Jahre 1987 in KYRIE ELEISON behandelt hat.

Da ich annehme, daß auch andere Leser diese Entscheidungen des ordentlichen Lehramtes gerne überprüfen wollen, gebe ich hier die wichtigsten Nummern des Denzinger an (zitiert nach Denzinger, 37. Auflage 1991 lateinisch-deutsch): DHNr. 588, 644-646, 781, 793-794, 1154, 1262, 1312, 1315, 1534, 1608, 1814, 3100-3102, 3318, 3844, 3874.

In Ihrem Vorwort schreiben Sie: "... einen rein äußeren Vollzug könnte auch ein entsprechend programmierter Roboter leisten oder durch eine bewußtlose Person ausgelöst werden". Wenn man diesen Satz isoliert betrachtet, haben Sie recht, daß dies so geschehen kann. Aber hören wir Papst Leo XIII. (DH Nr. 3318): "Wenn aber jemand, um ein Sakrament zu vollziehen und zu spenden, ernsthaft und ordnungsgemäß die gebührende Materie und Form angewandt hat, so nimmt man eben deshalb von ihm an, er habe das zu tun beabsichtigt, was die Kirche tut."

Und das Konzil von Trient hat entschieden (DH 1608):
"Wer sagt, durch die Sakramente des Neuen Bundes werde die Gnade nicht aufgrund der vollzogenen Handlung verliehen..., der sei ausgeschlossen."

Der Ausdruck "die Absicht haben, zu tun, was die Kirche tut" bedeutet also, die Absicht haben, das Sakrament ernsthaft und getreu der Tradition und Handlungsweise der Kirche zu spenden.

Und somit steht fest, daß Ihr Beispiel des "entsprechend programmierten Roboters, der bewußtlosen Person, oder eines eventuell betrunkenen Priesters oder Bischofs, der ein Sakrament spenden will" *) eben eindeutig keine Sakramentenspendung und somit ungültig ist, da so etwas die Kirche eben nicht tut.

Bei diesen angeführten Beispielen wird eben das Sakrament nicht ernsthaft und getreu der Tradition und Handlungsweise der Kirche gespendet; es fehlt somit die äußere Intention. Auch dieser Einwand widerlegt die unfehlbare Lehre der Kirche, daß zur gültigen Sakramentenspendung die äußere Intention genügt, nicht.

Herr Rothkranz schreibt richtig, "daß unter der Voraussetzung einer inneren Intention es heute höchstwahrscheinlich keinen einzigen gültig geweihten Bischof mehr gebe." Dies setzt außerdem voraus, daß Jesus Christus die von ihm geschaffenen Sakramente nicht absichern konnte und somit der Teufel unseren Herrn Jesus Christus besiegt hatte Kein vernünftig denkender Mensch kann dies bejahen.

Deshalb hat die Kirche auch mehrfach entschieden "Die Kirche urteilt nicht über Verborgenes bzw. über die Gesinnung, da diese ja an sich etwas Innerliches ist " (DH 1814 und 3318) Somit ist bewiesen, daß eine "innere Intention" nicht notwendig ist. Zur gültigen Sakramentenspendung genügt deshalb die äußere Intention, nämlich "das zu tun, was die Kirche tut".

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Klaus Schöner

2. Brief der Redaktion an Herrn Schöner

Sehr geehrter Herr Schöner,

haben Sie herzlichen Dank für Ihre Stellungnahme zum Problem der geforderten Intention bei der Sakramentenspendung, welches sich bei der Behandlung des reformerischen Ritus der Priesterweihe als von allgemeinerer Bedeutung herauskristallisiert hatte Sie plädieren für die von Herrn Rothkranz (gegen Wendland und Jerrentrup) aufgestellte Behauptung, es genüge die sog "äußere" Intention "gemäß der unfehlbaren Lehre der Kirche" **) und wiederholen sie, wobei Sie noch auf die Abhandlung von H.H. Pater August Groß in KYRIE ELEISON (Heft 1-4, 1987) hinweisen, der dort eine ähnliche Position vertritt. Zugleich führen Sie noch eine Reihe von Lehrentscheidungen der Kirche aus dem Denzinger an.

Dazu ist vorab festzuhalten: eine solche "unfehlbare Lehre" bezüglich der sog. "äußeren Intention" seitens der Kirche gibt es nicht. Keine der von Ihnen zitierten Entscheidungen im Denzinger spricht von einer solchen "äußeren Intention", ganz abgesehen davon, daß eine solche Bestimmung als zu glauben verpflichtend nicht vorgeschrieben wird.

Unstrittig ist jedoch, daß für das Zustandekommen eines Sakramentes die entsprechende Intention konstitutiv ist (vgl. Tridentinum, 7. Sitzung, Kanon 11, ebenso die von Ihnen zitierten Nummern des Denzinger, DH 1262,1312 - Papst Eugen IV. im Dekret "Exsultate Deo" vom 22.11. 1439 - u. 1315, 794, 3100, 3102). Strittig bleibt weiterhin die Frage, wie sich diese Intention nach außen zu erkennen gibt. Dafür sind jedoch die von Ihnen weiterhin angeführten Denzinger-Nummern unerheblich, da sie

a) die Würdigkeit des Spenders betreffen (DH 644-646, 1154),
b) dessen Rechtgläubigkeit (DH 588),
c) das Problem des "ex opere operato" (DH 1608, 3844) behandeln, was besagt, daß die sakramentale Gnade "aufgrund der vollzogenen Handlung" - unabhängig von der Würdigkeit des Spenders! - verliehen wird. ***)

Für unser Problem eigentlich zutreffend ist nur Denzinger DH 3318, d.i. die Enzyklika "Apostolicae curae" von Leo XIII., in der das Problem des Sich-Äußerns der Intention angesprochen wird.

Leider beantworten Sie die von mir im Vorwort zu der Artikelserie (in EINSICHT XXIII/1 vom April 93, S. 3-11) aufgestellte Frage nach den Erkenntnisbedingungen fremder Intentionen - in unserem Falle: die des Spenders -, die von zentraler Bedeutung für den angesprochenen Problemkomplex ist und so von der scholastischen Philosophie und Theologie m.W. noch nie gestellt wurde, nur nebenbei.

Außerdem vermengen Sie in dem, was Sie "äußere Intention" nennen, wiederum den normalerweise damit gemeinten äußeren exakten Vollzug des Sakramentes mit der wirklichen Intention einer "ernsthaften" Spendung, die von Leo XIII. in "Apostolicae curae" nicht als Bedingung der geforderten Intention angesprochen wird, sondern als Erkennungsmerkmal eines gültigen Vollzuges.

Um was handelt es sich bei der Sakramentenspendung? Es geht doch darum, daß eine (von Christus letztendlich) beauftragte und bevollmächtigte Person bestimmte Gnaden mittels eines bestimmten äußeren Vorganges (Form und Materie) einem bestimmten Empfänger verleiht. Es handelt sich also um einen Vermittlungsprozeß. Um das uns dabei interessierende Problem noch einmal klar zu umreißen. Es geht nicht darum, daß die Intention "zu tun, was die Kirche tut" erzeugt sein muß, sondern darum, wie und auf Grund welcher Bedingungen wir als Außenstehende den Vollzug dieser Intention beim Spenden eines Sakramentes erkennen können. Was heißt das?

Um die Debatte voranzubringen, sei mir gestattet, einige Erkenntnisse aus der philosophischen Interpersonallehre vorzutragen +), die ich hier wegen der Begrenzung auf unsere eigentliche Frage vorerst nur einschiebe, die ich aber auch erforderlichenfalls zu deduzieren bereit bin. Ich darf wiederholen, was ich in dem oben erwähnten Vorwort geschrieben hatte:

"Die Schwierigkeit zu erkennen, ob die geforderte Intention beim Spender tatsächlich vorhanden ist, besteht für Außenstehende, d.h für den Empfänger bzw. die Teilnehmer einer sakramentalen Handlung darin, daß sich im bloß äußeren Bereich ein (juridisch-relevantes) objektiv wahrnehmbares Kriterium nicht angeben läßt, an welchem sich die Intention qua Intention manifestieren und an dem man sie ablesen könnte. Denn eine fremde Intention qua Intention ist nur unmittelbar, jedoch im Akt des Vermittelns bzw. der Objektivation dieser Unmittelbarkeit zu erkennen Auf die Sakramentenspendung bezogen heißt das: die Intention muß im unmittelbaren Tun des Spenders aufleuchten "

Ich will versuchen, diesen Gedanken ausführlicher darzustellen. Die Absicht (intentio) des Ichs, d.i. die bewußte willentliche Gerichtetheit auf etwas Bestimmtes, will sich, wie z.B. in unserem Fall, auf eine andere Person beziehen. Will sich diese Intention tatsächlich verwirklichen - und nicht bloßes Wünschen bleiben, dann muß sie sich auf diese Person hin vermitteln Dies kann sie nur, indem sie sich äußert, d.h. aus der bloßen Unmittelbarkeit heraustritt, da dem Ich als freiem Prinzip (P1) der unmittelbare Zugang zu einem anderen Ich (P2), welches seinerseits ja auch ein freies Prinzip ist und als solches behandelt werden will (soll), verwehrt bleiben muß ++). P1 muß also seine Absicht P2 mitteilen (können).

Diese Vermittlung der Unmittelbarkeit (der Intention) von P1 ist aber nur möglich, indem sie sich durch Handeln objektiviert und manifestiert. Diese Manifestation in der Außenwelt - soll sie von P2 als ein an sie gerichteter Wille von P1 aufgefaßt werden - muß nun so beschaffen sein, daß sie den Adressaten (P2) nicht bloß determiniert, sondern ihm in diesem An-Determinieren zugleich auch einen eigenen Freiheitsraum eröffnet. D.h. P2 muß in der durch P1 geschaffenen Veränderung in der Außenwelt die diese Veränderung prägende Intention von P1 erkennen als eine Mitteilung zur Eröffnung einer gemeinsamen Handlungssphäre P2 muß also diese Veränderung in der Außenwelt auffassen als eine an es gerichtete Mitteilung, indem es in und an ihr zugleich die dafür bestimmende Intention erkennt. Die Intention von P1 äußert sich im Handeln, und dieses Handeln kann von P2 nur als solches durch das Aufleuchten der sie bestimmenden Intention erkannt werden! P2 kann (und muß) also wissen, was P1 auf P2 hin will bzw. welche Intentionen P1 auf P2 im Handeln hin äußert, und P1 muß wiederum erkennen, was P2 will Wir haben es also mit einem Wechselverhältnis gegenseitiger Intentions-Erkenntnis zu tun.

Beziehen wir diese Ergebnis auf unser Beispiel: Ein Spender darf einen Empfänger nicht einfachhin determinieren, ihm das Sakrament gegen - besser ohne Berücksichtigung - seinen Willen spenden, sondern muß ihm als Freiheitsprinzip zunächst durch die oben bestimmten Bedingungen der interpersonalen Vermittlung eröffnen, daß er dem gemeinten Empfänger dieses bestimmte Sakrament spenden will. Dieser Wille des Spenders muß - neben einer Reihe anderer Momente der Vermittlung,
zu denen auch die Intention gehört zu tun, was die Kirche tut - vom Empfänger (bzw. weiteren Personen) erkannt werden! Umgekehrt muß der Empfänger dem Spender seine Bereitschaft zum Empfang mitteilen.

Betrachtet man bloß die Veränderung in der Außenwelt isoliert von der sie hervorgerufenen Absicht (Intention), ohne zugleich auf die diese Veränderung bewirkende Intention zu schauen - wie das z.B. bei der sog. "äußeren Intention" geschieht -, und hinterstellt ihr bloß eine x-beliebige Intention, dann werden die für die interpersonale Vermittlung konstitutiven Momente ignoriert. Dann sieht man nur auf die Veränderung in der Außenwelt als bloße Faktizität (von der ich sagte, daß sie auch von einem Roboter herrühren könnte) Ich kann dann prinzipiell nicht sicher sein, ob die von mir gemeinte, bloß hinterstellte Intention auch die ist, die von der anderen Person gemeint ist, d h. ich weiß grundsätzlich nicht, ob ich das, was die andere Person will, auch überhaupt verstehen kann. Denn nur die bloße Veränderung in der Außenwelt als solche läßt mich eine bestimmte Intention nicht erkennen!

Halten wir fest: die fremde Intention gibt sich mir prinzipiell im Handeln zu erkennen.

Nun könnten Sie oder jemand anderes einwenden, die bestimmte Intention der anderen Person sei prinzipiell nicht erkennbar. Davon gehen unreflektiert die Verfechter der sog. "äußeren Intention" aus +++). Was würde daraus folgen? Man konnte nicht erkennen, was eine andere Person eigentlich will. Man könnte das fremde Handeln bloß interpretieren, indem ich willkürlich eine dieses Handeln leitende Absicht hinterstellen würde. (Letztlich wurde sich auch zeigen, daß der Versuch, Veränderungen in der Außenwelt als fremdes Handeln zu interpretieren, keine Berechtigung hatte, da mir ja der Zugang zu einer anderen Person gänzlich verschlossen bliebe.) Damit blieben aber nicht nur alle sakramentalen Handlungen fragwürdig - eine Sicherheit hinsichtlich der erforderten Intention würde es nicht geben -, sondern es ließen sich auch keine moralisch gesollten interpersonalen Verhältnisse mehr realisieren. Die Forderung nach der Nächstenliebe konnte zwar noch erhoben werden, aber eine Erfüllung dieses Gebotes wäre prinzipiell unmöglich bzw. nicht verwirklichbar, da ich nicht wissen kann, ob und was der andere tatsächlich will.

Man stelle sich diese Bedingungen hinsichtlich eines ehelichen Verhältnisses vor, in dem und durch das ein inniges Liebesbündnis verwirklicht werden soll! (Ich spare mir. den Nachweis zu führen, daß unter der Voraussetzung der Nicht-Erkennbarkeit der fremden Intention ein Interpersonalverhältnis nicht einmal gedacht werden kann.) Ebenso wäre der Zugang zur Gotteserkenntnis auf dem normalen Weg nicht möglich, da mir dessen Wille ebenso verborgen bliebe - Gott hat sich geoffenbart! -, weil die Sich-Mitteilung des göttlichen Willens an die Menschen ja auch an die interpersonalen Vermittlungsbedingungen geknüpft ist.

Wie bereits ausgeführt: die Intention wird als solche sichtbar im Handeln. Wenn Leo XIII. in "Apostolicae curae" (DH 3318) sagt: "Die Kirche urteilt nicht über die Gesinnung oder die Absicht, da diese ja an sich etwas Innerliches ist, insofern sie aber geäußert wird, muß sie (d.i. die Kirche) über sie urteilen", so ist damit genau der gemeinte Sachverhalt angesprochen. Die bloße Intention, die sich nicht äußert, bleibt mir prinzipiell verborgen - wie bereits gezeigt. Aber daraus läßt sich nicht der Schluß ziehen, daß sie mir prinzipiell unbekannt bleiben muß, weswegen man gezwungen wäre, die Intention an bloßen Veränderungen in der Außenwelt aufzuhängen, auf unseren Fall bezogen- der rein rituelle Ablauf der Sakramentenspendung, der unabhängig vom Spender festgestellt wird - so z.B. bei dem Dominikaner Ambrosius Catharinus (+ 1553), dessen Auffassung sich noch bis ins 18. Jahrhundert hielt.

Was bedeutet nun der auch von Ihnen angeführte Satz aus der bereits zitierten Enzyklika "Apostolicae curae": "Wenn aber jemand, um ein Sakrament zu vollziehen und zu spenden, ernsthaft und ordnungsgemäß die gebührende Materie und Form angewendet hat, so nimmt man eben deshalb von ihm an, er habe offenbar das zu tun beabsichtigt, was die Kirche tut"? Das heißt: weil man in vielen Fällen, in denen Sakramente gespendet werden, nicht selbst anwesend ist, also die Intention des Spenders in dessen sakramentalem Handeln nicht erkennen kann und auf das Zeugnis Dritter, d.h. Zeugen dieses Geschehens angewiesen ist, wird angenommen - und man kann das, weil in der Regel der Spender die geforderte Intention erzeugt -, daß die geforderte Bedingung erfüllt worden ist und man von einer gültigen Spendung ausgehen kann. Dieses "ernsthafte und ordnungsgemäße (Anwenden von) gebührender Materie und Form" ist nur ein Indikator, von dem Rückschlüsse als erlaubt möglich sind. Selbstverständlich bleibt die Erkenntnissicherheit an die Voraussetzung dieser Annahme gebunden; denn sollten objektive Kriterien für einen Zweifel an der Gültigkeit einer Sakramentenspendung auftauchen, dann müßte die frühere Beurteilung gegebenenfalls revidiert werden. Und damit ist auch exakt der Problemstand hinsichtlich der Beurteilung der Gültigkeit der Weihen von Mgr. Lefebvre durch Mgr. Lienart angegeben. (N.b. was der Satz von Leo XIII. ebenfalls besagt, soll hier auch angeführt werden: Ohne ernsthaften Grund hinsichtlich der Intention darf man an der gültigen Spendung eines Sakramentes nicht zweifeln.) Hier gibt sich Leo XIII keineswegs als Vertreter der sog. "äußeren Intention" zu erkennen!

Wir haben noch ein Problem zu klären: Was heißt "zu tun, was die Kirche tut"? Aus den bisherigen Erläuterungen ergibt sich eine vorläufige Antwort relativ einfach der Wille des Spenders soll sich mit dem der Kirche bei der Spendung der Sakramente einigen bzw. in Übereinstimmung gebracht werden. Was aber "tut die Kirche"? Zunächst einmal wird die Kirche nicht in einzelnen Bevollmächtigten angesprochen, sondern als die von Christus beauftragte Institution, die durch von ihr beauftragten Personen dessen Aufträge durchführen läßt. Was aber tut die Kirche insgesamt durch die von ihr Beauftragten hindurch bei der Sakramentenspendung? Man könnte sagen die Kirche (in dem erläuterten Sinn) vollzieht einfach äußerlich definierte Handlungen, d.s. die rein rituellen Handlungen, wobei das Problem der sog. "äußeren Intention" vom Spender nur auf die Kirche als Institution verlagert würde. Wenn die Sakramentenspendung so verstanden wurde, daß es sich dabei bloß um die Ausführung ritueller Vorgänge handelte, wurde man m.E die Sakramentenspendung zum bloßen Ritualismus, zur bloßen Zauberei degradieren, denn man wurde von äußeren Vollzügen ohne ersichtlichen Grund eine besondere (gnadenhafte) Wirkung erwarten. (Es soll nicht verschwiegen werden, daß diese Auffassung von bestimmten Ritualisten in der Tat vertreten wird.)

Was "tut die Kirche" aber nun wirklich? Sie erfüllt den Auftrag Christi, d.h. sie eint ihre Intention mit der Christi, um durch die Spendung eines bestimmten Sakramentes die daran gebundenen Gnaden dem Empfänger zu vermitteln, wobei die rituellen Handlungen (die äußeren sakramentalen Zeichen - Form und Materie) als konstitutive Momente der Vermittlung anzusehen sind. Das kommt auch in der Antwort des Hl. Offiziums an den Apostolischen Vikar Zentral-Ozeaniens vom 18.12.1872 (auf die Anfrage hinsichtlich der Taufe von Methodisten) zum Ausdruck, wo es heißt: "... zu tun, was Christus wollte". (DH 3100)

Ebenso erläutert Leo XIII. das Tun der Kirche in '"Apostolicae curae'", wo er hinsichtlich der anglikanischen Weihen davon spricht, daß die entsprechende Absicht fehle, wenn zurückgewiesen werde, "was die Kirche tut und was aufgrund der Einsetzung Christi zur Natur des Sakramentes gehört" (DH 3318). Hier wird also ganz klar die obige Auffassung eines bloßen Ritualismus verworfen!

Gestatten Sie mir, verehrter Herr Schöner, noch eine abschließende Bemerkung, ohne mich darin mißverständlich auszudrücken. Manchmal habe ich den Eindruck, daß es den katholischen Traditionalismus - zu dem ich Sie nicht zähle! - nicht deshalb gibt, weil deren Vertreter tatsächlich überzeugte Christen sind und deshalb an dem orthodoxen Glauben konsequent festhalten, sondern weil sie schlicht zu starr und/oder geistig zu taub sind, sich neuen Fragestellungen zu öffnen. Sie ringen nicht um geistige Inhalte, denn geistige Resultate lassen sich nicht einfach "einstecken" wie Konservenbüchsen in eine Tasche, welche man im 'Supermarkt' kauft - wobei dieser 'Supermarkt' durchaus auch ein theologisches Lehrbuch sein kann, welches man auswendig lernt. Nicht umsonst hat z.B. ein moderner Theologe wie Karl Rahner soviel Zuspruch bekommen! Denn seine formale Absicht, die Theologie begrifflich zu systematisieren, wurde von vielen als erforderlich angesehen.

Es war eine andere Sache, daß er das mit einem auf 'christlich' zurecht getrimmten hegelschen Begriffsapparat inhaltlich scheitern mußte. Man muß erst einmal begreifen, welche Revolution es darstellte, als Albertus Magnus und nach ihm Thomas v. Aquin Rückgriffe auf Aristoteles machten, um theologische Sachverhalte begrifflich besser bearbeiten oder fassen zu können.

Die Vertreter, die immer noch an der sog. "äußeren Intention" als genügend für die Sakramentenspendung festhalten wollen, d.h. denen ein gewisser äußerer Vorgang als Indikator für die Gültigkeit der Sakramente genügt - unabhängig von der tatsächlichen Intention des Spenders, die schlicht ignoriert wird - darf ich fragen, was Sie zu folgendem Beispiel sagen: Normalerweise gilt ein Kuß als Zeichen der gegenseitigen Wertschätzung, der gegenseitigen Zuneigung und der Liebe. Muß er das aber immer sein? Man erinnere sich! Da gab es Judas, der den Herrn auch küßte..., aber nicht aus Liebe, sondern um Ihn zu verraten.

Nachträglich wünsche ich Ihnen noch alles Gute zum Neuen Jahr

Ihr Eberhard Heller

***

Anmerkungen:
*) Dadurch, daß diese Passage in Anführungszeichen gesetzt ist, werden mir Dinge in den Mund gelegt, die ich nicht gesagt habe. In der Einleitung zu der Artikelserie führe ich als Beispiel weder einen betrunkenen Priester noch Bischof an. E. Heller

**) In einem Brief vom 8.11.93 hat Herr Rothkranz seine Terminologie noch einmal überdacht. Er schreibt: "Der Terminus 'äußere Intention' (...) verleitet förmlich zu Mißverständnissen "- Auf dieses Schreiben werde ich bei passender Gelegenheit noch einmal eingehen.

***) Bei dieser Lehrbestimmung wird meist vergessen, daß beim "ex opere operato" die entsprechende Intention, d.i. das zu tun, was die Kirche tut, miteingeschlossen sein muß. Häufig wird das "ex opere operato" verwechselt mit dem, was in der Schultheologie so als "äußere" Intention bezeichnet wird. Dieser Irrtum liegt m.E. auch in obiger Argumentation von Herrn Schöner zugrunde, wenn er DH 1608 und 1315 kompiliert.

+) Zum Problem der interpersonalen Vermittlung sei hier u a auf folgende Abhandlungen hingewiesen: Buber, Martin: "Das dialogische Prinzip" Heidelberg 1962,
Duesberg, Hans: "Person und Gemeinschaft" Bonn 1970,
Fichte, Johann Gottlieb: "System der Rechtslehre", "Thatsachen des Bewußtseyns" 1810/11, "Grundlagen des Naturrechts", "Die Wissenschaftslehre nova methodo" 1796, "Anweisungen zum seligen Leben" u.a.; in "Fichtes sämmtlichen Werken" Berlin 1845/46, "Nachgelassene Werke" Bonn 1834/35; Fichte "Gesamtausgabe" hrsg. u.a. von Gliwitzky, Jacob, Lauth, München 1964 ff.,
Heller, Eberhard: "Die Theorie der Interpersonalität im Spätwerk Fichtes" I.-D München 1974,
Hunter, Charles Kipling: "Der Interpersonalitätsbeweis in Fichtes früher angewandter praktischer Philosophie" Meisenheim am Glan 1973,
Kopp, Johannes: "Vernünftige Interpersonalität als Erscheinung des Absoluten" München 1972,
Lauth, Reinhard: "Das Problem der Interpersonalität bei J.G. Fichte" 1962/189. "Ethik" 1969.

++) Zur Erläuterung: ich muß die andere Person als prinzipiell frei und selbständig in ihren Entscheidungen annehmen. Wenn ich unmittelbar den Willen des anderen bestimmen könnte, wäre er nicht mehr freies Prinzip, sondern durch einen fremden Willen manipulierbar.

+++) Die Verfechter dieser Theologenmeinung begnügen sich damit, "daß der Spender die sakramentale Handlung in der rechten Weise vornimmt, wenn er auch innerlich sich zu ihr gleichgültig und sogar negativ verhält, so daß er gar nicht den im Christentum bekannten religiösen Ritus vollziehen will " (Bartmann, Bernhard: "Lehrbuch der Dogmatik" II. Bd, Freiburg 1929, S 236 ) - Man denke in diesem Zusammenhang einmal daran, in welch eindeutiger und klaren Weise der hl. Petrus auf das Ansinnen des Zauberers Simon, die geistliche Vollmacht der Sakramentenspendung für Geld zu erkaufen (vgl. Apg. 8,9-24), reagierte. Sicherlich hatte dieser Simon, nach dem der geistliche Ämterkauf als "Simonie" bezeichnet wird, auch vor, die Sakramente richtig zu spenden, doch der hl Petrus wies ihn ab "Dein Geld fahre mit dir ins Verderben, weil du meinst, die Gabe Gottes für Geld zu erwerben. Du hast nicht Anteil und nicht Anrecht an dieser Botschaft, denn 'dein Herz ist nicht aufrichtig vor Gott' (Ps 78,37)", (Apg. 8,20-21) d.h. du hast nicht die entsprechende Intention.

 
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