DIE HL. AGATHA
- Zum Fest am 5.Februar -
von
Heinrich Storm, München
Die älteste Quelle, die uns das Martyrium der heilìgen Agatha
berichtet, ist eine lateinische Märtyrerakte, von der man annimmt, daß
sie um die Mitte des 5.Jahrhunderts entstanden ist. Sie soll daher im
folgenden, bei der Wiedergabe des Lebens der Heiligen, als Vorlage
dienen.
Die heilige Agatha - die Gute, wie ihr Name übersetzt lautet - lebte um
die Mitte des 3.Jahrhunderts zu Catania auf Sizilien. In dieser Zeit
hatte sich das Christentum zwar bereits weit über das Römische Reich
verbreitet, doch noch immer galt es als staatsfeindlich, weil es den
gottlosen Kaiserkult ablehnte; kurze Perioden der Duldung durch den
Staat wechselten mit längeren der Verfolgung ab. Keine Maßnahme war
imstande, das aufblühende Leben in den christlichen Gemeinden zu
ersticken.
Unter Kaiser Decius (249-251) brach eine neue Christenverfolgung aus,
zu deren ersten Opfern der heilige Papst Fabianus (236-250) gehörte,
und der auch die heilige Agatha zum Opfer fallen sollte.
Als Mädchen aus vornehmem Hause, die mit allen Glücksgütern wie
Schönheit, Reichtum und Ansehen ausgestattet war, fiel sie dem
römischen Statthalter auf Sizilien, Quintianus, ins Auge. Die neue
Christenverfolgung lieferte diesem einen Vorwand, Agatha, die als
Zeichen ihrer Zugehörigkeit zum Stand der "virgines Deo dicatae", der
gottgeweihten Jungfrauen, einen roten Schleier trug, in Haft zu nehmen
und sie so seinen verbrecherischen Absichten auszuliefern.
"Er, der nach irdischem Ruhm strebte, wollte seine Geltung vermehren
und ließ deshalb die Dienerin Gottes, die von höchster Abkunft war,
einkerkern, um so dem Volk zu beweisen, daß er trotz seiner niedrigen
Herkunft die Macht besäße, sich auch Personen aus höchstem Stand zu
unterwerfen." Als Agatha allen seinen Anträgen und Versprechungen
gegenüber taub blieb, besaß er die Schändlichkeit, sie einer Kupplerin
und deren neun verderbten Töchtern zu übergeben; diese hatten den
Auftrag, die Jungfrau durch das Beispiel ihres sittenlosen Treibens,
durch Schmeicheleien und Versprechungen, aber auch durch Drohungen von
ihren guten Vorsätzen abzubringen.
Aber auch in dieser neuen Versuchung bewährte sich die Heilige. "Mein
Geist ist gefestigt und auf Christus gegründet. Eure Worte sind wie
Wind, eure Versprechungen wie Regengüsse, eure Drohungen wie Flüsse,
wie sehr sie auch die Fundamente meines Hauses bedrängen, sie werden es
nicht zu Fall bringen, denn auf Felsen ist es gebaut." Aphrodisia, der
Kupplerin, blieb nichts weiter übrig, als ihrem Auftraggeber von ihrem
Mißgeschick zu berichten: "Es ist leichter, Felsen zu erweichen und aus
hartem Eisen weiches Blei zu machen, als dieses Mädchen von seiner
christlichen Gesinnung abzubringen. ... Diese hat alles (d.h. alle
Versprechungen und Drohungen) wie Staub, den man unter den Füßen
niedertritt, für nichts geachtet."
Der ebenso erstaunte wie erzürnte Quintianus lud nun Agatha vor sich
und stellte ihr, die sich freimütig als Magd Christi bezeichnete, die
Frage, warum sie die Mühsal der Verfolgung auf sich nähme, da ihr doch
alle Welt zu Füßen liegen könnte: "Wenn du eine frei und adlig Geborene
bist, warum willst du dann Magd sein?" Die Heilige gibt darauf die
wunderbare Antwort: "Die höchste Freiheit ist diejenige, in welcher die
Knechtschaft Christus gegenüber vollkommen anerkannt wird." "Was folgt
daraus?" fragte Quintianus weiter, "sind etwa wir, die wir dem
Götterkult huldigen und den Gehorsam gegen Christus verachten, nicht
frei?" Und Agatha gab zurück: "Eure Freiheit wird zu einer solchen
Knechtschaft, daß sie euch nicht allein zu Sklaven der Sünde macht,
sondern sogar zu Dienern von Machwerken aus Holz und Stein." So ging an
der heiligen Agatha die Verheißung Christi für den Fall der Verfolgung
in Erfüllung: "Ich werde euch Beredsamkeit und Weisheit geben, der von
allen euren Gegnern keiner widerstehen noch widersprechen kann." (Luk.
21~15).
Auch Quintianus sah nun kein anderes Mittel mehr als das der nackten
Drohung: "Entweder du opferst den Göttern, oder ich werde dich
vielfältigen Martern aussetzen." Das Gottvertrauen der heiligen
Jungfrau aber war nicht zu erschüttern: "Wenn du mich den wilden Tieren
vorwirfst, werden sie zahm werden, sobald sie den Namen Christi hören;
wirfst du mich ins Feuer, werden mir die Engel vom Himmel rettenden Tau
senden; quälst du mich auch durch Schläge und Ruten: Ich habe in mir
den heiligen Geist, durch den ich alle deine Foltern verachte." Als der
Statthalter sie daraufhin in den Kerker werfen ließ, war sie von einer
solchen inneren Freude erfüllt, "als wäre sie zu einem Festmahl
geladen," und indem sie sich im Gebet vollkommen dem Willen Gottes
anvertraute, erwartete sie gefaßt das ihrerharrende Martyrium.
Am folgenden Tag wurde die Heilige wiederum ihrem Richter vorgeführt,
der ihr die Frage stellte: "Was hast du über dein Heil beschlossen?"
Agatha antwortete: "Mein Heil ist Christus." Sie ging sogar noch
weiter, indem sie sich nicht nur standhaft weigerte, ihren Glauben zu
verraten, sondern darüber hinaus sogar den Richter aufforderte, von
seinen "Göttern aus Holz und Stein" ab-zulassen und statt dessen seinen
Schöpfer, den wahren Gott, anzubeten.
Der erzürnte Quintianus befahl daraufhin, sie zu foltern. Doch
ebensowenig wie die Schmeicheleien der Dirnen, konnte die Brutalität
der Henkersknechte sie wankend machen, und selbst die grausamen
Folterungen nahmen ihr nicht die Heiterkeit ihres Gemütes. "Ich
empfinde angesichts dieser Strafen, die ja nur kurze Zeit andauern,
eine solche Freude, wie jemand, der eine gute Nachricht hört, der
erfüllt sieht das, was er lange gewünscht hat oder der große Schätze
findet. Denn das Weizenkorn kann nicht in die Scheune eingebracht
werden, bevor nicht seine Hülle zerstampft und zu Spreu verwandelt
wird, ebenso kann auch meine Seele nicht in das Paradies des Herrn mit
der Palme des Martyriums gelangen, wenn du nicht vorher meinen Körper
sorgfaltig von deinen Henkersknechten zurichten ließest."
In einem Anfall bestialischer Grausamkeit befahl Quintianus nun, der
standhaften Jungfrau die Brüste abzuschneiden, darauf ließ er sie in
den Kerker zurückbringen, indem er der Schwerverletzten,
Blutüberströmten jegliche ärztliche Hilfe verweigerte. Das
Gottvertrauen Agathas aber wurde wunderbar belohnt. In der Nacht
erschien ihr in ihrem Kerker ein Greis, der sie in ihren Qualen
tröstete und sich ihr als Christ zu erkennen gab. Als er ihr jedoch
seine ärztliche Hilfe anbot, weigerte Agatha sich, diese anzunehmen,
"weil ich meinen Erlöser, den Herrn Jesus Christus, habe, der durch das
Wort alles heilt und dessen Rede allein das Universum wiederherstellt;
wenn er will, kann er mich auf der Stelle gesund machen." Da sagte ihr
der Greis lächelnd: "Er selbst hat mich zu dir gesandt, denn ich bin
sein Apostel. Du aber sollst wissen, daß du in seinem Namen geheilt
sein wirst." Und als er dieses gesagt hatte, wurde er plötzlich vor
ihren Augen hinweggehoben. Agatha fiel auf die Knie und dankte dem
Herrn Jesus für die Stärkung, die er ihr durch seinen Apostel hatte
zukommen lassen. Das furchtbare Martyrium der Heiligen nahm erst am
folgenden Tag ein Ende.
Als Quintianus die wunderbare Heilung Agathas sah und von ihr hören
mußte, Christus habe sie geheilt, wußte er in seiner rasenden Wut kaum
noch, welche neuen Martern er der Jungfrau zufügen sollte. Er ließ sie
nackt über spitze Scherben und glühende Kohlen wälzen und sie dann
halbtot in den Kerker zurückbringen. Die Heilige aber, die sich am Ziel
ihrer irdischen Wanderschaft sah, breitete ein letztes MaI die Arme
aus, Gott entgegen, und sprach ihr Sterbegebet: "O Herr, der Du mich
erschaffen und von Kindheit an behütet hast, der Du mich trotz meiner
Jugend standhaft handeln ließest, der Du von mir die Sehnsucht nach
zeitlichen Gütern hinwegnahmst und meinen Leib vor der Schande
bewahrtest, der Du mich die Foltern der Peiniger, Schwert, Feuer und
Ketten besiegen ließest und mir, in den Qualen die Tugend der Geduld
verliehen hast: Dich bitte ich, meinen Geist bald aufzunehmen, denn es
ist Zeit, daß ich auf Dein Geheiß diese Welt verlasse und zu Deinem
Erbarmen gelange." Und mit diesen Worten entschlief die Heilige im
Herrn.
Wunderbares wird vom Hingang der Martyrin berichtet: Noch während sie
durch Quintianus zu Tode gemartert wird, kommen zwei seiner Freunde bei
einem plötzlichen Erdbeben um, auch der Statthalter selber nahm wenig
später ein schlimmes Ende. Als Agatha unter großer Anteilnahme des
Volkes, von Christen und Heiden bestattet wurde, legte ein unbekannter
Jügling - wohl ihr Schutzengel - vor ihrer Leiche eine marmorne Tafel
nieder mit der Inschrift: MENTEM SANCTAM SPONTANEUM HONOREM DEO, ET
PATRIAE LIBERATIONEM. (Heilige Gesinnung, Gott aus freiem Willen die
Ehre, Befreiung des Vaterlandes.)
Ein Jahr darauf bedrohte ein schwerer Ausbruch des Ätna die Stadt
Catania. In ihrer Not wußte sich die Bevölkerung nicht anders zu
helfen, als daß sie den Schleier Agathas der herannahenden Lava
entgegentrug, die daraufhin auf wunderbare Art und Weise zum Stillstand
kam. "Und so zeigte unser Herr Jesus Christus, daß Er sie von den
Gefahren des Todes und des Feuers durch die Verdienste und Fürbitten
der heiligen Agatha befreit hatte, Er dem Ehre, Ruhm und Macht gebührt
von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen."
Mit diesen Worten endet der Bericht der Märtyrerakte über Sankt Agatha.
Das Andenken und die Verehrung der großen Heiligen aber war in der
Kirche zu allen Zeiten lebendig. Vor allem die Stadt Catania,
Schauplatz ihres Martyriums, schreibt ihrer Anrufung die Errettung von
mannigfältigen Gefahren zu. Bis in die Gegenwart hinein wurd das
Zeichen ihrer Jungfräulichkeit, das "flaminium" (der rote Schleier) bei
einem drohenden Ausbruch des Ätna in feierlicher Prozession durch die
Straßen Catanias getragen. Die "tabula angelica" (Engelstafel) mit der
Inschrift befindet sich heute als kostbare Reliquie in Cremona, andere
Reliquien der Heiligen werden an vielen Orten Europas verehrt. Vor
allem als Patronin gegen Feuersgefahr wird ihr Andenken durch
mancherlei volkstümliche Bräuche lebendig erhalten, so war es z.B.
früher üblich, am Agathatag in Häusern und Ställen Lichter anzusünden,
um so im Vertrauen auf die Fürsprache der Heiligen vor Brandgefahr
geschützt zu sein.
Bereits sehr früh hat ihr Name Eingang in die Liturgie gefunden. So
existiert eine Messe zu Ehren St. Agathas sowohl im ambrosianischen als
auch im mozarabischen (spanischen) Ritus. Die Römische Kirche hat die
besondere Stellung der heiligen Agatha vor allem dadurch unterstrichen,
daß sie ihren Namen in den Kanon der heiligen Messe aufnahm, dort wie
auch in der Allerheiligen-Litanei wird sie neben Lucia, Agnes und
Cäcilia als Stolz und Zierde aller christlichen Jungfrauen und
Märtyrinnen angerufen.
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