54. Jahrgang Nr. 6 / September 2024
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DAS HEILIGE LEICHENTUCH BEWEIS FÜR CHRISTI TOD UND AUFERSTEHUNG
 
DAS HEILIGE LEICHENTUCH
BEWEIS FÜR CHRISTI TOD UND AUFERSTEHUNG


von
Bruder Bruno Bonnet-Eymard

(aus: LA CONTR… REFORME CATHOLIQUE, Nr.144, August 1979;
übersetzt von H.H. Pfarrer Paul Schoonbroodt)

Fortsetzung II:

Die durchbohrten Füße

Bis 1968 verfügten wir nur .über das Leichentuch von Turin als einzigem archäologischen Beweis für die römische Kreuzigung. Seit der Entdeckung des Grabmals des Jehohanan ben Haggol im Nordosten von Jerusalem (in Giv'hat hai mivtar im Juni 1968 - ein Jahr nach der Einnahme Jerusalems durch die Israelis) wissen wir jedoch, daß die römischen Henker bei der Durchführung der schrecklichen Hinrichtung nach mehreren Verfahren vorgingen. So wie die beiden Schacher an der rechten und linken Seite Jesu so wurden auch dem Jehohanan die Beine mit Gewalt gegen den Kreuzstamm gebrochen und zerschmettert. Dieses crurifragium bereitete dem Leben des Verbrechers ein Ende, denn dadurch wurde er daran gehindert, noch weiter gegen die Erstickung anzukämpfen, indem er sich auf die Füße stützte, um sich aufzurichten. Darüber hinaus waren die Knochen der Fersen von der Innenfläche her miteinander verbunden, aber mittels eines 17 cm langen Eisennagels durchbohrt. Bei dem Mann des Leichentuchs verhält sich die Sache anders. Barbet hat die Stelle des Nagels angeben können, indem er den blutigen Abdruck des rechten Fußes untersuchte, über den sich dann der vordere Teil des linken Fußes schob. (Abb. 7 u. 8) - entgegen "dem herkömmlichen Brauch bei den Künstlern: auf den meisten Kruzifixen kann man sehen, wie der rechte Fuß über den linken Fuß geschoben ist, und manchmal sind sie sogar getrennt." Den Mittelpunkt der Blutströme setzt er "in einem rechteckigen Flecken fest, der dem inneren Rand näher ist als dem äußeren Rand des Abdrucks (...) in der Achse des Raumes, der die zweite von der dritten Zehe trennt."

Vignon weist darauf hin, wie sehr diese Stellenangabe allein die Annahme einer Fälschung ausschließt. (S.194) Im Falle, daß es zur Täuschung des Volkes hergestellt worden wäre, "hätte dieser Stoff doch für die Pilger etwas Enttäuschendes an sich gehabt: "Sehen Sie vorne den Fehler der Füße ..." (Abb.8). Das stimmt tatsächlich, denn Albert Dürer 'verbesserte' diesen Fehler, als er das Leichentuch 1516 für Margarete von Österreich nachbildete, indem er alle Zehen darstellte und zwar so, daß die Zehen des rechten Fußes unter dem linken hinsichtlich der Fußachse verschoben sind. "Ein seltsamer Fehler bei einem Meister dieses Ranges", (de Gail, S. 244.) Dadurch wird jedoch kund, daß diese Reliquie echt ist und nichts Künstliches an sich trägt. "Wir entdecken heute", fährt Vignon fort, "auf der Photographie der vorderen Unterpartie des Körpers eine gewisse runde Markierung. Diese entspricht der Nageleintrittswunde am linken Fuß, aber man kann sie nur mit Mühe entdecken. Könnte sie überhaupt auf dem Tuch für jemand anders als für einen Kenner sichtbar sein? Ich wende mich dem Rückenbild zu und suche die Wunde, welche unter der Fußsohle des linken Fußes durch den hindurchgehenden Nagel verursacht wurde: hier sehe ich einen schönen bleichen Fleck; ein dunkler Strom gleitet auf dem Tuch seitwärts, aber ich sehe keine Wunde. Wo ist übrigens die Sohle des linken Fußes? Um aber zu begreifen, weshalb sie denn fehlen müsse, oder fast fehlt, muß man vorher eine Erklärung des ganzen Zusammenhanges erhalten haben": die beiden Füße sind gekreuzt und deshalb hat der rechte Fuß einen vollständigen Abdruck auf dem Rückenbild hinterlassen, während man vom linken Fuß nur die Ferse und die mittlere Partie sieht, weil dieser Fuß schräg über den anderen und kreuzweise vom Innenrand her hineingeht.

In Wirklichkeit, erklärt Barbet, haben die Henker, die "ihr Handwerk" verstanden, "ganz natürlich an den weichen Stellen" durchbohrt, weil hier das Durchstechen leichter zu machen war. Uns jedoch, die wir heute das von den Archäologen erstellte scheußliche Bild der Kreuzigung des Jehohanan vor Augen haben - die Beine unter sich gebogen und auf den durchbohrten Fersen sitzend - uns erscheint dies weniger 'natürlich' und bietet uns einen zusätzlichen, noch bemerkenswerteren Hinweis auf Jesus, von dem Johannes bezeugt, daß man ihm kein Gebein zerschlug. Es stimmt zwar, daß er dabei zunächst an das durchbohrte Herz Jesu dachte, im Gegensatz zu den zerschlagenen Beinen der beiden Schächer (Joh. 19,32-37), indessen haben wir hier den gleichen Unterschied, den wir zwischen dem Gekreuzigten von Giv'hat hamivtar und dem Uomo della Sidone feststellen.

Die durchbohrte Seite

Der Abdruck der Seitenwunde (Abb:9) bildet eine Elipse, deren Form an die römische lancea erinnert; die Linienführung ist deutlich gezeichnet und hat eine große Achse von 44 mm und eine kleine Achse von 15 mm. Diese Wunde ist klaffend, ohne daß Fleisch darüber hängt. Also wurde der Leichnam nach dem Tode aufgestoßen. Das bedeutet eine erneute Niederlage für die These Hans Nabers und eine erneute Übereinstimmung mit dem Evangelium des hl. Johannes (19,33). Barbet hat die Stelle angegeben, wo das Eisenstück diesem "starken Blutstrom" aus der rechten Seite den Weg geöffnet hat: "Die Lanze glitt an der sechsten Rippe ab und durchbohrte sodann den Rippen-Zwischenraum und drang in das Innere des Körpers." (S.179) Sie erreichte die reÚhte Herzklappe, die nach dem Tod mit flüssigem Blut gefüllt bleibt. "Wäre der Lanzenstich auf der linken Seite erfolgt, so hätte er die blutleeren Kammern des Leichnams durchbohrt." (S.181) Wahrscheinlich war dieser tödliche Stoß ins Herz von der rechten Seite her, da er. die dünne Wand der rechten Kerzklappe durchstach, die klassische Handhabe beim Fechten der damaligen Zeit, weil ja die linke Seite normalerweise mit dem Schild bedeckt war. Barbet hat die Handbewegung des Hauptmannes an Leichen nachvollzogen. Er senkte sein Skalpel in den fünften Rippen-Zwischenraum der rechten Seite, indem er "hineinstach":"nach oben und ein wenig nach hinten". Nach 9 - lo cm öffnet das Messer die rechte Herzkammer und das Blut läuft der Klinge entlang durch den in die Lunge gebohrten Kanal ... Das Herzblut fließt weiter, nachdem die Klinge wieder herausgezogen ist ... (Die fünf Wunden.)

Bemerken wir noch folgendes: "Kein Maler ist auf den Gedanken gekommen, eine so unregelmäßige Blutbahn darzustellen. Und doch entspricht das der Wirklichkeit und wiederum hat die Einbildungskraft der Künstler versagt." (La Passion, S.179) Zunächst läuft die Blutbahn etwa 15 cm herab: "Ihr innerer Rand ist in abgerundete Kerben seltsam zerteilt, die sich aber bei einer unbeweglich senkrecht hängenden Leiche nicht erklären lassen. Hat denn eine Hand das Leichentuch gegen diesen Teil des Brustkorbs gedrückt?" (Les Cinq Plaies, S.27.) Ja, antwortet P. de Gail mit Eifer: "Das ist die normale Handlung einer Krankenhausschwester und einer Krankenpflegerin ... die Aufmerksamkeit einer Frau oder einer Mutter..." (S.48) M. Legrand zufolge (Dossiers du Saint Suaire, Paris 1939) ist die Handbewegung, die auf den Stoff drückt, um ihn auf die Wunde zu bringen, während der Stoff vom rechten Arm etwas hergezogen ist, die Erklärung für die Anomalie des einen Ellenbogens, der scheinbar etwas tiefer und rechts mehr nach außen reicht als links. Dieser hätte nämlich einen Abdruck mehr nach außen hin als an der ursprünglichen Stelle hinterlassen.

Diese Erklärung, die Barbet noch akzeptierte, erscheint uns heute nicht mehr tauglich. Seit dem Jahre 1968 nämlich haben sämtliche Gutachten gezeigt:
1. das Leichentuch verhält sich wie eine vollkommen starre fotographische Platte, die jeden Bildpunkt in orthogonaler Projektion aufnimmt;
2. auch die Bilder vom Blut sind Projektionen aus einigem Abstand und keine Abzüge mittels Berührung der Blutgerinsel mit dem Tuch; auf dem Tuch erscheint nämlich keinerlei Spur von natürlichem Blut. Wir werden noch darauf zurückkommen, aber beides ließ sich im Anschluß an die bewunderungswürdigen Experimente von Barbet jetzt schon verstehen. (S.175)

M. Legrand hatte den Einfall, "die Seitenwunde und das Blutgerinsel, das darunter hervorkommt, auf der Brust eines Mannes von der Größe Christi zu malen. Wohlverstanden in der Lage einer bestatteten Leiche mit gekreuzten Händen auf dem Unterleib. Dann gab er ihm die Position von der Kreuzigung mit den Armen im Winkel von 65∞. Und da hat er sogleich die mittleren Rippen hervortreten sehen ... wobei auf jeder am vorderen Ende eine Furchenbildung des Muskels erkennbar wurde. Jede Welle am Rande des Blutgerinsels entsprach einem dieser hervortretenden Muskeln". Entgegen der Erklärung dieser beiden Verfasser, erlaubt dieses Experiment die Annahme, daß die Form des Blutgerinsels genau wiedergegeben ist und zwar wie durch Projektion auf Abstand. Wäre das Tuch aber abgezogen und in die Höhle zwischen Brust und Oberarm zusammengedrückt gewesen, so hätten sich Falten gebildet, die beim Entfalten des Tuches dann auch eine Formveränderung des Bildes nach sich gezogen hätte. Aber es erweist sich so, daß das Leichentuch wie eine Brücke zwischen dem rechten Arm und der Fläche der Brustbeinpartie gespannt blieb.

Im Unterschied zu den Stirnblutgerinseln, wo "das langsamer perlende Blut in seiner Abwärtsbewegung aufgehalten ist und sich oberhalb eines Hindernisses ansammelt", ist die der Wunde am nächsten liegende Gerinselpartie dicker und breiter, "weil der Blutaustritt stark ist. Dies ist den Chirurgen in ihrer Erfahrung geläufig." Vor allem hat sich das Blut nicht gleichmäßig verteilt. Es läßt sich feststellen, daß es von hellen Zonen durchsetzt ist und weist darauf hin, daß eine farblose Flüssigkeit mit dem Blute vermischt war. Woher konnte diese kommen? Hierin sind sich die Ärtzte nicht einig. Die Diagnosen reichen von einer einfachen Verletzung am Brustbeutel (Barbet, ebd., S.182) bis zu komplizierteren Verletzungen in der Rippenfellhöhle (Anthony Sava; cf. Wilson, S.65). Wie dem auch sei, kommt mit dem im Blut vermischten "Wasser" eine zusätzliche Übereinstimmung mit dem Evangelium zustande, (vgl. Joh. 19,34.)

Nach Barbet mußte die Blutwasserflüssigkeit "unter einem gewissen Druck herausspritzen, da der Blutaustritt aus dem Herzbeutel Druck auf das Herz ausübte. Einiges mußte wohl in die Luft gespritzt und dann auf den Boden gefallen sein. Aber hinter dem Eisen hat sich ein Teil des Blutes über der Brust verlaufen und bildete dann das vordere Blutgerinsel." Dann wurde der Leichnam vom Kreuze genommen und waagrecht hingelegt. Hierauf wird wohl ein erneuter Blutstrom geflossen sein, der "nicht sofort vom Herzen kam ... sondern aus dem Brustfell, wo das Blut zusammengeflossen war"; er verteilte sich auf der rechten Seite, um sich dann auf der rückwärtigen Fläche in der Nierenhöhle zu verteilen. (ebd. S.192 f.) Erst nach der Kreuzabnahme und der Niederlegung wurde der Leichnam ins Leichentuch gehüllt, sonst "wäre der hintere Teil des Leichentuchs mit Blut durchtränkt worden." Nun aber hat diese Seite des Leichentuchs nur den Abdruck des Blutgerinsels, das sich auf der Haut gebildet hat, während der Leichnam vom Kreuze abgenommen wurde." (ebd., S.196 f.)

(Fortsetzung folgt)
 
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