ANTWORT AUF PERE BARBARAS
"OFFENER BRIEF AN DIE 'PROTEST - PRIESTER'"
von
Dr.Hugo Maria Kellner
In seinem im November 1971-Heft der EINSICHT unter dem obengenannten
Titel veröffentlichten Aufsatz fordert Père Barbara, einer der Führer
des "Zweiten Marsches nach Rom", die "Protest-Priester" in der
gegenwärtigen katholischen Kirchenorganisation und die sie
unterstützenden Bischöfe auf, diese zu verlassen und sich offen dem
offiziellen Protestantismus anzuschlieaen, da dieser bereits seit
Jahrhunderten ihren "Protesten" Raum gegeben habe.
Dieser Rat Père Barbaras zeigt, daß er der Ansicht ist, daß die
gegenwärtige katholische Kirchenorganisation noch identisch mit der
wahren katholischen Kirche, also noch die Küderin und Verwalterin des
von Christus gelehrten, orthodox-katholischen Glaubens ist und daß die
von ihm angegriffenen Priester und Bischöfe gegen die von der
gegenwärtigen, katholischen Kirchenorganisation vertretenen,
orthodox-katholischen Glaubenssätze und Glaubenspraktiken
"protestieren" wie weiland die protestantischen Revolutionäre des
sechzehnten Jahrhunderts in der damaligen katholischen
Kirchenorganisation.
Wenn diese Annahme Père Barbaras der Wirklichkeit entsprechen würde,
könnte es in der Tat keine bessere Befriedigung der eigenen Wünsche der
"Protest-Priester" und "Protest-Bischöfe" geben als den Rat Père
Barbaras zu befolgen, nämlich aus der gegenwärtigen katholischen
Kirchenorganisation auszutreten und sich dem Protestantismus
anzuschließen. Der angeratene Auszug der, protestantischen Ideen
anhangenden Priester und Bischöfe hätte nach den Vorstellungen Père
Barbaras die Folge, daß dadurch die katholische Kirche wieder in ihrer
alten Glaubensglorie hergestellt werde, wie dies im 16.Jahrhundert in
der Gegenreformation geschah. Damit wäre die Idee der "katholischen
Gegenreformation im 20.Jahrhundert" des Abbé de Nantes, eines der
Gesinnungsgenossen Père Barbaras, verwirklicht.
Daß die Annahmen Père Barbaras und seiner Gesinnungsgenossen einen
fundamentalen Fehler aufweisen müssen, ist offensichtlich aus folgender
Tatsache: Während in der Reformation des 16.Jahrhunderts die
"Protest-Priester" und die "Protest-Bischöfe" in Massen die katholische
Kirchenorganisation verließen und eigene Sekten bildeten hat bisher in
unserem Jahrhundert unter den nach Hunderttausenden zählenden
"Protest-Priestern" und den über 2000 zählenden "Protest-Bischöfen"
kaum ein einziger den so selbstverständlich klingenden, wohlmeinenden
Rat Père Barbaras befolgt.
Der wahre Grund für dieses Verhalten der "Protest-Priester" und
"Protest-Bischöfe" besteht darin: Sie haben es gar nicht nötig, die
gegenwärtige katholische Kirchenorganisation zu verlassen, um nach
ihren, vom orthodox-katholischen Glauben schärfstens abweichenden,
protestantischen Grundsätzen denken und leben zu können. Denn diese
Kirchenorganisation selbst lehrt und duldet diese protestantischen
Grundsätze, weil sie selbst zu einer protestantischen Sekte geworden
ist.
Schon in den Jahrzehnten vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil war
nämlich in der katholischen Kirchenorganisation der
orthodox-katholische Glaube durch die protestantisierende
"kerygmatische Katechese" des Jesuiten Joseph Andreas Jungmann bereits
weitgehend zersetzt worden, und zwar unter dem stillschweigenden, ja
teilweise offenen Eingeständnis des sogenannten "Lehramts" dieser
Organisation. Das Zweite Vatikanische Konzil und seine Auswirkungen
vollendeten die Protestantisierung der katholischen Kirchenorganisation.
Was PèreBarbara und seine Weggenossen insbesondere nicht sehen wollen,
ist die Tatsache, daß der von ihnen immer noch als legitimer Papst
angesehene Paul VI. der Führer der Protestantisierung der katholischen
Kirchenorganisation war und ist:
- Es war Paul VI., der schon vor seiner
Papstwahl die protestantisch-apostatischen Lehren der "kerygmatischen
Katechese" P.Jungmanns in sich aufgenommen und öffentlich vertreten hat
(siehe meinen Aufsatz Nr.21, der im Juni 1971 und Juli-Heft der
EINSICHT erschienen ist). Es war Paul VI., der den Glaubensverräter
Jungmann während seiner päpstlichen Amtszeit förderte.
- Es war Paul VI., der das häretisch-apostatische "Dekret ber
Ökumenismus" des Zweiten Vatikanischen Konzils unterschrieb und für
seine Ausführung sorgte, indem er die Errichtung "ökumenischer
Kommissionen" an allen Bischofssitzen duldete, indem er
katholisch-protestantische Gottesdienste zuließ, indem er die
"Verbrüderung" katholischer und protestantischer Seminarien zuließ.
- Es war Paul VI., der den protestantisch-katholischen "Ökumenismus" in
jeder Weise förderte, z.B.indem er für diesen Zweck ein besonderes
"Sekretariat für die Einheit der Christen" im Vatikan unterhält, indem
er den "Erzbischoft" von Canterbury nach Rom einlud, ihn bei dieser
Gelegenheit umarmte und mit ihm gemeinsam öffentlich betete, indem er
den protestantischen Weltkirchenrat in Genf offiziell besuchte.
- Es war Paul VI., der die katholische Ehegesetzgebung zugunsten des Protestantismus änderte.
- Es war Paul VI., der die Ersetzung des katholischon Altars durch den protestantischen "Tisch" einführte.
- Es war Paul VI., der die bewußte Fälschung der von Christus
gesprochenen Wandlungsworte im protestantischen Sinne (Ersetzung von
"für viele" durch "für alle" in den landessprachlichen Wandlungstexten)
und das dadurch verursachte Ungültigmachen des hl.Meßopfers geduldet
und selbst mitgemacht hat.
- Es war Paul VI., das souverne Haupt der katholischen
Kirchenorganisation, der durch seinen "Novus Ordo Missae" ein
Wesenselement des Erlösungswerkes Christi und damit des
orthodox-katholischen Glaubens, nämlich das hl.Meßopfer, zerstörte,
indem er der Messe eine typisch protostantische Interpretation gab, die
den Opfer- und Sakramentscharakter der Messe leugnet.
- Es waren schließlich alle regierenden Bischöfe der katholischen
Kirchenorganisation, die ohne irgend eine Ausnahme den "Novus Ordo
Missae" ohne öffentlichen Protest annahmen.
Durch diese in der Abschaffung des Meßopfers sich ausdrückende, für den
Protestantismus charakteristische Zurückweisung der Erlösung
Christi zu den von Christus gesetzten Bedingungen durch alle
verantwortlichen Leiter der katholischen Kirchenorganisation, Papst
sowohl wie alle regierenden Bischöfe, ist diese Organisation als Ganzes
zu einer protestantisch-apostatischen Sekte geworden, die nach
St.Paulus in Hebr.6:4-6 keine Aussicht hat, zu katholischer
Rechtgläubigkeit zurückzukehren, da sie die Erlösungsgnaden Christi
zurückgewiesen hat. Tatsächlich ist auch niemals eine solche Rückkehr
einer protestantischen Sekte erfolgt.
Während also in der sogenannten Reformation de 16.Jahrhunderts nur ein
Teil der katholichen Kirchenorganisation zum Protetantismus abgefallen
ist und der nicht abgefallene Teil durch die sogenannte
Gegenreformation konsolidiert wurde, in der das Konzil von Trient die
entscheidende Rolle spielte, ist nun die gesamte katholische
Kirchenorganisation einer zweiten Angriffswelle des Protestantismus zum
Opfer gefallen und hat nicht nur aufgehört, mit der katholischen Kirche
identisch zu sein, sondern hat mit ihr überhaupt nichts mehr zu tun.
Unter diesen Umständen muß die von Abbé de Nantes erträumte
"Gegenreformation des Zwanzigsten Jahrhunderts", mit der er eine
Rückkehr der gegenwärtigen katholischen Kirchenorganisation zu
katholischer Rechtgläubigkeit erreichen will, als eine Utopie
bezeichnet werden, da für eine solche Gegenreformation alle
Voraussetzungen fehlen, insbesondere die legitimen Organe für die
Durchführung einer Gegenreformation. Im 16.Jahrhundert konnte das
Trienter Konzil sein gegenreformatorisches Werk leisten, weil in dem
noch nicht abgefallenen Teil der katholischen Kirchenorganisation noch
orthodox-katholische Päpsto und orthodox-katholische Bischöfe vorhanden
waren, die dieses Konzil bilden konnten. Aber zur Bildung des von Abbé
de Nantes propagierten Dritten Vatikanischen Konzils, von dem er sich
ein der Leistung des Trienter Konzils entsprechendes
gegenreformatorisches Werk verspricht, fehlt es an einem legitimen,
d.h. orthodox-katholischen Papst und an legitimen, d.h.
orthodox-katholischen Bischöfen. Man kann eben in einer
protestantischen Sekte, zu der die katholische Kirchenorganisation
geworden ist, schlechterdings keine katholische Gegenreformation
durchführen.
Der Grund für die den fundamentalen Regeln katholischer Dogmatik
hohnsprechenden Phantasmagorien des Abbé de Nantes ist sein häretischer
Kirchenbegriff. Er ist nämlich offenbar der irrigen Meinung, daß bei
Papst und Bischfönen Glaube und kirchliche Jurisdiktion unabhängig
voneinander existieren können in dem Sinne, daß Papst und Bischöfe
immer noch eine legitime Jurisdiktion ausüben und damit die katholische
Kirche darstellen können, auch wenn sie vom orthodox-katholischen
Glauben abgefallen sind. Nach orthodox-katholischer Lehre ist aber
kirchliche Jurisdiktion nur ein Adjunkt (Gehilfe) des
othodox-katholischen Glaubens, die zur Förderung dieses Glaubens
geschaffen ist und aufhört, sobald der Träger der Jurisdiktion vom
orthodox-katholisohen Glauben abfällt. Siehe in diesem Zusammenhang:
Denzinger, Systematischer Index IIg (Jurisdiktion), wo ausgeführt wird:
"Die Natur der Jurisdiktion: Die Kirche hat die Jurisdiktion, die den
Aposteln und ihren Nachfolgern gegeben wurde (379), um die Seligmachung
von Seelen und die Reinheit des Glaubens zu erreichen (675)..." .
Deshalb hört, wie für jeden gewöhnlichen Katholiken, auch für Papst und
Bischöfe die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche mit dem Abfall vom
orthodox-katholischen Glauben auf. (Siehe auch St.Thomas von Aquin,
Summa Theologica III, q.8, a.3; Pius XI. in seiner Enzyklika "Mortalium
Animos", 1928; Pius XII. in seiner Enzyklika "Mysterii Corporis
Christi", 1943.) Der vom orthodox-katholischen Glauben zum
Protestantismus abgefallene Paul VI. und die vom selben Glauben zum
Protestantismus abgefallenen Bischöfe stellen deshalb nicht mehr die
katholische Kirche, sondern eine protestantische Sekte dar.
Auch PèreBarbara steht, wie sein "Offener Brief" zeigt, dem häretischen
Kirchenbegriff des Abbé de Nantes und seinen utopischen
Kirchenreformplänen nahe.
Der Abfall der katholischen Kirchenorganisation zum Protestantismus
stellt natürlich nicht das Ende der katholischen Kirche dar, die nach
Christi Versprechen bis zum Ende der Zeit fortbesteht. Sie lebt fort in
den wenigen, ihrem katholischen Glauben treu gebliebenen Priestern und
Laien, die in Übereinstimmung mit der einige Zeilen vorher belegten
katholischen Lehre allein Mitglieder der wahren katholischen Kirche
sein können. Wegen ihres besonderen Merkmals, das winzige,
glaubenstreue Überbleibsel nach einem großen Glaubensabfall zu sein,
ein Merkmal, das in vollkommener Übereinstimmung mit den biblischen,
endzeitlichen Voraussagen steht (siehe z.B. 2 Thess. 2,3; Luk.18:8;
Matth.24:10,11; 24: 24), wird sie wohl am treffendsten als die
"katholische Restkirche" bezeichnet. Diese gilt es nun, nach dem Willen
Christi zu organisieren, damit ihre Mitglieder mit einem
orthodox-katholischen Religionsunterricht und gültigen Messen und
Sakramenten versorgt werden können, die sie zur Erlangung ihres
Seelenheiles benötigen.
Aufgrund der vorstehend gegebenen Einschätzung unserer Kirchenlage,
deren Wahrheitsgehalt durch ihre Übereinstimmung mit
orthodox-katholischem Dogma und den göttlichen, enzseitlichen
Voraussagen der Hl.Schrift offenkundig ist, muß Père Barbara, in Umkehr
seines eigenen Rates an die "Protest-Priester", angeraten werden, die
zu einer protestantischen Sekte gewordene katholische
Kirchenorganisation zu verlassen, wenn er ein katholischer Priester
sein und bleiben will, und sich der katholischen Restkirche zur
Verfügung zu stellen.
***
Anmerkung der Redaktion:
Die Kontroverse zwischen dem hochw. Herrn Pater Barbara und Herrn
Dr.Kellner hat zur Grundlage, daß der Ausdruck "römisch-katholische
Kirche" derzeit infolge der mit der Reform eingetretenen Lage
zweideutig geworden ist. Man kann namlich unter dieser
"römisch-katholischen Kirche" das unwandelbare und lebendige
Magisterium (Lehramt) und alle jene, die ihm treu geblieben sind,
verstehen oder aber die neuprotestantische Reformkirche Pauls VI. und
aller jener Bischöfe, Priester und Laien, die mit ihm das Reformwerk
betreiben. EINSICHT hat den "Offenen Brief an die Protestpriestert, des
hochw.Herrn Pater Barbara unter der Voraussetzung gebracht, daß er mit
der "römisch-katholischen Kirche" das unwandelbare Magisterium und die
diesem entsprechend lebenden und handelnden Glieder der Restkirche
gemeint hat, und nicht das, was Herr Dr.Kellner die
"Kirchenorganisation" nennt, nämlich die betrügerisch unter dem Namen
"römisch-katholische Kirche" handelnde neuprotestantische
Reformgesellechaft unter Paul VI. Solange die Restkirche sich nicht
juridisch von der apostatischen Reform"kirche" getrennt hat, wird der
hier vorliegende unklare Sinn der Bezeichnung "römisch-katholische
Kirche" höchstwahrscheinlich fortbestehen. Um so wichtiger ist es, daß
jeder von uns, der sich dieses Fachausdrucks bedient, zugleich klar zu
erkennen gibt, was er mit ihm bezeichnen will.
***
ZUR NEUEN MESSE:
Nach den Erklärungen von
Mgr.W.Baum, Vorsteher der amerikan."kathol." Bischofskommission, haben
sich die protestantischen Theologen aktiv an der sog. liturgischen
Erneuerung in Rom, u.a. in bezug auf die hl.Messe beteiligt. Siehe
WORLD TRENDS 23, S.30 nach THE DETROIT NEWS v.27.Juni 1967.
|