DER HL. HILARIUS
von
Eugen Golia
Der Bischof und Kirchenlehrer Hilarius war neben dem hl. Athanasius der bedeutendste Verteidiger
des katholischen Glaubens gegen die Irrlehren der Arianen Sein
Geburtsjahr ist zwischen 310 und 315 anzusetzen. Es fällt somit in die
Zeit, in welcher Konstantin der Große die Kirche von ihrem
Katakombendasein befreit hatte und ihr mit den anderen Religionen
Gleichberechtigung gewährte. Auch Hilariusens Geburtsort ist
umstritten: wahrscheinlich war es aber Poitiers in Frankreich.
Einer vornehmen und wohlhabenden heidnischen Familie entstammend, genoß
Hilarius eine sorgfältige Erziehung. Insbesondere erwarb er sich
Kenntnisse in der klassisch-antiken Literatur und der Philosophie, die,
wie der hl. Hieronymus einmal schrieb, von seinen Zeitgenossen
bewundert wurden. Im Heidentum aufgewachsen bekannte er in seiner
späteren Abhandlung über die Dreifaltigkeit, daß Gott ihn stufenweise
zur Erkenntnis des wahren Glaubens geführt habe, beginnend mit der
Betrachtung der Worte "Ich bin, der ich bin'\ Nachdem er sich
schließlich in die Lehre von der Dreifaltigkeit vertieft hatte und sich
entschloß, Christ zu werden, war er bereits verheirtatet und Vater
einer Tochter namens Apra. Sein Biograph, der christlich-lateinische
Dichter Venantius Fortunatus, berichtet, daß der Neophyt in strenger
Askese lebte und seinen Glauben so liebte, daß er vor Juden und Heiden
floh.
Wegen seines tugendhaften Lebens wurde Hilarius etwa um 350 auf Wunsch
von Klerus und Volk zum Bischof von Poitiers gewählt. Nach seiner
Bischofsweihe erklärte sich seine Gattin mit einer Ehe in vollständiger
Enthaltsamkeit einverstanden.
Bald danach kam Martinus, ein aus Panonien - dem heutigen West-Ungarn - stammender römischer
Offizier, der seinen Dienst quittiert hatte, nach Poitiers, um Schüler von Bischof Hilarius zu werden.
Wegen seiner vortrefflichen Bewährung wollte dieser ihn als seinen Gehilfen behalten und ihn zum
Diakon weihen. Bescheiden wie er war, bat Martinus nur um den
niedrigsten Weihegrad, das Exorzistat, um nicht den Eindruck zu
erwecken, diesen Dienst geringzuschätzen. Danach kehrte er nach
Panonien zurück, um seine noch heidnischen Eltern zu bekehren. Aus ihm
wurde einer der großen volkstümlichen Heiligen, Martin von Tours.
Gallien, das Heimatland von Bischof Hilarius, war von den seit etwa 30 Jahren wütenden Kämpfen
zwischen Arianern und Katholiken, die hauptsächlich im römischen
÷sterreich tobten, bisher im großen und ganzen verschont geblieben.
Hilarius konnte deshalb in einem seiner Werke schreiben, bis dahin noch
nicht einmal etwas vom Nicänischen Credo gehört zu haben. Dies änderte
sich plötzlich, als der Sohn Konstantins des Großen, Konstantius II.,
im Jahre 350 Alleinherrscher im Ost- und Weströmischen Reiche geworden
war. Er, ein fanatischer Anhänger des Arius bzw. des Arianismus, ließ
u.a. auch Athanasius als Bischof absetzen und sorgte mit Gewalt dafür,
daß auf den Synoden von Arles und Mailand die Arianer obsiegten und
sich so der meisten Bischofssitze bemächtigen konnten.
Nun war die Stunde der Bewährung für Hilarius gekommen, das Nicänum zu verteidigen. Vor allem
versuchte der Metropolit von Arles, Saturninus, ihn durch Überreden und als auch durch Drohungen
zur Annahme der arianischen Position zu bewegen. Aber er widerstand
nicht nur, sondern berief sogar eine Versammlung der rechtgläubig
gebliebenen Bischöfe ein, die Saturninus sowie zwei weitere arianische
Bischöfe, welche Athanasius geächtet hatten, exkommunizierte. Die zu
Beziers versammelten arianischen Bischöfe erreichten daraufhin die
Verbannung des Hilarius nach der klein-asiatischen Provinz Phrygien. Er
ließ nun seine Diözese, die in der Mehrzahl dem Glauben treu gebleiben
war, durch Priester verwalten. Mit vielen Bischöfen des Weströmischen
Reiches unterhielt er auch in seiner Verbannung schriftlichen Verkehr.
Da die drei Jahre dauernde Exilierung im allgemeinen friedlich verlief,
konnte er sich in der griechischen Theologie vervollkommnen und auch
einen großen Teil seines 12 Bände umfassenden Hauptwerkes "De
Trinitate", das der Verteidigung der allerheiligsten Dreifsltigkeit
gewidmet ist, verfassen.
Aus dem Exil wieder zurückgekehrt nahm er im Jahre 359 am Konzil von
Seleucis teil, wo er freundliche Aufnahme fand, weil die gemäßigten
Arianer, welche sich dort in der Mehrzahl befanden, auf seine
Unterstützung-hofften. Auch gehörte er der zum Kaiser nach
Konstantinopel abgesandten Abordnung an. An beiden Orten verteidigte er
standhaft die Gottheit Christi und die Gleichheit seines
Wesens mit dem Vater. Auch verfaßte er eine für Konstantius bestimmte
Schutzschrift, die er ihm öffentlich übergab. In einem der zwei
Sendschreiben klagte er den Kaiser an, daß seine Verfolgung, obwohl er
sich als Christ bezeichne und sich mit dem Munde angeblich zu Christus
bekenne, dennoch wechselnde Glaubensformeln verfertige und sie
anzunehmen befähle, gefährlicher sei als die blutigen Verfolgungen
unter den heidnischen Herrschern wie Nero oder Decius.
Als Hilarius um eine öffentliche Diskussion mit den Arianern bat, wurde
ihm das verweigerte, weil er als angeblich Verbreiter von Zwietracht
und Unruhe gelte. Schließlich wurde er in seine Heimat
zurückgeschickt. Über Italien begab er sich nach Poitiers, wo ihm ein triumphaler Empfang bereitet
wurde. Auf einem Nationalkonzil zu Paris veranlaßte er den Gebrauch der
Formel "consubstantialis" und erwirkte die Absetzung des hartnäckigsten
Anhängers des Arianismus, des Erzbischofs Saturninus, während er
gegenüber anderen arianischen Bischöfen zur Milde riet.
Schon von seinem Verbannungsorte aus suchte er seine Tochter, die im
Begriff war, sich zu verheiraten, zu einem ehelosen Leben zu bewegen.
Sie folgte seinem Rat, starb dann bald nach seiner Rückkehr. Wiederum
förderte Hilarius auch den hl. Martin, als er, von den Arianern aus
Pannonien vertrieben, in Gallien durch die Errichtung einer Einsidelei
in LiguÈ den Grundstock des Mönchswesens in diesem Lande schuf.
Es liegen auch Berichte über von Hilarius vollbrachte Wunder vor.
Folgendes ist das bekannteste: Eine Mutter, deren Kind vor dem Empfang
der Taufe gestorben war, begab sich zu ihm, ihn kniefällig
bittend, ihr das Kind wiederzugeben öderes wenigstens zu taufen. So lange lag der Heilige im Staube,
bis beide zugleich aufstanden: er zum Gebet, das Kind zum Leben.
Nachdem ihm einige Jahre der Ruhe vergönnt waren, starb Hilarius, wahrscheinlich im Jahr 367 oder
368 in seiner Bischofsstadt Poitiers. Der "Athanasius des Westens", wie man ihn zu nennen pflegte,
wurde in der Basilika St. Johannes und Paulus - heute: St. Hilarius d.Gr. - in dem Grab, in welchem
auch seine Frau und seine Tochter ihre letzte Ruhestäue gefunden hatten, beigesetzt. 1562 entweihten
und verbrannten die Hugenotten die Reliquien, doch befinden sich
möglicherweise einige Überreste in anderen Kirchen. 1851 erklärte ihn
Papst IX. zum Kirchenlehrer.
Daß Hilarius im Oberrheingebiet, vor allem in Säckingen, besonders
verehrt wird, ist nach der Legende auf den irländischen
Alemannenmissionar Fridolin zurückzuführen, dem Hilarius im Traume
erschien. Er zeigte ihm eine im Rhein gelegene Insel und forderte ihn
auf, sich zu ihr zu begeben und ihm zu Ehren dort ein Gotteshaus zu
errichten. Nach mühseligem Herumirren fand Fridolin schließlich die in
der Vision gesehene Insel, auf der sich nun die Stadt Säckingen
befindet.
Hilarius, der besonders von Augustinus und Thomas von Aquin als
Autorität auf dem Gebiet der Lehre von der Dreifaltigkeit angesehen
wurde, war der erste lateinische Theologe, der umfassende und
umfangreiche Kenntnisse der griechischen Kirchenväter besaß und auch
ein meisterhaftes Latein
schrieb. Von den uns erhaltenen Werken ist das wichtigste die bereits
erwähnte Abhandlung "De Trinitate". Da es ihm vor allem darauf ankam zu
beweisen, daß die Natur Christi gleich der von Gott Vater sei,
vernachlässigte er allerdings die Soteriologie, d.i. die Lehre von der
Erlösung durch Christus, die nur unter Schmerz und Leid erfolgen
konnte. Seine ƒußerungen über die Leidensunfähigkeit des Gottmenschen,
der den Schmerz nur mittels eines besonderen Willensaktes habe
empfinden können, hatten zur Folge, daß ihn manche Theologen tadelten,
ja Erasmus von Rotterdam ihn sogar zu den Doketen zählte, welche
Christus nur einen Scheinleib zusprachen. Da aber nicht anzunehmen ist,
daß ein so großer Glaubenskämpfer gleichsam die Erlösung leugnete,
entschieden sich die meisten Theologen, u.a. Bonaventura und Thomas von
Aquin, für eine kirchliche und somit rechtgläubige Auslegung. Unter den
exegetischen Schriften sind am bekanntesten sein Kommentar über das
Matthäus- Evangelium sowie seine Abhandlung über die Psalmen.
Seine Abhandlung "De Synodis" sollte seine Mitbischöfe mit den
arianischen Streitigkeiten bekanntmachen. Er ist auch der Verfasser von
Hymnen, die aber nicht - wie die des hl. Ambrosius - für den Gesang der
Gläubigen geeignet waren und daher niemals volkstümlich werden konnten.
Sein Fest feiert die Kirche am 14. Januar.
Benutzte Literatur:
Gutberiet, Konstantin: "Der Gottmensch Jesus Christus" Regensburg 1913.
Pohle - Gummersbach: "Dogmatik" Bd. 2, Paderborn 1956.
Artikel "Hilarius" in: "CathaJicisme hier, aujourd'hui et demain", Bd. 5, Paris 1962.
Stadler, Joh. Ev.: "Vollständiges Heiligenlexikon in alphabetischer Ordnung" Bd. 2, Augsburg 1861.
"Vies des Saints" Bd. 1, Paris 1935.
Wetzer und Weite: "Kirchenlexikon" Freiburg
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