Aufbruch:
Über die Wiederherstellung der heiligen Kirche -
Eine Besprechung des in „Einsicht-Aktuell“, Archiv, Jahrgang 2011, Ausgabe Nr. 11 und 12, eingestellten Beitrags
von Bodo Wendisch
Der oben genannte Artikel wurde laut Mitteilung der Redaktion etwa Anfang des Jahres 2011 in der Internet-Ausgabe von „Einsicht“ eingestellt. Er kann wegen seines Umfangs, circa 300 Seiten, nicht als Druckversion der „Einsicht“ erscheinen.
Ich möchte auf den Inhalt dieses Beitrags aufmerksam machen, denn er richtet sich meines Erachtens an das Ur-Anliegen all derjenigen, die die Konzilskirche für nicht katholisch und den päpstlichen Stuhl seit Jahrzehnten für vakant halten, nämlich auf die Frage: Ist damit die Kirche als mit kirchlicher Hierarchie ausgerüstete Gemeinschaft an ihrem Lebensende angelangt oder ist die Kirche als real exisitierende Vereinigung aus lehrender, leitender, Gnaden ausspendender und hörender Kirche restaurierbar, wenn ja, auf welchem Wege?
Der Beitrag ist mit einem gut geliederten Inhaltsverzeichnis, das das Auffinden der Themen ermöglicht, versehen und Schritt für Schritt folgerichtig aufgebaut: Teil A. befasst sich nur scheinbar mit Überflüssigem, nämlich mit der Frage, ob die Konzilskirche nicht doch mit der katholischen Kirche übereinstimmt. Erwartungsgemäß kommt der Verfasser zu dem präzise vorgetragenen und belegten Ergebnis, dass die Konzilskirche keineswegs mit der katholischen Kirche gleichzusetzen ist. Außer-dem belegt der Verfasser anhand der zitierten Vorschriften des Kirchenrechts, dass diejenigen Kle-riker, die von der katholischen Kirche in die Konzilskirche allmählich übergingen, ihre bis dato in der katholischen Kirche innegehabten Ämter dadurch verloren haben. Aus der gemäß der Lehre der Kirche richtig verstandenen „Intention, zu tun was die Kirche tut“ (Stichwort: Apostolicae Curae) heraus weist der Verfasser nach, dass die in der Konzilskirche verwendeten Weiheriten sowohl der Priester-, wie auch der Bischofsweihe ohne jeden Zweifel unwirksam sind. Er weist außerdem in aller Deutlichkeit nach, dass nach der Lehre der Kirche die so genannte „Intentionsfrage“ niemals zweifelhaft war, sondern dass erst aufgekommene Missverständnisse die nach der Lehre der Kirche stets inhaltlich feststehende „Intention, zu tun was die Kirche tut“ zur „Intentionsfrage“ gemacht haben.
Die in diesem Abschnitt A. vorgebrachten Ergebnisse werden zwar im Ergebnis der sedisvakantistischen Leserschaft geläufig sein, dennoch überrascht die über Zweifel erhabene Beweisführung unter Einbeziehung der dort im einzelnen konkret zitierten Vorschriften des Kirchenrechts und der immer wieder zitierten Lehre der Kirche; hier ist handwerklich solide Arbeit geleistet worden. Das folgerichtig erarbeitete Resultat dieses Abschnittes A. lautet, dass die Konzilskirche nicht mit der katholischen Kirche übereinstimmt, dass die Amtsinhaber der Konzilskirche keinerlei Ämter innerhalb der katholischen Kirche innehaben können, mit der notwendigen Folge, dass die „Päpste“ der Konzilskirche nicht Päpste der katholischen Kirche sein können, dass Priester- wie Bischofsweihen in der Konzilskirche nach deren Ritenänderung 1969 (Priesterweihe) und 1976 (Bischofsweihe) nicht mehr wirksam erteilt wurden und dass, da dem „Gottesvolk“ in der Konzilskirche der katholische Glaube vorenthalten wird, die Gläubigen in der Konzilskirche nicht den katholischen Glauben bewahren konnten. Außerdem, und für mich jedenfalls einigermaßen überraschend, dass die in sedisvakantistischen Kreisen wirkenden Priester keine ordentliche Amtsgewalt besitzen (wohl aber außerordentliche, von Fall zu Fall aus dem Notrecht der Kirche ergänzte Amtsgewalt).
Wie gesagt, überwiegend keine neuen Nachrichten für die informierten Katholiken des derzeit vakanten päpstlichen Stuhls; bestechend allerdings ist die Fülle des zusammengetragenen Beweismaterials und dessen stringente Aufbereitung, so dass sich auch dem insoweit informierten Leser durchaus neue Einsichten erschließen und das Dafürhalten zur Gewissheit wird. In welchem Maße das der Fall ist, das wird allerdings erst beim Lesen des Teil B. deutlich:
Aufbauend auf diesem Material wendet sich der Autor nun in Teil B. dem eigentlichen Thema dieses Artikels zu: Kann oder muß nicht sogar die katholische Kirche restauriert werden, wenn ja, wie? - Und hier erst zeigt sich, wie wichtig die Gründlichkeit der Beweisführung in Teil A. für die folgenden Ausführungen über die Wiederherstellung der Kirche ist.
Um es kurz zu machen: der Verfasser weist auf die in unseren Kreisen bekannte Tatsache hin, daß die Kirche bis zum Ende der Welt Bestand haben wird. Darüber hinaus aber hebt er mit aller Deutlichkeit hervor, dass die Kirche zwangsläufig als Ganzes, nämlich als mit kirchlicher Hierarchie, als mit Kirchenämtern ausgerüstete Körperschaft sichtbar bis zum Weltende bestehen muß. Die fatale Ansicht, von nun an werde die Kirche als „Restkirche“ wohl ohne Priester, ohne Kleriker und ohne lebendiges Hirten- und Lehramt als Laienkirche auskommen müssen, weist der Autor mit gründlichen Belegen als Irrtum zurück. In diesem Zusammenhang wendet er sich auch entschieden gegen die in den Reihen der Sedisvakantisten grassierenden Überzeugungen, die Voraussetzung für die Wiederkunft Christi seien jetzt schon allesamt erfüllt, das Weltende stünde demnach unmittelbar bevor.
Aus dieser Position heraus stellt er folgerichtig die Frage, ob und wenn ja, wie die Hierarchie der Kirche wieder aufgebaut werden kann; und zwar nicht etwa von Personen, die die katholische Kirche in Richtung Modernismus verlassen haben, sondern von den Mitgliedern der Restkirche, von denjenigen, die dem katholischen Glauben treu gebleiben sind.
Wie oben schon angedeutet, legt der Autor anhand des Kirchenrechts minutiös das Bestehen eines kirchlichen Notrechtes (can. 209 CIC) dar: die Ergänzung, die Ersetzung der (nicht vorhandenen ordentlichen) kirchlichen Amtsgewalt an solche (ohne ordentliche kirchliche Amtsgewalt ausgerüstete) Personen in von Fall zu Fall eintretenden genau definierten Notsituationen, in denen sich der Kirche einerseits die Notwendigkeit, jedenfalls das Bedürfnis zum (wirksamen, mit kirchlicher Amtsgewalt ausgerüstetem) Handeln stellt, andererseits aber die Kirche in dieser Notlage Personen, die mit (ordentliche) Amtsgewalt ausgerüstet, die gesendet sind, nicht zur Verfügung stellen kann.
Dieses Notrecht bewirkt, dass die tägliche Arbeit der unter den Sedisvakantisten tätigen Priester zweifellos rechtmäßig, nämlich mit außerordentlicher, immer wieder aus dem Notrecht der Kirche hergeleiteter Amtsgewalt der Kirche vollzogen wird. Genau das gleiche gilt aber auch von der Wahl des kommenden Papstes. Diese wird rechtmäßig, nämlich mit außerordentlicher, aus dem Notrecht der Kirche ergänzter kirchlicher Amtsgewalt gemäß can. 209 CIC vollzogen. Dies deshalb, weil und obwohl die einzigen Inhaber ordentlicher Amtsgewalt betreffs die Wahl eines Papstes, das sind Kardinäle der katholischen Kirche, nicht vorhanden sind. Der Autor weist darüber hinaus den Werdegang eines derartigen Papstwahlverfahrens nach dem Notrecht der Kirche im Einzelnen nach den im übrigen geltenden (und akribisch zitierten) Vorschriften des Kirchenrechts auf: Zur Papstwahl wie auch zu jeder anderen kirchlichen Wahl sind nach dem Kirchenrecht nur Kleriker, und nicht etwa Laien, berufen. Diejenigen Priester, die im Wege ersetzter Amtsgewalt den nächsten Papst wählen werden und insoweit die Aufgabe von „Not-Kardinälen“ einnehmen werden, müssen allerdings ihrerseits „gesendet“ sein. Diese Sendung muß wegen der Einheit der Kirche aus dem Kreise aller der katholischen Kirche - und nicht der Konzilskirche oder dieser nahestehenden Organisationen - zuzurechnenden Priester vollzogen werden. Wegen der Einheit der Kirche darf es nur einen Wahlvorgang betreffend die Erwählung der Not-Kardinäle geben, mögen die einzelnen Wählenden auch an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten wählen: sie dürfen nur einmal ihr Wahlrecht ausüben, und es darf nur ein Konklave stattfinden, um sicher zustellen, dass eine gültige Wahl vollzogen wird, nämlich nur eine Person - und nicht mehrere - zum nächsten Papst gewählt wird, so die einleuchtende Schlußfolgerung des Verfassers. Nur so ist ausgeschlossen, dass verschiedene Gruppierungen von Priestern zu jeweils getrennten, nur ihre Gruppe betreffenden Wahlgängen schreiten und sie dabei in der Wahl der Not-Kardinäle differieren und es zur Konkurrenzsituation kommen kann: von unterschiedliche Priestergruppen erwählten unterschiedlichen Gruppen von Not-Kardinälen, die dann in unterschiedlichen Wahlen mehrere Personen im Wege der dadurch ungültig vollzogenen Papstwahl zu „Päpsten“ erküren. In diesem Zusammenhang zeigt der Autor auch die Gründe auf, warum die bisherigen „Papstwahlen“ unter den Sedisvakantisten ungültig waren und es sein mußten: Das Erfordernis der Einheit der Kirche wurde nicht beachtet.
Eine Sichtweise, die konsequent das Kirchenrecht und die Lehre der Kirche beachtet, die aber auch die Stolpersteine aufzeigt, die umgangen werden müssen, und die nicht zuletzt Mut macht, sich jedenfalls mit dem Gedanken an die Möglichkeit und die Notwendigkeit einer gültigen Papstwahl unter den Mitgliedern der Restkirche vertraut zu machen, weil es nach dem Lesen dieses Artikels schwerfallen bzw. unmöglich sein wird, sich auf den Standpunkt zu stellen, solche Überlegungen seien ohnehin unnütz, weil die Wahl eines wahren Papstes der katholischen Kirche durch den Klerus der Restkirche wegen des Fehlens von Kardinälen kirchenrechtlich unmöglich sei - das Gegenteil ist der Fall.
Auch wenn in dem Beitrag nicht alle Positionen befürwortet werden, die nach meinem Dafürhalten in „Einsicht“ vertreten werden, so etwa die Haltung zur „Intentionsfrage“ oder die Frage der künftigen Gestalt der Kirche als Laienkirche, so greift der Autor doch immer und immer wieder zitateweise auf Veröffentlichungen in „Einsicht“ unter Nennung der Fundstellen zurück und erweist so ganz zweifellos eine Art Homage an die jahrzehntelange Arbeit der „Einsicht“ und deren Redaktion. Die Redaktionsarbeit an „Einsicht“ und anderen leider mittlerweile eingestellte sedisvakantistischen Publikationen deutscher Zunge, wie etwa „SAKA-Informationen“, „Kyrie eleison“ und anderen, mag zwar arbeitsreich gewesen sein - aber keineswegs unfruchtbar! Ein durchaus grandioses „Echo“ auf diese dankenswerte Arbeit kommt hier in diesem Artikel dahergerauscht. Der Redaktion der „Einsicht“ ist es umgekehrt hoch anzurechnen, den Beitrag auch in den Passagen ungekürzt veröffentlicht zu haben, wo er nicht ganz mit den Vorstellungen der „Einsicht“ konform zu gehen scheint.
Das Format des Beitrags im Archiv der „Einsicht“ erleichtert wegen seines Schriftbildes und seiner Zeilenumbrüche das Lesen nicht. Hier sollte der Leser bei der Redaktion den besprochenen Artikel als pdf-Datei anfordern, um die Lesearbeit zu erleichtern, die Redaktion hat dies ja schon angeboten. Der Beitrag ist allein auf Grund seiner Länge nicht einfach zu lesen. Dennoch sollte der am Fortgang der Kirche auch nur einigermaßen interessierte Leser sich dieser lohnenden Mühe unterziehen. Abgesehen von dem daraus zu erlangenden Wissensschub sind beinahe eine Überfülle herrlicher Zitate aus der Lehre der Kirche zu finden, die in einer Art Innenansicht das Wesen der katholischen Kirche ganz und gar innig beleuchten und dabei aufzeigen, welch ungeheuren Schatz die im Glauben treu Gebliebenen trotz der katastrophalen Lage der Kirche besitzen. Ich will das mit einem einzigen Zitat, dem Ende des besprochenen Beitrags entnommen, beleuchten:
„Nichts Ehrenvolleres, nichts Erhabeneres, nichts Ruhmreicheres kann je erdacht werden, als anzugehören der Heiligen, Katholischen, Apostolischen, Römischen Kirche, durch die wir Glieder an dem gleichen verehrungswürdigen Leibe werden, von dem einen erhabenen Haupte geleitet, von dem gleichen göttlichen Geiste durchdrungen, von der selben Lehre und dem selben Brote der Engel in dieser Erdenverbannung gestärkt, bis wir dereinst auch das selbe ewige Glück im Himmel genießen dürfen. (aus dem Apostolischen Rundschreiben Papst Pius XII. „Mystici corporis Christi“ v. 29.6.1943)“
Bodo Wendisch |