Der selige Oliver Plunket
von
Eugen Golla
Der 1629 zu Loughcrew geborene Oliver Plunket war der Sproß einer
vornehmen Familie Irlands. Er begann seine Studien bei einem
Verwandten, dem Benediktinerabt Patrick Plunket, der später Bischof von
Meath wurde. In diesen Jahren herrschten - wie so oft - auf der "Insel
der Heiligen" Aufstände und Kämpfe. Es war gewiß ein besonderer
Glücksfall, daß er zu einem der Begleiter des Oratorianerpaters Pier
Francesco Scarampi ausgewählt wurde, der als päpstlicher Agent für die
irisch-katholische Konföderation tätig war und nun, im Jahre
1647, nach Rom zurückberufen wur-de. In der Ewigen Stadt wurde
der hochbegabte Oliver in das von der Gesellschaft Jesu geleitete
irische Kollegium als Seminarist aufgenommen. Nach einem erfolgreichen
Studium erhielt er 1654 die Priesterweihe. Da unter Cromwells
Herrschaft eine Katholikenverfolgung wütete, ließ man Plunket in Rom,
wo er zunächst als Seelsorger für die Armen tätig war, bald aber im
Römischen Kolleg Kirchen- und Zivilrecht studierte. Einige Jahre später
lehrte er am Kolleg der Propaganda Theologie und Apologetik, bis er
schließlich die Stelle eines Prokurators der irischen Bischöfe erhielt.
1669 starb der im Exil lebende Erzbischof von Armagh und Primas von
Irland. Durch ein "motu proprio" (einen der freien Initiative des
Papstes entspringenden Erlasses) ernannte ihn Papst Klemens IX. zu
dessen Nachfolger. Die Bischofsweihe erhielt Plunket in Gent noch im
selben Jahr. Nach einem mehrere Monate dauernden Aufenthalt in London
betrat er dann nach fast 25 Jahren Abwesenheit wieder den Boden seines
Heimatlandes, das damals außer dem vorerwähnten Verwandten Patrik
Plunket nur noch einen alten Bischof besaß. Wie nicht anders zu
erwarten, befand sich die Diözese Armagh schon lange Zeit in einem
Zustand vollständiger Verwahrlosung.
Der König von England, Schottland und Irland, Karl II., ein Urenkel
Maria Stuarts, war geistreich und liebenswürdig und den Katholiken
wohlgesonnen, so daß er gerne ihre Emanzipation bewilligt hätte. Aber
er, dessen Jugendjahre überschattet waren von dem furcht baren
Bürgerkrieg, der mit der Hinrichtung seines Vaters, König Karl I.,
endete und der danach dem Diktator Oliver Cromwell, der aus England
eine Republik machte, weichen mußte, suchte nach seiner Thronbesteigung
1660 Konflikte mit dem allmächtigen Parlament sowie der anglikanischen
Staatskirche möglichst zu vermeiden. Das hatte zur Folge, daß gläubige
Katholiken weiterhin manchen Schikanen ausgesetzt blieben.
Dennoch konnten die ersten zwei Jahre Plunkets als Primas von Irland
manche Erfolge aufweisen, was zum Teil auch darauf zurückzuführen war,
daß der von England eingesetzte Vizekönig Irlands, dessen Frau eine
heimliche Katholikin war, den alten Glauben begünstigte. Er konnte
daher eine Synode zwecks Gesetzgebung für die so vernachlässigte
Priesterausbildung einberufen, sich bemühen, den Vorschriften des
Konzils von Trient Anerkennung zu verschaffen, ja sogar in der nördlich
von Dublin gelegenen Hafenstadt Drogheda das Kollegium der Gesellschaft
Jesu wieder eröffnen. Übrigens ist Drogheda ein Ort, der im
katholischen Irland für immer furchtbhare Erinnerungen aufkommen läßt:
er wurde 1649 vom Puritanerführer Cromwell erstürmt und verbrannt,
wobei nicht nur die Priester und Mönche, sondern auch fast alle
Bewohner auf grausame Weise getötet wurden. Nicht unerwähnt bleiben
sollen auch Plunkets Bemühungen, die bei vielen in Frankreich und
Belgien ausgebildeten Priestern vorhandene Neigung zum Jansenismus zu
unterdrücken und eine friedvolle Zusammenarbeit zwischen Welt- und
Ordensklerus zu erreichen. Sorgen bereitete ihm auch ein zwi-schen den
Domikanern und Franziskanern ausgebrochener Streit; die Franziskaner,
welche während der Zeit der großen Verfolgung allein in Irland
geblieben waren, hatten den Besitz und die Pfarreien der vertriebenen
Dominikaner übernommen, die nach ihrer Rückkehr alles zurückforderten.
Er schlichtete den Konfllkt und bemühte sich gleichzeitig, die lax
gewordene Disziplin der Franziskaner zu verbessern. Ein besonders
Problem in seiner pastoralen Tätigkeit waren die sogenannten Tories,
meist katholische irische Geächtete, die sich nach der Beschlagnahme
ihres Besitzes im Verborgenen lebend, auf Raub und Diebstahl
konzentrierten. Obwohl er ihre Haltung gegenüber der Regierung
mißbilligte, besuchte er sie häufig und versuchte, sie zu einem
geregelten Leben zurückzuführen.
Aber nur wenige Jahre waren ihm beschieden, in verhältnismäßiger Ruhe
und Sicherheit wirken zu können. Als 1673 die sogenannte Test-Akte
erlassen wurde, die sämtliche Inhaber eines öffentlichen Amtes
verpflichete, die anglikanischen Sakramente zu empfangen, die
Transsubstantion zu verwer-fen und den Suprematseid zu leisten, wurden
von neuem alle Erleichterungen für katholische Christen aufgehoben. Der
Haß der Protestanten und des Parlaments verstärkte sich noch, weil der
präsumptive Thronfolger, des Königs Bruder Jakob, der schon immer den
Katholiken günstig gesinnt war, konvertierte. Die Folge war die
Schließung des Seminars von Drogheda und der Klöster, ferner das Verbot
des Messelesens und schließlich die Vertreibung der Priester.
Erzbischof Plunket war somit gezwungen, verkleidet und im Verborgenen
seinen pastoralen Verpflichtungen nachzukommen.
Alles verschlimmerte sich noch seit dem Auftreten des Abenteurers Titus
Oates. Wiedertäufer unter Cromwell, nach der erneuten Herrschaft der
Stuarts anglikanischer Geistlicher, konvertierte er schließlich und
fand Aufnahme in einem englischen Kollegium der Jesuiten, aus dem er
wieder ausgestoßen wurde, nachdem man ihm auf die Spur gekommen war,
den Orden auszuspionieren. Nun verbreitete er, persönlich beigewohnt zu
haben, wie ein Komplott geschmiedet worden sei mit dem Ziel, den König
und viele Protestanten zu ermorden, um die päpstliche Herrschaft in
England wiederaufzurichten. Wenn er sich auch oft in Widersprüche
verwickelte, gelang es ihm dennoch, bei der den Kathloliken feindlichen
Stimmung glaubwürdig zu erscheinen, was zur Folge hatte, daß nicht nur
Tausende eingekerkert, sondern binnen weniger Jahre zwanzig Priester
sowie einige Laien hingerichtet wurden.
Aufgrund der Anklage eines apostasierten Priesters und solcher, die er
wegen ihres schlechten Lebenswandels gerügt hatte, wurde Plunket Ende
1679 in Dublin verhaftet und im Juli des folgenden Jahres in Ketten vor
das Londoner Gericht gestellt. Wie aus dem Todesurteil herausgelesen
werden konnte, war eigentlich sein angeblich größtes Verbrechen die
'falsche' Religion. Offiziell lautete die Anklage allerdings in erster
Linie, daß er ein maßgebendes Glied der papistischen Revolution sei und
sogar Truppen aus Frankreich angeworben habe. Vergeblich bemühten sich
besonders angesehene Persönlichkeiten wie der Papst und der Kaiser beim
König um eine Begnadigung, die er aber aus politischen Gründen nicht zu
gewähren können glaubte. Nach einer Verhandlung, zu der Erzbischof
Plunket nicht sämtliche Entlastungszeugen vorführen konnte, wurde er
nach einer Beratung von nur fünfzehn Minuten zum Tode verurteilt. Einer
der Hauptzeugen gestand später, einen Meineid geleistet zu haben, und
eine Anzahl anderer Zeugen wurden später als Räuber gehenkt.
Die Vollstreckung des Urteils erfolgte am 11. Juli 1681 zu Tyburn. Am
Wege zur Richtstätte bekräftigte Plunket nochmals, unschuldig am
Verbrechen des Hochverrates zu sein, verzieh den Richtern, die sich
geweigert hatten, alle Entlastungszeugen anzuhören, und erklärte, als
glaubensfester Katholik zu sterben. Obwohl das Jahrhundert der
Aufklärung und der Humanität bereits nahe war, erfolgte die Hinrichtung
auf dieselbe grausame Art wie etwa hundert Jahre zuvor unter
Königin Elisabeth I. Er wurde noch lebend vom Galgen genommen,
ihm das Herz herausgerissen und, worauf der Leib gevierteilt wurde.
Bischof Oliver war der letzte Blutzeuge der Katholikenverfolgungen in
England. Die besonders von den Iren stürmisch verlangte Emanzipation
der Katholiken erfolgte allerdings erst 1828. König Karl II. bereute
die Zulassung der Hinrichtung und gestattete ein ehrliches Begräbnis.
Sein Leichnam wurde 1685 heimlich in die Abtei Lamspring bei
Hildesheim, die englischen Benediktikern gehörte, gebracht und erst
1883 in der Abtei Downside im südlichen England beigesetzt. Bereits
Papst Leo XIII. verlieh dem Martyrer 1886 den Titel "Ehrwürdig". 1920
erfolgte durch Papst Benedikt XV. die Seligsprechung. 1933 wurde eine
Liga von Bittstellern um die Heiligsprechung gegründet, die
Kanonisation konnte von unserer Kirche bisher nicht durchgeführt werden
(die'Heiligsprechung' durch Paul VI. 1975 können wir nicht als legitim
anerkennen). Der Gedenktag ist der 11. Juli.
Benützte Literatur:
"Catholicis. Hier-Aujourd'hui-Demain" 10.Bd, Paris 1985. "New Cath Encyclopedia" Bd 11, Washington 1967.
Pastor, Ludwig: "Geschichte der Päpste" Band XIV/2, Freiburg 1930. "Vies des Saints", Band 7, Paris 1949.
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Leserbrief:
St. Lucia-Tag 1999
Sehr verehrter Herr Heller,
mit dem Buch von Schurr über Anselm von Canterbury, das mir völlig
unbekannt war, haben Sie mir eine große Freude bereitet. Ich halte den
Hl. Anselm mit Platon und Fichte für den originalsten Denker; er hat
wie die andern beiden, mit seiner Art zu philosophieren mit einem
Schlage die Geisteswelt umgewälzt. Der vielgeschmähte ontologische
Gottesbeweis ist der einzige, der absolut überzeugend ist - wenn man
den Gedankengang einmal folgerichtig vollzogen hat. Er ist das, was im
Kult die Monstranz ist: ECCE !!! Was ist, verglichen damit eine
Jahrtausendwende?
Herzliche Grüße aus dem Exil:
Ihr alter Kaltenbrunner |