Vorhang auf für Ceausescus Priester-Puppen
aus : DEUTSCHLAND-MAGAZIN 5/79
Den Glauben bekämpfen, die Kirche als Potemkinsche Fassade benutzen
(seelisches Opium fürs geknechtete Volk, Blenwerk gen Westen): Der
reale Sozialismus fand eine neue kirchenpolitische Doppelstrategie.
Daß die Kommunisten mit zweierlei Zungen reden, ist eine Tatsache, die
man nicht mehr zu beweisen braucht Was sie aber von Rumänien aus
zuwegebringen, ist dennoch erwähnenswert:
Im Inland sind eine ganze Reihe von Kirchen zu Restaurants umgebaut
worden, sie sind für die Touristen bestimmt, die harte Währung ins Land
bringen. Priester werden in Irrenanstalten eingewiesen, Chnsten
verfolgt und mit schweren Strafen belegt. Generalsekretär Ceausescu
laßt keine Gelegenheit aus, Behörden und Jugendorganisationen darauf
hinzuweisen, "mit verstärkten Kräften die reaktionären mystischen
Weltanschauungen zu bekämpfen"
Und wie so oft in der Geschichte geschieht auch heute dies in Rumänien:
Wahrend die staatlichen Unterdruckungsmaßnahmen verstärkt werden,
verstärkt sich auch der Widerstand der Bevölkerung.
Vor kurzem wurde ein Glaubenskomitee zur Verteidigung des Priesters
Gheorghe Calciu" gegründet. Dieser Priester hatte es gewagt, in seinen
"acht Predigten" die Jugend vor dem pharisäischen Glauben zu warnen,
dem man heute anhange. Er wurde von höheren Geistlichen
zurechtgewiesen, aus dem Schuldienst entlassen und nach seiner
Verhaftung am 10. März in eine Irrenanstalt eingewiesen.
Dazu muß man wissen, daß die rumänische Kirche der Kultusabteilung der
Kommunistischen Partei untersteht, die von dem Parteifunktionär Ion
Rosianu geleitet wird. Der Patriarch und alle Bischöfe sind Mitglieder
des sogenannten Parlaments, der "Großen Nationalversammlung", die nach
dem Willen der Partei die Gesetze macht. Die gesamte Kirche hat die
Aufgabe, die Friedens- und Sozialpolitik der Partei zu beiahen und die
Parteiführung von der Kanzel her ab zu loben. Die Priester dürfen kein
Lehrmaterial verteilen und die Kinder dürfen keine Notizen machen.
Bibeln gibt es nicht und das Papierkontingent für die Kirchenkalender
ist sehr knapp bemessen. Außerdem werden die Namen der wenigen
Empfänger solcher Kalender in Listen festgehalten.
Nach dem Pressegesetz darf niemand "Druckerzeugnisse" aus dem Ausland
erhalten. Aufgrund dieses Gesetzes wurden schon viele Gläubige
bestraft. Auch durch Reisende können kaum noch Bibeln nach Rumänien
gelangen, sie werden bei der Grenzkontrolle beschlagnahmt.
Im Gegensatz zu der Unterdrückung des christlichen Glaubens im Inland
unternimmt die rumänische Regierung großangelegte und weltweite
kirchliche Aktionen im Ausland. Hier handelt sie durchaus zum Wohle der
"reaktionären mystischen Weltanschauung", hier unterhält sie einen
eigenen Bischof und etliche Parochien, z. B in Schweden, Dänemark,
England, der Schweiz, Osterreich, Italien und in der Bundesrepublik
Deutschland. Es laufen gerade Verhandlungen, auch in Spanien eine
solche Parochie zu gründen.
Die von der rumänischen Regierung herausgegebenen Zeitschriften, die
jahrelang kostenlos an alle Rumänen im Ausland verschickt wurden,
hatten kaum Anklang gefunden. So verfiel man auf eine neue Taktik. Man
erinnerte sich, daß es in Rumänien in der Vergangenheit immer wieder
die Kirche gewesen war, von der neue Impulse ausgegangen waren, und
stets war auch die Kirche der Ausgangspunkt für den nationalen
Widerstand gegen die Fremdherrschaft gewesen. Die Partei entschloß sich
daher, auch auf diesem Sektor tätig zu sein. Das war gar nicht so
schwer.
Der Kontakt zur evangelischen Kirche war schnell hergestellt, denn
diese hatte ihn nach dem Zweiten Weltkrieg von sich aus gesucht.
Evangelische Würdenträger besuchten ihre "Brüder" im Osten, in Genf
arbeitete der Weltkirchenrat auf internationaler Basis, hier wurden die
östlichen Kirchen "salonfähig" gemacht, wobei völlig außer Acht blieb,
daß diese orthodoxen Kirchen nach dem Zwetten Weltkrieg zu
Unterabteilungen der jeweiligen kommunistischen Parteien geworden
waren. Erst heute beginnt man sich darüber klar zu werden, zu welchen
Resultaten es kommen mußte, wenn eine freie Kirche mit einer unfreien
zusammenarbeitet.
Der Weltkirchenrat wird heute als Werkzeug der kommunistischen
Infiltration in der dritten Welt mißbraucht. So ist es auch nicht
weiter erstaunlich, daß der bisherige, kürzlich verstorbene Vertreter
der orthodoxen Patriarchie in Genf, "Metropolit Nikodim", Mitglied des
sowjetischen Sicherheitsdienstes im Range eines Generals war. Durch
Nikodim ist das Geld der westlichen Gläubigen in die Hände der
Kommunisten gelangt
Nach 1945 wurden die Rumänen in Westdeutschland von einem Exilpriester
betreut, der Konstantinopel unterstand. Dieser mußte auf Drängen der
östlichen Patnarchien, die im Weltkirchenrat dagegen protestierten, den
Patriarchen von Konstantinopel verlassen und sich einem russischen
Bischof unterstellen.
Wahrend es zunächst zwischen Exil und rumänischer Heimat keinerlei
Kontakte gab, hat sich dies in den letzten zehn Jahren grundlegend
geändert. Jetzt war es auch für die rumänische Regierung nicht schwer,
neue "Priester" einzuschleusen, indem sie geeignete Personen mit
Dokumenten ausstattete, die sie als Volksdeutsche auswiesen, und die
dann im Zuge der Familienzusammenführung nach Deutschland kamen.
Von Infiltranten mißbraucht: "Diakonisches Werk"
Mit Hilfe des Diakonischen Werks in Stuttgart kamen auch Rumänen als
Studierende der Theologie nach München, Heidelberg, Hamburg, Köln und
anderen Orten. Bald darauf trafen beim Patriarchat in Bukarest etliche
Briefe mit der Bitte um Entsendung von Seelsorgern ein. Da diese
bereits in Westdeutschland anwesend waren, konnten sogleich Parochien
in München (Mircea Basarab), Hamburg (Dan Miron) und Offenbach
(Alexandru Tudor) gegründet werden.
Partei-Theologen für den West-Einsatz
In einem anderen Fall bediente man sich nicht solcher fingierter
Bittschriften, sondern sammelte echte Unterschriften - und zwar für den
Rumänen Vasile Florea, verheiratet mit einer Deutschen, deren Eltern in
Salzgitter krank und hilfsbedürftig waren. Selbstverständlich waren
viele Menschen bereit, eine Bittschrift an Ceausescu zu unterzeichnen,
in der um die Ausreisegenehmigung dieses Rumänen ersucht wurde. Das
Erstaunen war jedoch groß, als dieser dann hier eintraf und sich als
Priester entpuppte. Die Liste mit den Unterschriften war die Bitte um
Entsendung eines Priesters gewesen.
Daß diese von der rumänischen Regierung hierher entsandten Priester
jede nur denkbare Unterstützung erhalten, ist nicht verwunderlich. So
konnte die Lokalzeitung von Offenbach z B am 1.1.1977 voller Stolz
berichten "Die rumänischorthodoxe Gemeinde erlebte einen festlichen
Ta.g Als Geschenk des Patriarchats in Rumänien erhielt sie für ihren
Gottesdienstraum in der Kapelle des Isenburger Schlosses eine Altarwand
(Ikonostase). Das Geschenk wurde von Handwerkern und Künstlern aus
einem rumänischen Kloster montiert. "
Die solcherart gegründeten Parochien versenden auch laufend
unentgeltlich und ungefragt Mitteilungsblätter, Kalender und religiose
Schriften. Zunächst freuen sich die Empfänger über diese Geschenke,
umsomehr als in Rumänien solch "mystisches Material" kaum zu erhalten
ist, und sie nun hier im Ausland jedes in ihrer Muttersprache gedruckte
Wort mit besonderer Rührung lesen. Mit Erstaunen stellen sie aber bald
fest, daß es sich weniger um eine religiöse Schrift als um eine
Tarnschrift handelt, in der die Partei für ihre Friedenspolitik und für
die Errungenschaften in Rumänien gelobt wird. Manche Flüchtlinge fragen
sich entsetzt, wer wohl ihre Adresse diesem speziellen Organ des
Sicherheitsdienstes übermittelt hat. Sie glaubten, endlich dieser
gefürchteten Organisation entronnen zu sein und müssen nun feststellen,
daß sie weiter unter Beobachtung stehen.
Unter den Flüchtlingen hat sich inzwischen herumgesprochen, daß alle
diese "Priester" oder "Theologiestudenten", bevor sie ins Ausland
geschickt wurden, in Bukarest die Parteischule des Sicherheitsdienstes
besucht und danach im Kloster Cernica bei Bukarest eine
Spezial-Ausbildung erhalten haben.
Das meiste Propagandamatenal wird von Offenbach aus verschickt, einiges
kommt direkt aus Rumänien (Hermannstadt/Sibiu). Auch der deutsche Leser
kann ab und zu in seiner Sprache lesen, wie sich die Kirche nach 1948
in den Dienst des Friedens gestellt hat. "Die Kirche soll ihren Einfluß
im Bereich der Abrüstung und der Befreiung im Geiste der Beschlüsse von
Helsinki 1975 ausüben" (so VIATA CRESTINA Nr 3/1978). Auch von Hamburg
und von München aus wird "christliches Material" versandt. Aus
Baden-Baden kam im Jahre 1977 ein prächtiger Almanach auf bestem Papier
gedruckt.
Mit solchem Schriftmaterial kann die echte Exilkirche in Deutschland
naturlich nicht aufwarten.Das ist auch nicht weiter schlimm. Schlimm
ist vielmehr, daß die meisten Gläubigen nicht wissen, daß es den
Kommunisten durch systematische Arbeit und gezielten Ehrgeiz gelungen
ist, fast die gesamte orthodoxe Kirche in der Bundesrepublik
Deutschland zu kontrollieren. Direkt kontrollieren sie sie durch
Bischof LucÌan Fagarasanu, der in Paris ein Bistum leitet (Rumänisch
Orthodoxe Erzdiözese Westeuropa), der zwar in Frankreich keine einzige
Parochie hat, dem jedoch in Deutschland die erwähnten vier frisch aus
Rumänien importierten Priester unterstehen. Und indirekt durch den
russischen Bischof Tarasow, dem die Priester Popa in Freiburg und
Mehedintu in Stuttgart unterstehen, die sich als "Pnester für die
Exilrumanen" bezeichnen.
Tarasow und Fagarasanu haben zusammen mit anderen Bischofen in Paris
ein sogenanntes "Interepiskopales Komitee" gegründet. Was die beiden
"Exilpnester" ihrem Bischof Tarasow und die vier neuen Pnester ihrem
Bischof Fagarasanu über ihre Tätigkeit in Deutschland berichten, landet
also an ein und derselben Stelle.
Nicht von ungefähr haben die Kommunisten Paris als Bischofssitz
gewählt. Denn hier in Pans besteht seit langem eine Gemeinde und eine
eigene Kirche, die von rumänischen Flüchtlingen des vorigen
Jahrhunderts gegründet wurde. Sie ist 1939 vom rumänischen Patriarchen
zum Bischofssitz erhoben worden und somit das einzige rumänische Bistum
außer Landes. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat die kommunistische
Regierung diese Kirche geschlossen und die Priester nach Rumänien
zurückbeordert. Die Priester sind jedoch geblieben und die dortige
Gemeinde hat die Kirche aus eigener Kraft weitergeführt. Allerdings
mußten die Priester verschiedenen Berufen nachgehen, um ihren
Lebensunterhalt zu verdienen. Daran hat sich bis heute nichts geändert
Tausche Fußballtrainer gegen Kirche
Als die Kommunisten sahen, daß diese Kirche trotz allem weiter
florierte, verlangten sie diese für sich. Sie versuchten sogar, diese
Kirche durch einen Handstreich in ihre Gewalt zu bringen. Da dies
mißlang, strengten sie gerichtliche Prozesse an, die sie jedoch
verloren. Um doch noch zu ihrem Ziel zu gelangen, verfielen sie auf die
merkwürdigsten Ideen. So boten sie der französischen Regierung einen
bekannten Fußballtramer (Covaci) zum Tausch für die Kirche an.
Diese einzige freie rumänische Kirche entsendet einmal im Monat einen
ihrer Priester (M. Domitriu) nach Köln, um dort Gottesdienst zu halten.
Und diese Messen sind stets gut besucht - die Gläubigen kommen von weit
her, sie lassen sich trotz heftiger Gegenpropaganda nicht vom Besuch
gerade dieser Gottesdienste abhalten. Wahrscheinlich spüren sie den
Unterschied zwischen Show und echter Gesinnung.
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