Gibt es tatsächlich eine „schädliche Überbevölkerung“ der Erde?
Schon seit über 200 Jahren diskutieren Gelehrte, Wissenschaftler und Politiker darüber, ob es zu viele Menschen auf der Welt gibt. Ist die Überbevölkerung eigentlich eine Tatsache oder nur eine These?
Seit November letzten Jahres gehen Schätzungen davon aus, dass auf dem Globus 8.000.000.000 Menschen leben. Die Diskussion um eine echte oder vermeintliche "Überbevölkerung" wird jedoch bereits seit langem geführt. Schon der anglikanische Pfarrer und Nationalökonom Thomas Robert Malthus (1766- 1834) warnte davor. Er empfahl in seiner Abhandlung über das Bevölkerungsgesetz" aus dem Jahr 1798 drastische, geradezu menschenverachtende Maßnahmen. Um die Zahl der Menschen zu reduzieren, müsse beispielsweise die Armenfürsorge abgeschafft werden. Obwohl die Thesen Malthus weite Verbreitung fanden, galt Kinderreichtum auch im 19. Jahrhundert meist als Segen für eine Gesellschaft. Im 20. Jahrhundert erreichte das Bevölkerungswachstum dann einen neuen Höchststand. Der Club of Rome veröffentlichte dazu im Jahr 1972 den Bericht "Die Grenzen des Wachstums". Die einflussreiche Denkfabrik warnt darin, dass die Ressourcen des Planeten Erde bald erschöpft seien, wenn die Weltbevölkerung weiter unkontrolliert wachse. Deshalb müsse dieses Wachstum aufgehalten werden.
Das Wachstum konnte trotz diverser Maßnahmen nicht aufgehalten werden und Milliarden von Menschen geht es heute viel besser als vor 225 Jahren zur Zeit des anglikanischen Pfarrers. Woran liegt das? Was niemand der Überbevölkerungs-Propheten absehen konnte, war der technologische Fortschritt in der Produktion, Verarbeitung und Lagerung von Nahrungsmitteln, der wesentlich dazu beiträgt, viele Menschen ernähren zu können. Eine zweite gute Nachricht für die „8-Milliarden-Welt": Da sich die Lebensgrundlagen von hunderten von Millionen Menschen verbessert haben, bekommen immer mehr Familien weniger Kinder. Bereits heute leben zwei Drittel der Weltbevölkerung in Ländern, in denen Frauen statistisch noch 2,1 Kinder gebären. Kinder sind nicht mehr überall der direkte Garant für die Altersversorgung der Eltern. Die Ev. Nachrichtenagentur IDEA hat einige christliche Hilfswerke, die in der Dritten Welt arbeiten, vor Kurzem zum Thema Überbevölkerung befragt, und wie sie das behauptete Problem einschätzen. Beim christlichen Kinderhilfswerk World Vision hält man die Vorstellung einer Überbevölkerunq der Erde für äußerst zweifelhaft. Der Gesundheitsfachreferent des Werks, Stefan Sengstmann, betont, dass die Welt und die einzelnen Länder noch genügend Platz und Ressourcen hätten, um deutlich mehr Menschen versorgen zu können. Es würden bereits jetzt "mehr als 1 ,5-mal so viele Nahrungsmittel produziert, als nötig wären, um alle Menschen zu ernähren".
Aus Sicht von Ingria Jacobsen - sie Ist Referentin für Ernährungssicherheit beim Hilfswerk Brot für die Welt - besteht kein globales Ressourcen-, sondern ein "Verteilungsproblem" . Pfarrer Malthus Thesen seien längst durch den Gang der Weltgeschichte widerlegt. Menschen fänden immer neue Wege, um sich zu versorgen. Probleme, die sich aus dem wirtschaftlichen Ungleichgewicht zwischen dem globalen Norden und Süden ergäben, seien durchaus lösbar.
Einer, der die Auswirkungen eines starken Bevölkerungswachstums vor allem in Afrika erlebt hat, ist Christoph-Samuel Rottmann. Er arbeitet seit Monaten im Auftrag des christlichen Entwicklungsdienstes Coworkers in Burundi. Zuvor lebte er sechs Jahre in Uganda. Er hat dort gesehen, wie die Landparzellen durch Erbteilungen immer kleiner wurden und irgendwann nicht mehr zur Versorgung einer Familie ausreichten. Es würden immer mehr Waldflächen gerodet, um Platz für den Anbau von Feldfrüchten zu gewinnen.
Dadurch versteppten weite Teile des Landes. Das führe dort und auch in Burundi dazu, dass immer mehr Menschen Hunger litten. Das Problem sei jedoch nicht die wachsende Bevölkerung, sondern der Umgang mit den verfügbaren Ressourcen in diesen Ländern. Diejenigen, die viel besäßen, beuteten oft die ärmeren Schichten aus. Diese Ungerechtigkeit wirke sich auch auf globaler Ebene aus: "Wir Europäer zeigen oft mit dem Finger auf die Afrikaner, die angeblich zu viele Kinder bekommen. Aber gleichzeitig sorgen wir durch unsere Wirtschaftsweise dafür, dass den einheimischen Produzenten kaum genug zum Leben bleibt." Wer in Europa etwas gegen die Armut in Afrika tun wolle, solle deshalb fair gehandelte Produkte kaufen. Damit könne man einen Teil zur Besserung der Zustände leisten. Laut einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) führt die weltweit sinkende Geburtenzahl dazu, dass etwa zur Hälfte dieses Jahrhunderts die WeItbevölkerung mit zehn Milliarden Menschen ihren Höhepunkt erreichen wird "und danach langsam wieder zu schrumpfen beginnt". (TOPIC Februar 2023)
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Hinweis der Redaktion auf den „Marsch für das Leben“: Er findet am 16.9.2023 ab 13 Uhr in Köln, Roncalliplatz und
Berlin, Brandenburger Tor statt (www.bundesverband-lebensrecht.de)