Der Abfall vom Christentum - eine Auseinandersetzung mit Donoso Cortes -
von Eberhard Heller
Wenn einer die Wahrheit des Sprichwortes „der Fisch fängt am Kopf an zu stinken“ am prägnantesten bekräftigt hat, dann ist es Donoso Cortes, der spanische Politiker und Gesandter, der als einstiger Liberale bald die Wendung zum Katholizismus vollzogen hat und bereits in der Mitte des 19.Jahrhunderts die geistige Situation in Europa als desolat analysiert und angeprangert hat. In einer Denkschrift von 1852, die er an Kard. Fornari gerichtet hatte, hatte er dargelegt, daß es primär Glaubensirrtümer seien, die in ihrer inneren Konsequenz den Keim des Abfalls, des Versagens in sich tragen. Ein gutes halbes Jahrhundert vor Oswald Spenglers „Der Untergang des Abendlandes - Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte“ Wien, München 1918-1922, der aus der von ihm entworfenen Geschichtsphilosophie von einem natürlichen Anstieg, einer Blüte und dem Abschluss als „Untergang“ der kulturellen Entwicklung des Abendlandes spricht. Spengler wehrte sich ausdrücklich gegen eine pessimistische Deutung seiner Geschichtsthesen. „Der Begriff einer Katastrophe ist in dem Worte nicht enthalten. Sagt man statt Untergang Vollendung, (…) so ist die pessimistische Seite einstweilen ausgeschaltet, ohne daß der eigentliche Sinn des Begriffs verändert worden wäre.“ (Oswald Spengler: Reden und Aufsätze. S. 63 f.)
Während hier bei Spengler der „Untergang des Abendlandes“ als geschichtsnotwendiger Prozess abläuft, ist Cortes Analyse als Kritik am geistig-religiösen wie am politischen Handeln auf der Grundlage des christlichen Glaubens zu verstehen. Er geht von einer inneren Logik des Handelns aus, die ihre Konsequenzen stringent austreibt. Wenn A nicht erfüllt ist - als Voraussetzung für B, dann wird es notwendigerweise auch kein B geben. Er schreibt: „Unter den heute vorherrschenden Irrtümern gibt es keinen einzigen, der sich nicht aus einer Häresie ableiten ließe. Unter den modernen Häresien gibt es keine einzige, die nicht auf eine andere zurückzuführen wäre, die schon von altersher von der Heiligen Kirche verurteilt wurde. Mit den seinerzeitigen Irrtümern hat die Kirche auch die gegenwärtigen und die zukünftigen verworfen.“ (Donoso Cortes: „Der Abfall vom Abendland“ Wien 1948, S. 83) Cortes sieht den christlichen Glauben als absolut geltende Basis für den religiös-moralischen Bereich an, aus dem sich dann auch die Prinzipien für den rechtlich-politischen Rahmen ableiten lassen. D.h. die gewollten Abweichungen von den Glaubensnormen, die häretischen Positionen treiben aus sich ihre immanenten Konsequenzen aus, die über den Bereich des bloßen Glaubens auch das normale Leben in der Gesellschaft, in der Politik betreffen und sich dort in Fehlpositionen, Fehlurteilen bzw. Missständen auswirken.
Wie hängen nun diese beiden Bereiche zusammen? Zur Zeit, in der Cortes seine Kritik formuliert, war die Kirche als religiöse Institution noch intakt, weswegen er sie als Institution der Wahrheit sah, aus der er folgenden Zusammenhang ableiten konnte: „In der religiösen Ordnung wird das Dasein eines persönlichen Gottes bejaht. Ich habe erklärt: Es gibt drei Bejahungen. Erste Bejahung: Es gibt einen persönlichen Gott, und dieser Gott ist allgegenwärtig. Zweite Bejahung: Dieser persönliche Gott, der allgegenwärtig ist, herrscht im Himmel und auf Erden. Dritte Bejahung: Dieser Gott, der im Himmel wie auf Erden herrscht, regiert die göttlichen und die menschliehen Dinge absolut. Nun, meine Herren, dort, wo diese drei Behauptungen auf religiösem Gebiete bejaht werden, finden sie in der politischen Ordnung folgende drei ihnen entsprechende Bejahungen: Erstens, es gibt einen König, der vermittels seiner Beamten allgegenwärtig ist; zweitens, dieser König, der allgegenwärtig ist, herrscht über seine Untertanen; drittens, dieser König, der über seine Untertanen herrscht, regiert auch seine Untertanen. Auf diese Weise ist also die politische Bejahung nichts anderes als Folge der religiösen Bejahung. Die politischen Einrichtungen, in denen diese drei Bejahungen in Erscheinung treten, sind folgende zwei: Die absoluten Monarchien und die konstitutionellen Monarchien, diese so, wie sie die gemäßigten Parteien aller Länder verstehen. Denn es gibt keine gemäßigten, die jemals dem König seine Daseinsberechtigung, seine Herrschaft oder seine Regierungsgewalt bestritten hätten. Daher steht der konstitutionellen Monarchie das gleiche Recht zu wie der absoluten, diese drei Bejahungen zu vertreten, die sozusagen nur das Echo der drei religiösen Bejahungen sind. Diese drei Bejahungen umfassen den Zeitabschnitt der Zivilisation.“ („Abfall…“, S. 69)
Für Cortes hatte sie als einzige die geistig-geistliche Hoheit inne. Eine Toleranz bzw. Anerkennung als gleichberechtigte Instanzen neben oder mit der Kirche, wie sie die heutige sog. Ökumene auf der Basis von Vatikan II predigt, war für Cortes undenkbar: die Wahrheit ist unteilbar. Übernimmt nun eine ganze Gesellschaft diese Irrtümer, die ihren Ursprung in der bewußten Ablehnung bestimmter Glaubenssätze nehmen, wird das Leben einer ganzen Gesellschaft davon betroffen. Es kommt zu Krisen im politischen oder ökonomischen Bereich, die dem Land und jeder Einzelperson notwendigerweise zum Verhängnis werden (können). Es kommt zu Arbeitskämpfen, zu Streiks, Klassenkämpfen und Massenarbeitslosigkeit, sozialen Konflikten. Gerade wir Deutschen haben bitter erfahren müssen, als ein atheistisches System an die Macht gekommen ist, unter dessen Belastung wir noch heute leiden… Und das sollte nicht vergessen werden, das uns heute noch erpreßbar macht. Cortes gibt die Gründe für solch politisches Versagen an, das in einem tiefer liegenden Übel besteht. Er schreibt: „Die wahre Ursache des tiefen und ernsten Übels liegt darin, daß die Idee der göttlichen wie auch der menschlichen Autorität verschwunden ist. Dies ist das Übel, das ganz Europa quält; das ist das Übel, an dem die Gesellschaft und die ganze Welt leidet.“ („Abfall…“, S. 67) Paul Viator, der Cortes „Abfall vom Abendland“ herausgegeben hat, schreibt in der Einleitung: „Wahrheit ist Entscheidung. Da es nur eine Wahrheit gibt, die jedem seinen Rang und Ort in der Schöpfung zuweist, muß jede Veränderung in den Prinzipien nachhaltige Wandlungen auch in den entlegensten Lebensbereichen nach sich ziehen. Hier liegt schon im geistigen Charakter, im Stil des Denkens keimhaft die Idee einer Logik der Häresien (als Gegenstück zu Hegel) beschlossen, die die Erschütterungen und Umwälzungen im gesellschaftlichen Leben als Abfall von der Wahrheit, die sich in Gott geoffenbart hat, begreift.“ („Abfall…“, S. 8) Und diese Wahrheit greift ein in das reale Leben jedes Menschen. Es geht um die Entscheidung jedes Menschen, diese Wahrheit anzuerkennen und im Handeln umzusetzen, oder um deren Ablehnung… mit allen Konsequenzen, die sich daraus auch für das reale Leben ergeben. Darum kann Cortes auch sagen: „Jede wahre Zivilisation kommt vom Christentum. Das ist so gewiß wie die Tatsache, daß die Zivilisation tatsächlich nur in den christlichen Ländern beheimatet ist.“ („Abfall…“, S. 78)
Was aber Herr Cortes damals nicht voraussehen konnte, ist die Entwicklung nach dem II. vatikanischen Konzil, auf dem die Kirche begann, ihre primäre Aufgabe, die christliche Wahrheit zu verkünden und zu bewahren, zu verraten. Damit fiel nun in unserer Zeit das Bollwerk aus, die Kirche, die zur Zeit Cortes noch als Hüterin der geoffenbarten Wahrheit funktionierte. Auch wenn damals die revolutionären und freimaurerischen Ideen weiter wirkten, so war doch die Freimaurerei mit ihren religionsrelativierenden Tendenzen durch häufig wiederholter Verbote durch die Kirche gesellschaftlich nicht bestimmend. Papst Clemens XII. hatte im Jahre 1738 mit seiner Bulle "In eminenti" die Freimaurerei mit dem Bann belegt. Nach dem 1918 approbierten Kirchenrecht „Codex Iuris Canonici“, Canon 2335 sind Mitglieder der Freimaurer automatisch exkommuniziert, sie sind vom Sakramentenempfang ausgeschlossen. Nach Canon 1240 dürfen sie nicht einmal kirchlich begraben werden. Darum greift Cortes die Problemfelder auf, die das damalige Europa beherrschten, die Revolution und der Sozialismus. Und wie stellt sich Cortes eine Lösung vor? Er spielt auf die englische Politik an: „England muß das vermeiden, was es verderben würde: die Auflösung der stehenden Heere durch die Revolution und die Ausplünderung Europas durch den Sozialismus, das heißt also das, was ihm fehlt, ist eine monarchische und konservative Außenpolitik. Aber auch das wäre nichts anderes als ein Vorbeugungsmittel. Wenn England monarchisch und konservativ gesinnt ist, kann es die Auflösung der europäischen Gesellschaft bis zu einem gewissen Grade und eine gewisse Zeit verhindern. Allein England ist trotzdem nicht mächtig und stark genug, um die zersetzende Kraft der in der Welt verbreiteten Irrlehren völlig matt zu setzen, was unbedingt notwendig wäre. Damit aus dem Vorbeugungsmittel ein wirksames Heilmittel werde, müßte England außer konservativ und monarchisch auch noch katholisch sein. Ich betone das, meine Herren, weil das radikalste Mittel gegen die Revolution und den Sozialismus einzig und allein der Katholizismus ist. Der Katholizismus ist die einzige Lehre, die in absolutem Widerspruch zu ihnen steht. Was ist denn der Katholizismus? Weisheit und Demut. Was ist der Sozialismus? Hochmut und Barbarei. Der Sozialismus ist gleich dem König von Babylon, König und Tier zu gleicher Zeit.“ („Abfall…“, S. 76)
Wenn eine Erkenntnis mich im höchsten Maße elektrisiert hat, war die Entdeckung, daß die heutigen Entscheidungen im ideologischen Bereich weltweit im Zusammenhang mit den Konzepten stehen, die von den Illuminaten in Deutschland konzipiert worden waren. (Ich verweise in diesem Zusammenhang auf unseren Nachdruck der „Enthüllung des Systems der Weltbürger Republik“ München 1993.) Es gehörte in der Tat zu den bemerkenswertesten Erkenntnissen, die ich während meiner Forschungsarbeit für die Reinhold-Korrespondenz gewonnen habe, daß die Programme, nach den auch heute noch die großen Entwicklungslinien ablaufen, in der Zeit um 1770-1800 gedacht, geschrieben und auch teilweise schon umgesetzt wurden: der Kampf gegen Thron und Altar. Treibende Kraft waren die Illuminaten, von Weishaupt nach dem Muster der Gesellschaft Jesu (SJ) mit geheimen Oberen gegründet, die sich durch die Infiltration in die Freimaurerlogen in Deutschland und Österreich etabliert hatten, deren Ideen durch Bode und Busche 1787 nach Frankreichs Logen exportiert wurden, was zu Auslösung der Französischen Revolution und zur Ermordung des Königs Ludwig XVI. und der Königin Marie Antoinette führte. Bode hat darüber einen Bericht verfasst in sieben Versionen, um den wahren Zweck ihrer Reise zu verschleiern, um dann in der letzten Version den wahren Grund darzulegen. So ging es in der Französischen Revolution vorrangig nicht um Verwirklichung von „Liberté, Égalité, Fraternité“ (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit), sondern primär um die Abschaffung der geistigen und politischen Autoritäten, also um den „Kampf gegen Altar und Thron“, und erst wenn dieses Ziel erreicht sein würde, wird von „liberté, égalité, fraternité“ geredet. Am Ende der Französischen Revolution war zumindest das eine Ziel erreicht: das Ende der Monarchie. Den Sieg über den „Altar“ als geistige Autorität wurde und wird in unserer Zeit, also gut 150 Jahre später, von Personen betrieben, die vorgaben bzw. noch vorgeben, die Offenbarungswahrheit zu verteidigen. Als Verräter haben sie durch geschickte Verdrehungen sicherlich bessere Arbeit geleistet, als wenn Atheisten diesen Abbruch vollzogen hätten, indem sie der christlichen Religion ihre absolute Autorität absprachen und nicht nur die anderen christlichen Bekenntnis, sondern auch die anderen Religionen als gleichberechtigte Heilswege propagierten.
So wurde die Idee der „Ringparabel“ von Lessings „Nathan der Weise“ (veröffentlicht 1779, uraufgeführt am 14.4.1783 in Berlin) in die reale Welt überführt. Lessing war es, der dem freimaurerischen Prinzip der Religionsgleichheit von Christentum, Judentum und Islam die literarische Form verlieh. Dabei griff Lessing in einer Frühschrift „Rettung des Hieronymus Cardenus“ 1752 auf ein fiktives Streitgespräch zwischen einem Juden, einem Muslim, einem Christen und einem Götzenanbeter zurück, welches Hieronymus Cardenus 1550 in dem Buch „De subtilitate" festgehalten hatte. „Hierin [in der Ringparabel] erweitert Lessing die Idee einer mit der menschlichen Natur gegebenen Vernunftreligion hin zum Postulat der Toleranz: Wenn alle Religionen nur insofern Geltung haben, als sie der Vernunftreligion entsprechen, so ist jeder Streit zwischen ihnen ein völlig sinnloses Unterfangen geworden. Die Ringparabel setzt dem ersten Anschein nach alle drei Offenbarungsreligionen auf die gleiche Stufe und relativiert damit den Offenbarungs- und Geltungsanspruch einer jeden.“ (Richard Niedermeier: „Allianz gegen das Christentum - Der Islam und die Aufklärer“ Kürzel 2015, S. 17 f.) Lessing gibt aber dem Islam in sofern den Vorzug vor dem Christentum, als er in der Schrift „Rettung des Hieronymus Cardenus“ davon ausgeht, daß dieser „nahezu identisch [ist] mit der natürlichen Religion“ („Allianz…“, S. 17)
Lessings Urteil über den Islam und sein Verhältnis zu ihm hatte eine Reihe von Vorläufern: u.a. Henry Boulainvillers (1658-1722), Henry Stubbs (1632-1676), Samuel Reimarus (1694-1768) und Edward Gibbon (1737-1794), die den Islam positiv sehen. Auch wenn man heute weiß, daß diese anerkennende Beurteilung des Islam größtenteils auf einer ungenauen Kenntnis des Koran beruht, so hat sich doch Lessings Idee der Gleichwertigkeit der drei Offenbarungsreligionen weitgehend im Denken der Leute durch- und festgesetzt… Zum Entsetzen vieler Gläubiger hat bei diesem Prozeß gerade die Institution eine führende Rolle gespielt, die eigentlich dazu da sein sollte, den unbedingten, absoluten Anspruch des sich geoffenbart habenden Gott-Menschen zu bewahren. Ich verweise nur auf die beiden Dekrete des II. Vatikanums hin, auf „Lumen gentium“ und „Nostra aetate" hin: "Der Heilswille umfaßt aber auch die, die den Schöpfer anerkennen, unter ihnen besonders die Muslime, die sich zum Glauben Abrahams bekennen und mit uns den einen Gott anbeten, den barmherzigen, der die Menschen am Jüngsten Tag richten wird" ("Lumen gentium", 16. Kap.)
Daß wir diese Dekrete als häretisch eingestuft und deren Autoren als Verräter bezeichnet haben, weil in diesen Dekreten der Anspruch Christi, daß ausschließlich bei ihm die Wahrheit liege („ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ Joh. 14,6), war darum nur konsequent. Auch wenn Donoso Cortes nicht speziell auf die Gefahren eingeht, die von dem freimaurerischen Geist und seinen ihn leitendem Ideen spricht, so hängt das und es zeugt nur von einer penetrant durchgezogenen Blindheit, wenn angesichts der zunehmenden Christenverfolgungen - „Open Doors“, eine Institution, die diese Verfolgungen dokumentiert, spricht von 200 Millionen verfolgter Christen, die vornehmlich von Mohammedanern gefoltert und ermordet werden - immer noch von einem gemeinsamen Heilsweg gesprochen wird. Aus dem Ökumenismus, in dem es zunächst um die parallele Gleicheinschätzung der verschiedenen christlichen Konfessionen ging, ist längst ein Synkretismus der Religionen angestrebt worden. Und wo die angemaßten Autoritäten diesen Weg des Synkretismus beschreiten, da löschen sie in der Konsequenz das Christentum aus. In diesem Akt der Selbstzerstörung haben die Führer der sog. Konzils-Kirche ganze Arbeit geleistet.
Was sich auf geistig-religiösen Gebiet als Indifferenz, als religiöses Desinteresse auswirkt - denn sind alle Religionen gleich gültig, ist es egal, welcher man anhängt, das Religiöse wird (um in diesem Wortspiel zu bleiben) gleichgültig -, hat in der Ablehnung kulturellen Interessen des jeweiligen Volkes seine Entsprechung. Dieses Prinzip des Gleichgeltenden der verschiedenen Religionen mutiert im politischen Bereich also zum Multikulturalismus, dem sich unsere politischen Eliten verschrieben haben, nicht nur die „Grünen“, sondern all jene, die wegen des schalen Beigeschmacks, den Multikulti inzwischen bekommen hat, von einer „offenen Gesellschaft“ reden, in der „Homoehe“, Homosexualität den Status eines Privilegs erhalten haben. Diese „Offenheit“, die jedes nationale Eigeninteresse als „(rechten) Nationalismus“ diskreditiert, hat auch dazu geführt, daß der Islam sich bei uns mehr und mehr in der Gesellschaft etabliert hat, obwohl gerade er es ist, der versucht, seine eigenen kulturellen Interessen durchzusetzen, und das wirksam! Denn er ist vom Wesen her eine Ideologie, die ihr missionarisches Bestreben auch mit (physischer) Macht durchzusetzen versucht. Und diesem Bestreben wird von westlicher Seite, von Europa nichts entgegengesetzt. Wie sollte es auch, da es ihr darum geht, diese multikulturelle Gesellschaft zu etablieren. Aber inzwischen gibt es auch gegenläufige Interessen. Es gibt inzwischen gesellschaftlich relevante Gruppen, die sich diesem Trend widersetzen. Dieser Konflikt der Religionen und Kulturen wurde in den beiden letzten Jahren durch Merkels Flüchtlingspolitik massiv angeheizt, da die Migranten, die vornehmlich aus muslimischen Ländern stammen, die Machtbestrebungen des Islam bei uns voll ausüben (können, dürfen). Bei uns gilt ja die „Religionsfreiheit“, die die Mohammedaner auch bei uns beanspruchen. Das deutsche Grundgesetz (GG) sichert die Religionsfreiheit in Art. 4 Absatz 1, 2:
„(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“
Daß die Väter des GG damit nicht den aggressiven Islam gemeint haben dürften, wird heute großzügig ignoriert.
Niedermeier faßt dieses Versagen, für das nach ihm die Gesellschaft verantwortlich ist, so zusammen: „Es ist verständlich, dass jene, die sich der Selbstkritik nicht stellen wollen und Aufklärung statt kritisch, ideologisch betreiben, es lieber mit dem Islam zu tun haben wollen als mit dem Christentum. Der Islam bedient ihre Ressentiments gegen die Religion überhaupt und lässt sich trefflich anführen, wenn Religion als rückwärts gewandt diffamiert werden soll. Und er zeigt sich in seinen radikalen und fanatischen Auswüchsen als eine Macht, die in ihrer äußersten Brutalität das Christentum gerade in den Regionen seines historischen Ursprunges auslöschen will. Über alle inhaltlichen Affinitäten hinaus, die eher einem europäischen Wunschdenken von einem offenen, wissenschaftsfreudigen und der ‚natürlichen Religion’ nahestehenden Islam entsprechen, ist es heute der antichristliche Charakter des Islam, den man nutzen will. Dieses antichristliche Motiv ist in der Gegenwart stärker als noch in der Aufklärung. Denn die durch den Islam in Europa erst realisierbare multikulturelle Gesellschaft soll dazu beitragen, das Christentum auch in seinen kulturellen Erscheinungsformen auszulöschen. Der Islam wird also instrumentalisiert in einem Kampf um die Seele Europas. Ein Blick in die Geschichte Nordafrikas und des Vorderen Orients lässt vermuten, dass am Ende dieses Kampfes nicht ein radikal-säkularisierter Kontinent und nicht ein europäischer Islam stehen wird, sondern ein islamisches Europa!“ („Allianz…“, S. 44 f.)
Herr Niedermeier müßte - bei aller Klarsichtigkeit seiner Einschätzung der zukünftigen Entwicklung in Europa - allerdings gefragt werden, wie er denn in diesem Kontext der europäischen Selbstaufgabe die Rolle der „Kirche“ sieht, die er „die durch den Hl. Geist gewirkte Selbstauslegung Christi durch die Zeit hindurch“ definiert, die in der Tat für den geistigen Selbstmord des Christentums die Hauptverantwortung trägt. |