DIE LITURGISCHE REBELLION GEGEN PAPST PIUS XII.
von H.H. Walter W.E. Dettmann
Beim 1. liturgischen Kongreß in Frankfurt/Main vom 20.-22. Juni 1950 richtete die Versammlung vier harmlose Wünsche an den deutschen Episkopat, der diese Wünsche an den Heiligen Vater in Rom weiterleiten sollte.
Die wirklichen Absichten der liturgischen Bewegung hinsichtlich der Zerstörung der tridentinischen Messe wurden jedoch verschwiegen, während sie mindestens einigen deutschen Bischöfen gut bekannt waren. Die beiden Bischöfe Dr. Albert Stohr von Mainz und Dr. Simon Landersdorfer von Passau, die bereits seit dem Jahre 1939 zum engsten Führungskreis der liturgischen Bewegung gehörten, hatten sicher Kenntnis davon, daß schon im Jahre 1929 (I) eine "freie Vereinigung von Männern, Verlagen und Organisationen" eine einheitliche deutsche Übersetzung des Ordo Missae zustandegebracht hatte (s.b. Liturg. Jahrbuch 1952, S. 135)
Bei dieser "freien Vereinigung" spielte der "Verein zur Pflege der Liturgiewissenschaft e.V." eine Hauptrolle, der im Jahre 1921 in Maria Laach seinen Sitz genommen hatte. Im Vorstand dieses Vereins befanden sich damals der Abt Ildefons Herwegen, ferner als sein Stellvertreter Prof. Dr. Fritz Tillmann (Bonn) und Romano Guardini. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß zu der obengenannten "freien Vereinigung von Männern, Verlagen und Organisationen" auch die beiden Geistlichen Stohr und Landersdorfer gehörten: Stohr war 1890 geboren, 1913 zum Priester geweiht und 1935 zum Bischof ernannt worden; Landersdorfer wurde 1880 geboren, 1903 zum Priester geweiht und im Jahre 1936 zum Bischof ernannt.
Bischof Landersdorfer hatte, als Adolf Hitler im August 1940 auf dem Höhepunkt seiner Macht stand, den Antrag gestellt, "der deutsche Episkopat möchte in Anbetracht der stärker gewordenen Kontroverse die Führung in liturgischen Dingen selber in die Hand nehmen" (Liturg. Jahrbuch: 1951, S. 10) . Dieser Antrag konnte gemäß Lage der Dinge gar nichts anderes als die Aufforderung bedeuten, daß die Gesamtheit der deutschen Bischöfe entschlossen der lateinischen Messe den Abschied geben sollte.
Soweit die Liturgie nicht unmittelbar dem Papst selbst unterstand, hatten zu allen Zeiten die Bischöfe in ihren Diözesen darüber zu bestimmen. Wenn also Bischof Landersdorfer eigens den Antrag stellte, der deutsche Episkopat sollte die Führung in liturgischen Dingen selber in die Hand nehmen, so konnte dies einzig und allein nur heißen, die deutschen Bischöfe sollten sich entschlossen und geschlossen hinter die Ziele der liturgischen Bewegung stellen, die sich auf Germanisierung und Änderung des bisherigen tridentinischen Meßopfers richteten, ohne Rücksicht auf Papst Pius XII.
Die Folge dieses Antrages war vorläufig nach außen nur die, daß Bischof Landersdorfer von Passau und Bischof Stohr von Mainz als "Referenten" für liturgische Fragen gegenüber der Fuldaer Bischofskonferenz ernannt wurden. Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz war damals noch Kardinal Bertram von Breslau, der 79 Jahre alt war.
Nur die beiden Bischöfe Landersdorfer und Stohr ,können es auch gewesen seine die zehn Jahre später, nämlich im Jahre 1950, der sogenannten Liturgischen Kommission den (21 Jahren alten!) "Entwurf" der deutschen Kanon-Übersetzung zur weiteren Bearbeitung übergaben (s.b. Liturg. Jahrbuch 1952 S. 135). - Unter der Leitung von Prof. J.A. Jungmann SJ wurde dieser "Entwurf" am 15. März 1952 in Würzburg, gutgeheißen, selbstverständlich ganz und gar ohne Papst Pius XII.
Im Liturg. Jahrbuch 1953 wird ferner über zwei internationale Studientagungen der Liturgieprofessoren berichtete die in Maria Laach (1951) und auf dem Odilienberg im Elsaß (1952) stattfanden.
Bei beiden Tagungen wurden die radikalsten Änderungen der Hl. Messe besprochene und man kann sich nur sehr darüber wundern, wie so etwas sieben Jahre vor dem Tode von Papst Pius XII. möglich war.
Das "Huldigungstelegramm", das die Professoren im Jahre 1952 zusammen mit den vier Bischöfen von Straßburg, Metz, Nancy und Mainz an den Papst schickten, kann nur als ein Hohn und als eine Heuchelei angesehen werden, es lautete: "Da die Feier der Messe nur in Einheit mit unserem Heiligen Vater gehalten wird, erbitten sich die fünfzig Förderer der liturgischen Wissenschaften aus neun Nationen, die unter der Führung der Bischöfe auf dem Berg der heiligen Odilia, der Mutter des Elsaß, versammelt sind, den Segen des Vorstehers im Bunde der Liebe, mit dem sie in ihren Absichten und in Treue verbunden sind".
Die Führung der liturgischen Bewegung erbaten sich kaltblütig den Segen für ein Unternehmen, zu dem sie nicht die geringste Erlaubnis hatten.
Das Thema der Tagung in Maria Laach (1951) lautete: "Probleme des Missale Romanum" (Liturg. Jahrbuch 1953, II. S. 324). Auf dem Odilienberg lautete das Thema: "Der Mensch unserer Zeit und die Meßfeier der Kirche" (Liturg. Jahrbuch I. S. 89). Es ist eigenartig, daß die Berichterstattung über die erste Tagung nach der über die zweite Tagung erfolgte.
Die beiden Tagungen von Maria Laach und Odilienberg waren unmittelbar gegen das Konzil von Trient gerichtet und wären unter keinen Umständen von Papst Pius XII. genehmigt worden, wenn er gewußt hätte, was man im Schilde führte.
Wie war es trotzdem möglich, daß 50 Professoren aus den verschiedensten Ländern jährlich über die Zerstörung der tridentinischen Messe beraten konnten? Es gibt dafür hauptsächlich drei Erklärungen:
a) die Professoren hatten Rückendeckung von vielen deutschen und ausländischen Bischöfen, die ihr Amt schlecht verwalteten,
b) die Ritenkongregation in Rom, die sich mit den Fragen der Liturgie zu befassen hatte, wurde schon damals von zahlreichen sogenannten Konsultoren beraten, die gleicher Gesinnung waren wie die Professoren in Maria Laach und auf dem Odilienberg; die Mitarbeiter der in Rom in lateinischer Sprache erscheinenden liturgischen Zeitschrift 'Ephemerides Liturgicae" waren zum großen Teil auf Seite der Neuerer, z.B. der Schriftleiter P. Bugnini;
c) in der allernächsten Umgebung des Papstes waren Männer, die mit den liturgischen Neuerern gemeinsame Sache machten, ohne daß der Papst anfangs etwas davon erfuhr, dies waren Domenico Tardini und der heutige Paul VI., damals noch G.B. Montini.
Tardini war in der entscheidenden Stunde der Gesprächspartner von Johannes XXIII., als bei diesem angeblich der Gedanke an ein Konzil auftauchte. Montini war es, der dem Prof. Johannes Wagner aus Trier am 2. Mai 1953 (!) den Apostolischen Segen Papst Pius' XII. zu seiner Arbeit übermittelte, als er den dritten internationalen liturgischen Kongreß von Lugano vorbereitete, bei dem die Feinde der tridentinischen Messe vor aller Welt so tun konnten, als sei ihr Werk ganz und gar im Sinne von Papst Pius X.!
Der Kongreß von Lugano fand vom 14.-18. September 1953 statt, und zum Lohne für diese internationale Heuchelei bekam Prof. Wagner aus Trier, der die radikalsten Änderungen der Messe ohne Wissen des Papstes vorbereitete, am 1. Oktober 1953 eine Privataudienz bei diesem in Castel Gandolfo (siehe Lit. Jahrbuch 1953 II. Seite 128).
Ein Uneingeweihter könnte vielleicht meinen, auch Montini habe die wirklichen Absichten des Prof. Joh. Wagner nicht gekannt. Aber dies wird widerlegt durch das ganz persönliche Dankschreiben Montinis an Prof. Joh. Wagner vom 6. September 1954. Hier dankt der Sekretär des Papstes dem Professor in Trier für die Übersendung der bisherigen Bände des Liturgischen Jahrbuches, nämlich von 1951, 1952 und 1953. Das Dankschreiben befindet sich fotokopiert an der Spitze des Liturgischen Jahrbuches von 1954 und lautet in deutscher Übersetzung:
"Sehr geehrter Herr, ein Beweis Ihrer Menschlichkeit ("Humanitatis") war mir das reiche Geschenk, das ich neulich von Ihnen bekommen habe, nämlich die Kommentare, die die Aufschrift tragen: "Liturgisches Jahrbuch". Ich versichere Ihnen, daß ich meinen Geist und Sinn auf die Seiten dieser Kommentare gerichtet habe, wo so vieles kundig und gelehrt geschrieben wurde, was die hl. Liturgie betrifft. Ich habe kein geringes Vergnügen daraus geschöpft, weil es mir sehr am Herzen liegt, daß all das gefördert werde, was zur Zierde des göttlichen Kultes gereicht. Ich danke Ihnen also sehr für Ihr Geschenk und wünsche sehr, daß die Arbeit, auf die Sie sich verlegt haben, die gewünschten Früchte zeitigen möge Ihr sehr ergebener G.B. Montini".
Niemals und auf keineen Fall hätte Prof. Joh. Wagner daran denken dürfen, das Liturgische Jahrbuch mit all den Plänen und Vorschlägen zur Änderung des Hl. Meßopfers an Montini zu schicken, wenn er nicht absolut sicher gewesen wäre, daß dieser ebenso dachte wie die Führer der liturgischen Bewegung in Deutschland und Italien und Frankreich. Entweder mußte Montini ein solches Geschenk sofort mit Entrüstung zurückweisen oder er war verpflichtet, seinem unmittelbaren Dienstherrn, Papst Pius XII. davon Kenntnis zu geben. Er hat aber weder das eine noch das andere getan, im Gegenteil. In Bezug auf die Täuschung seines Herrn hat er alles übertroffen, was die ganze liturgische Bewegung in Deutschland sich bisher hatte zuschulden kommen lassen.
Im April 1953 hatte eine führende Zeitschrift der Jesuiten, nämlich "Die Katholischen Missionen" geschrieben: "Alle Kämpfe des Antichrists sind Rückzugsgefechte, und alle seine Partisanen, gleich welche Maske sie tragen, und wäre es die "frömmste" wie in Heroldsbach kämpfen auf verlorenem Posten" (S. 101).
In der Zwischenzeit hat sich die Lage so entwickelt, daß auf der gesamten Erde die katholischen Missionen im Rückzug sind, und die "frömmste" Maske haben sicher nicht die einfachen Pilger von Heroldsbach über dem Gesicht, wenn sie den Rosenkranz beten, sondern jene hohen und niederen Geistlichen, die von "Erneuerung der Liturgie" reden und die Zerstörung der Heiligen Messe meinen.
(Fortsetzung folgt)
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