MITTEILUNGEN DER REDAKTION
Ergertshausen, 18.5. 2003
Verehrte Leser,
über viele Jahre hindurch haben wir uns mit der Analyse der im Zuge des
sog. II. Vaticanums eingeführten Reformen beschäftigt mit dem Ergebnis,
daß alle entscheidenden Resultate dieser Recherchen, auf denen dann die
Formulierung der eigenen Position beruhte, zuallerst in unserer
Zeitschrift publiziert wurden. Alle anderen Gruppierungen haben davon
profitiert. Aber diese theologischen Untersuchungen betrafen jeweils
bestimmte Themen, die uns größtenteils durch die Aktionen und
Veröffentlichungen der 'Konzils-Kirche' vorgegeben waren, oder sie
bezogen sich auf Vorhaben, die durch die vatikanischen Reformen
eingeleitet wurden. Nachdem durch die DECLARATIO von S.E. Mgr.
Ngô-dinh-Thuc von 1982 eine endgültige Trennlinie zur sog.
'Konzils-Kirche' gezogen war und wir daran gingen, uns mit der
Aufarbeitung der Probleme der Restitution der Kirche als
Heilsinstitution zu beschäftigen, wurde die Analyse von
Reform-Dokumenten nur noch sporadisch weitergeführt, um besonders
krasse konziliare Fehlentwicklungen aufzuzeigen. Eine Reduktion aber
all dieser dogmatischen Verfälschungen auf einen gemeinsamen Nenner,
auf ein all diese Momente umfassendes Einheitsprinzip wurde m.W. bisher
nicht versucht (ich wäre dankbar, wenn mich jemand auf eine solche
Darstellung aufmerksam machen könnte). Ich meine nicht einzelne
Veränderungen im Bereich der Liturgie oder der Moral, sondern ich frage
nach dem Prinzip aller dieser einzelnen Neuerungen. Welche zentrale
Wahrheit des Glaubens wird durch die 'Konzils-Kirche' und ihre
führenden Persönlichkeiten durch all die verheerenden Einzel-Reformen,
die ja ständig weiter entwickelt werden, negiert? Um ein Beispiel zu
geben: Der Arianismus leugnete die Gottheit Christi. Die Folgen waren
klar: alles, was auf Ihm, auf Christus, basierte, hatte nur einen hohen
Stellenwert, aber keinen absoluten! Erst wenn wir wissen, auf welchem
Prinzip die 'Konzils-Kirche' ihre Programme aufbaut, können wir auch
von der entsprechenden Gegenposition diese entscheidende Grund-Häresie
bekämpfen und damit auch unseren weiteren Wiederaufbau betreiben. (Der
Arianismus wurde überwunden durch die Betonung der zentralen Wahrheit,
daß der eine Gott ist in drei Personen.) Mittels einer solchen
entscheidenden Gegenposition könnte es auch möglich sein, weitere
Kreise von Interessenten und Mitstreitern für den Wiederaufbau zu
gewinnen bzw. sie "ins Boot" zurückzuholen, die sich ihr Unbehagen an
der Amtskirche bisher nicht reflexiv klar machen konnten und sich zudem
von den gebotenen traditionalistischen - in der Regel! sektiererischen
- Aktivitäten abgestoßen fühlten. (Ich vergesse in diesem Zusammenhang
nicht, was der Vatikan-Kenner Messori in einem Beitrag für den
"Corriere della Sera" schrieb: "Es sind nicht mehr nur die
Lefebvrianischen Scharen, die ihn (d.i. Johannes Paul II.) des
Modernismus, der Häresie, der blasphemischen üblen Nachrede auf die
Geschichte der Kirche beschuldigen. Innerhalb der Kongregationen,
Sekretariate, Institute des katholischen Apparates nehmen Unbehagen und
Verdacht zu.") Also selbst bei den Reformern hat teilweise ein Umdenken
eingesetzt.
Zum anderen haben aber auch die Ereignisse in Köln um P. Groß
überdeutlich gezeigt, daß die Gläubigen, die wähnten, noch katholisch
zu sein, nicht mehr fähig (oder willens) waren, selbst das einfach zu
beurteilende Fehlverhalten ihres Klerikers als solches zu erkennen.
Auch die Resonanz auf die Überlegungen zur Restitution der Kirche als
Heilsinstitution hat gezeigt, auf welchem Niveau die meisten der sog.
Glaubensbewahrer stehen geblieben bzw. gelandet sind: auf dem Stand
einer sakramentalen Versorgungsmentalität, die eine wahre kirchliche
Einstellung vermissen läßt. Das gilt für Laien wie für Kleriker. Auf
seinem Besuch in Deutschland vor knapp zwei Jahren hat es Bischof
Dávila auf die elegante Formel gebracht: "Wir - d.s. die kath. Kleriker
im Widerstand - haben uns in den letzten 20 Jahren nur mit pastoralen
Fragen und Aufgaben beschäftigt." In der Tat ist in dieser Zeit das
Problembewußtsein dafür verloren gegangen, was eigentlich durch das
sog. II. Vaticanum und durch die durch es eingeleiteten Reformen
bewirkt werden soll. Auch hier könnte eine Wiederbelebung des
religiösen Interesses erfolgen, wenn man in einem Satz sagen würde, was
die Reformer letztendlich erreichen wollen und was wir dem in unserer
Situation entgegenzusetzen haben. (Vergessen Sie bitte nicht, daß
inzwischen schon ein Laie die Messe in angeblich treu-katholischen
Kreisen simuliert!)
Mit dieser Frage nach dem tragenden und treibenden Prinzip der
Glaubens- und Kirchenzerstörung wende ich mich an alle Leser, die daran
Interesse haben, dieses Prinzip der Reformer darzustellen.
Der Hl. Geist, durch dessen Herabkommen die Sendung Christi vollendet
wurde und die Kirche ihre Selbständigkeit erfuhr, möge uns "kein neues
Pfingsten" à la Johannes XXIII. bescheren, sondern uns erleuchten, die
heutige Krise zu bewältigen. Ich wünsche Ihnen ein frohes Pfingstfest.
Ihr Eberhard Heller |